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8.4.2015 KURZNEWS 8. April 2015 Swissness: Bundesrat kommt Bierbrauern entgegen Neue Vegan-Zwang-Volksinitiative lanciert: Glutenfreie Produkte werden zum Lifestyle. Swissness: Bundesrat kommt Bierbrauern entgegen 07.04.2015 – (lid) – Der Bundesrat will die Swissness-Bestimmungen lockern und Wasser bei Getränken anrechnen, wo dieses „wesensbestimmend“ ist. Bier aus Schweizer Wasser dürfte damit weiterhin als schweizerisch beworben werden. Der Bundesrat sah in seinem Swissness-Verordnungsentwurf - der letzten Sommer in die Vernehmlassung ging - vor, dass Schweizer Wasser nicht angerechnet werden darf (ausser bei Mineral- und Quellwasser). Dagegen liefen die Bierbrauer Sturm. Kritisiert wurde, dass damit hierzulande gebraute Biere nicht mehr als schweizerisch ausgelobt werden dürften. Nun rückt der Bundesrat von seiner ursprünglichen Position ab. Schweizer Wasser soll dann zum Schweizer Kreuz auf der Etikette berechtigen, wenn es für das Getränk „wesensbestimmend“ sei, zitiert die Nachrichtenagentur SDA das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Bei Bier, natürlichem und aromatisiertem Mineralwasser sei dies der Fall, nicht aber bei Getränken auf Basis von Fruchtkonzentraten. Der Bundesrat will laut BLW seinen Verordnungsentwurf entsprechend anpassen und die Verordnung diesen Herbst verabschieden. Milch, Fleisch, Eier: Petition verlangt Transparenz bei Folgekosten 07.04.2015 – (lid) – Die Organisation „Sentience Politics“ hat heute eine Online-Petition lanciert. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, bezüglich der Folgekosten von Tierprodukten Stellung zu nehmen. Klimawandel, globale Wasserknappheit, Welthunger: Würden weniger tierische Produkte gegessen, könnten viele drängende Probleme auf einen Schlag eingedämmt werden, heisst es auf der Website von „Sentience Politics“. In einer Online-Petition wird der Bundesrat aufgefordert, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen: - „Inwiefern ist die hohe Fleischproduktion mit den Nachhaltigkeitszielen des Bundes vereinbar? - Widerspricht die starke Subventionierung der Branche diesen Zielen nicht eklatant? - Und inwiefern sind die Zustände in Tierfabriken und Schlachthöfen mit der in der Bundesverfassung verankerten Tierwürde zu vereinbaren?“ Der Petition sollen zwei Vorstösse im Parlament folgen: Aline Trede (Grüne) wird laut Sentience Politics den Bundesrat zu mehr Transparenz in Tierschutzfragen auffordern, Beat Jans (SP) wird einen Bericht über die ökologischen Folgekosten von Tierprodukten einfordern. „Sentience Politics“ wurde im Herbst 2013 von der Giordano Bruno Stiftung Schweiz ins Leben gerufen. Ziel sei es, einen politischen und gesellschaftlichen Dialog über die Folgen der Ernährung für Mensch und Tier anzuregen. „Sentience Politics“ will die pflanzliche Ernährung fördern, weil diese eine positive Auswirkung auf das Klima, die Ressourceneffizienz, die Gesundheit und das Tierwohl habe. WHO: Jährlich zwei Millionen Tote wegen verunreinigter Lebensmittel 07.04.2015 – (lid) – Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich weltweit rund zwei Millionen Menschen wegen verunreinigter und verdorbener Lebensmittel. Jedes Jahr findet am 7. April der Weltgesundheitstag statt, dem Jahrestag der Gründung der Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahr 1948. Heuer ist er dem Thema „Lebensmittelsicherheit“ gewidmet. Über 200 Krankheiten können laut WHO durch verunreinigte und verdorbene Lebensmittel ausgelöst werden. Jährlich würden weltweit rund zwei Millionen Menschen daran sterben. In der Schweiz erkranken gemäss dem Bundesamt für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV) jährlich zwischen 7‘000 und 8‘000 Menschen an der Infektionskrankheit Campylobacteriose. Der häufigste Grund für eine Ansteckung sei kontaminiertes Fleisch, insbesondere Geflügel. Konsumenten könnten selber dazu beitragen, die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen. Das Beachten einfacher Regeln reiche bereits aus. Beispielsweise: Küchenutensilien und Hände sollten regelmässig mit warmem Wasser und Seife gewaschen werden. Ungekochtes Fleisch müsse getrennt von genussfertigen Lebensmitteln aufbewahrt werden und für die Verarbeitung von rohem Fleisch seien separate Schneidebretter und Messer zu verwenden. Beim Fondue Chinoise und beim Grillieren sei das ungekochte Fleisch auf einen separaten Teller zu platzieren, Geflügel gut durchzubraten und gekochte und verderbliche Lebensmittel unter 5°C zu lagern. Das BLV hat auf seiner Website Merkblätter und Dokumente mit Hygieneregeln veröffentlicht: blv.admin.ch Deutschland: Neue Kennzeichnungspflicht bei Fleisch 01.04.2015 – (lid) – Heute tritt in Deutschland eine neue Herkunftskennzeichnung für frisches sowie gefrorenes Schweine-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch in Kraft. Landwirte sind verpflichtet, neu auch Angaben zur Herkunft der Tiere zu machen. Für Schweinemäster hat die neue Herkunftskennzeichnung zur Folge, dass eine Information in Form von „Geboren und aufgezogen in Deutschland“, „Aufgezogen in Deutschland“ oder „Aufgezogen in ...“ im Rahmen der sogenannten Lebensmittelketteninformation erfolgen muss, teilt der Deutsche Bauernverband (DBV) mit. Ferkel, die beispielsweise in den Niederlanden mit einem Gewicht von weniger als 30 Kilo eingekauft und mit mehr als 80 Kilo Lebendgewicht geschlachtet werden, müssen fortan als „Aufgezogen in Deutschland“ gekennzeichnet werden. Die Konsumenten erhalten laut DBV mit dieser ergänzenden Herkunftskennzeichnung noch klarer als bisher die Information, ob ein Nutztier in Deutschland geboren ist oder hier aufgezogen wurde und damit, ob die Haltung unter den hohen Tierschutz-, Qualitäts- und Sicherheitsstandards Deutschlands stattgefunden hat. PRESSESCHAU Neue Volksinitiative lanciert: Kommt ein Vegan-Zwang in Zürich? Für Sie gelesen im Blick am Abend: Zürichs Speisekarte soll sich grundlegend ändern. So lautet das erklärte Ziel der Initiative «Nachhaltige und faire Ernährung», die heute im Zürcher Volkshaus vorgestellt wurde. Unterstützt wird das Vorhaben von prominenten Politikern, Musikern und sogar Sportlern. «Wir fordern, dass in Zürichs Kantinen und Mensen das Angebot durch vegetarische und vegane Menüs erweitert wird», sagt Mit-Initiator Adriano Mannino zu Blick.ch. Fleischlose Angebote seien viel zu selten und meist keine wirklich schmackhafte Alternative zu den übrigen Menüs. «Wir bemühen uns deshalb um eine grössere Vielfalt», sagt Mannino. Betreffen würde der Vorstoss Verpflegungsstätten an Schulen, Unis, beim Militär oder in öffentlichen Betrieben. Von einer Essens-Vorschrift für die Zürcher Bevölkerung will Mannino aber nichts wissen. «Wir wollen den Leuten im Privaten nicht dreinreden, was sie zu essen haben. Darum betrifft die Initiative auch öffentliche Einrichtungen.» Die Initianten erhoffen sich von ihrem Vorstoss eine grosse Wirkung. «Viele unterschätzen den positiven Effekt für die Umwelt, wenn man auch nur einmal in der Woche auf Fleisch verzichtet», erklärt Mannino. Unterstützt wird die Initiative nicht nur von Politikern wie Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli und Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger. Auch die Sängerin Jaël Malli und der überzeugte Veganer und Eishockey-Profi Andreas Hänni bekennen sich zu der Idee. «Wir glauben, dass unser Anliegen auch in der Bevölkerung breit abgestützt ist. Viele Menschen würden gerne weniger Fleisch essen», sagt Mannino. Auch bei den ZfV-Unternehmungen, einer landesweit tätigen Gastrofirma, hat man diesen Trend erkannt. «Weil die Nachfrage nach kreativen vegetarischen und veganen Angeboten steigt, haben wir unser Engagement in diesem Bereich verstärkt, beispielsweise mit speziellen Kochkursen für unsere Küchenchefs», sagt ZfV-CEO Andreas Hunziker. Eine neue Initiative findet er jedoch übertrieben: «Eine gesetzliche Vorgabe ist unserer Meinung nach nicht notwendig. Der Markt spielt von alleine.» Neben Zürich kämpfen die Initianten auch in Basel für mehr fleischlose Speisen auf den Menükarten der Kantinen. «Wir sind auf einem guten Weg», sagt Mannino. «2000 der erforderlichen 3000 Unterschriften haben wir dort zusammen.» (www.blick.ch 7.4.2015) Schoggi macht schlank Für Sie gelesen im Blick am Abend: Beatrice Golomb ist Professorin an der University of California, San Diego. Sie arbeitet an der medizinischen Fakultät und hat mit ihrem Team 1000 Amerikaner auf ihre Ernährungsgewohnheiten und ihre Gesundheit untersucht. Die Schoggi-Expertin behauptet: «Schokolade ist mein Lieblingsgemüse.» Laut «Welt am Sonntag» hat sie herausgefunden, «dass Schokoladenliebhaber schlanker sind als Menschen, die den zarten Schmelz verachten». Regelmässige Schoggi-Esser sind also nicht zwingend fettleibig. Im Gegenteil, so die Professorin, sie seien sogar um zwei bis drei Kilogramm leichter als die Schokoladenverweigerer. Aber: Das gelte nur, wenn man die Schoggi nicht tafelweise hinunterschlinge. Warum macht Schoggi schlank? «Vermutlich kurbeln ihre Catechine den Stoffwechsel an», erklärt Golomb. Wegen des Schoggi-Inhaltsstoffes würden die Zellen mehr Energie verbrennen. (www.blick.ch 7.4.2015) Glutenfreie Produkte werden zum Lifestyle. Für Sie gelesen in der Sonntagszeitung: Im März hat Nestlé glutenfreie Cornflakes lanciert. In der Medienmitteilung nimmt der Konzern kein Blatt vor den Mund. Zwar seien bisher nur einer von 100 Schweizern von der Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) betroffen. Aber: «Es ist zu erwarten, dass die Vermeidung von Gluten und Laktose zu einem Trend wird.» Auf der Nestlé-Internetseite werben fröhliche Comicfiguren für eine glutenfreie Ernährung der gesamten Familie. «Geben Sie sich einen Ruck und probieren Sie es selbst. Es geht ganz einfach!» In einem Animationsfilm macht Nestlé auf Volksaufklärung und nimmt auch sogenannte Glutensensitive ins Visier, sprich Konsumenten, die sich durch den Verzicht auf Gluten wohler fühlen. «Während die einen Gluten wegen Unverträglichkeit meiden, gibt es auch sehr viele andere, die zu glutenfreien Produkten greifen, obwohl sie es nicht müssten», heisst es im Film. Die Botschaft: Wer glutenfrei lebt, ernährt sich gesund. Auch Sportler surfen auf der glutenfreien Welle. Auch der Detailhandel spürt den Trend und macht ihn sich zunutze. Gut läuft es nicht nur bei gluten-, sondern auch bei laktosefreien Produkten, also Waren ohne Milchzucker. Bei Coop, Migros und den Reformhausketten Egli und Müller wächst der Umsatz des Allergikersortiments zweistellig. Um 16 Prozent stieg im vergangenen Jahr bei Coop der Umsatz mit Produkten der Eigenmarke Free From und dem Markenanbieter Schär. Er erreichte 25 Millionen Franken. Migros nennt keine exakten Zahlen, will das Sortiment – Produkte mit dem Allergiegütesiegel aha! – aber bis Ende 2016 um 30 Prozent vergrössern. Bis 2012 sei das Wachstum noch moderat verlaufen, heisst es. In Huttwil BE nahm die Migros vor zwei Jahren eine Fabrik in Betrieb, die nur glutenfreie Backwaren herstellt. Auch kleine Händler ziehen nach: Seit anderthalb Jahren bietet etwa Mr. & Mrs. Glutenfree in Zürich ausschliesslich glutenfreie Nahrungsmittel an. Die genaue Grösse des Schweizer Marktes für Allergikerprodukte ist schwer zu ermitteln. Der Milchverarbeiter Emmi geht davon aus, dass wertmässig etwa 5,5 Prozent der in der Schweiz konsumierten Trinkmilch und 3,5 Prozent der Joghurts laktosefrei sind. Auch die Gastronomie ist punkto Gluten im Umbruch. Allein in den letzten zwei Monaten sind bei der Interessengemeinschaft Zöliakie 26 zusätzliche Restaurants Mitglied geworden, rund 100 Schweizer Gastrobetriebe preisen glutenfreie Speisen an. Im Tourismus hat sich seit 2014 ein Teil des Engadins auf Glutenallergiker spezialisiert. Es beteiligen sich Hotels, Restaurants und der Detailhandel. Die neue Vielfalt bei gluten- und laktosefreier Kost wird von Konsumentenschützern jedoch kritisch beäugt. Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, wirft dem Detailhandel vor, auf einen Lifestyletrend aufzuspringen und «pure Geldmacherei» zu betreiben. Tatsächlich langt die Lebensmittelindustrie bei den Spezialprodukten zu. So kostet ein Kilo glutenfreies Mehl zwischen 4.60 und 5.80 Franken, und ist bis zu viermal teurer als herkömmliches Mehl. Der Preis der Nestlé-Cornflakes liegt etwa 40 Prozent über dem des klassischen Produkts. Stalder vermutet, dass die Produkte bislang wegen fehlenden Wettbewerbs höhere Margen abwerfen. Bei den Detailhändlern heisst es dagegen, der höhere Preis sei vor allem auf kleinere Mengen, spezielle Produktionsräume und auf Zertifizierungskosten zurückzuführen. Einig sind sich die Händler zudem in der Behauptung, dass sie mit dem Produktausbau keinen Diätrend unterstützen, sondern Kundenbedürfnissen nachkommen. Auch bei Nestlé heisst es, die Produkte entsprechen «einem Konsumentenwunsch». Wie stark der Markt für Spezialnahrung noch wachsen kann, wird davon abhängen, wie gut sich die Konsumenten mobilisieren lassen. Für viele ist Ernährung zur Glaubensfrage geworden. Der European Food Information Council geht davon aus, dass höchstens zwei Prozent der Erwachsenen unter einer Lebensmittelallergie leiden, die Zahl derjenigen, die sich für Allergiker halten, jedoch höher liege. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Spiegel online zeigte 2014, dass 23 Prozent der Deutschen gewisse Nahrungsmittel wegen vermeintlicher Unverträglichkeiten meiden. Ihren Beitrag zur Verunsicherung leisten US-Ratgeberbücher. Titel der Bestseller: «Dumm wie Brot: Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört» oder «Weizenwampe». Nicht selten befolgen Konsumenten Diätvorschriften von Nichtmedizinern oder stellen Selbstdiagnosen mit Schnelltests. «Mit unnützen Allergietests wird viel Schindluder getrieben», sagt Georg Schäppi, Geschäftsleiter vom Aha! Allergiezentrum Schweiz. Dieses hat das Schweizer Allergiegütesiegel lanciert und bietet ein Beratungstelefon an. Dort meldeten sich neben von Medizinern diagnostizierten Betroffenen auch durch zweifelhafte Tests Verunsicherte und LifestyleAllergiker. Auch Schäppi geht davon aus, dass maximal zwei Prozent der Bevölkerung Gluten nicht vertragen. Davon sei schätzungsweise die Hälfte diagnostiziert. Tatsächlich wird die Diagnose Glutenunverträglichkeit häufiger gestellt als früher. Ärzte führen das auf ein besseres Bewusstsein bei Patienten wie auch bei Hausärzten zurück. Die Theorie, man fühle sich ohne Gluten grundsätzlich besser, sei wissenschaftlich hingegen nicht belegt, sagt Philipp Schütz, leitender Arzt der Endokrinologie am Kantonsspital Aarau. «Vermutlich sind es eher ein Placebo-Effekt sowie die Ernährungsumstellung, das bewusstere Leben, die sich positiv auswirken.» Von der Laktoseintoleranz sind mehr Menschen betroffen, jeder fünfte Schweizer soll darunter leiden. Hier liegt die Lösung aber auf der Hand: «Etwas Zurückhaltung beim Konsum würde in den meisten Fällen reichen», sagt Beda Stadler, pensionierter Direktor des Instituts für Immunologie des Berner Inselspitals. Heutzutage fänden es viele «einfach schick», eine Allergie vorzuweisen. Die teuren Spezialprodukte suggerierten zudem, man könne sich mal «richtig etwas Gutes tun». Für tatsächlich glutenintolerante Menschen ist der Hype um die Zöliakie Fluch und Segen zugleich. «Wir profitieren von einer Fülle an neuen Produkten», sagt Barbara Jenzer von der IG Zöliakie. Gleichzeitig werde man angesichts der vielen «Neuerkrankungen» nicht mehr «ganz ernst genommen». Dass jemand freiwillig auf Gluten verzichtet, kann sie angesichts der Einschränkungen beim Essen nicht verstehen. (Volltext: www.sonntagszeitung.ch 29.3.2015) | |