Backwaren & Confiserie: Report | |||||||
Backwaren & Confiserie Geschmack von zuckerfreien Süsswaren Zuckerfrei gesüsste Produkte legen stetig zu. Bei Bonbons kann ihre Qualität das Original aus Zucker übertreffen, aber bei andern Produkten bestehen teilweise Unterschiede. Immer mehr gewerbliche Bäckereien und Confiserien wagen sich an die Eigenfertigung dieser Spezialitäten. Aber Herstellung und Produktentwicklung sind anspruchsvoll.
Die Qualität der alternativ gesüssten Produkte wurde in den letzten Jahren markant besser. Als Zuckeraustauschstoff kommt heute oft Isomalt zum Einsatz, welcher technologisch ähnliche Eigenschaften besitzt wie Zucker. «Bei Bonbons und Kaugummi ist die heutige Qualität ebenbürtig und oft besser als das Original mit Zucker», betont Tomas Keme, Inhaber von Keme Food Engineering und Zuckerfrei-Experte. «Besser sind vor allem die länger anhaltende Süsse, deren Variierbarkeit und die Lagerstabilität». Auch bei Dauerbackwaren wie Petit Beurre und Waffelcremen ist der Geschmack vergleichbar, jedoch gibt es dort Unterschiede in der Deklaration: Je nach Rezept können Backwaren nur mit dem Prädikat «ohne Zuckerzusatz» ausgelobt werden statt wie oft bei Süsswaren «zuckerfrei», weil sie geringe Carryover-Zuckeranteile aus Zutaten wie Milch enthalten. Merkbare sensorische Unterschiede bestehen jedoch bei feuchten Backwaren wie Kuchen. Auch bei Schokolade gibt es laut Keme eine Abweichung, obwohl zuckerfreie heute wesentlich besser schmeckt als vor zehn Jahren. Trotz gleicher Conchierbedingungen und den zuckerähnlichen Austauschstoffen Isomalt, Lactit und Maltitol erreicht man bis heute keine Gourmetqualität, dies unabhängig vom eingesetzten Polyoltyp. Maltitol besitzt einen für Schokolade unangenehmen Kühleffekt. Isomalt kommt dem Zucker zwar am nächsten, hat aber andere Löslichkeitseigenschaften. Dadurch geschieht die Aromafreisetzung weniger schnell und das Produkt besitzt einen minim aber merkbar weniger vollmundigen Geschmack. Beim Diätprodukt-Spezialisten Bernrain ist man jedoch überzeugt, dass mit Isomalt und Lactit eine gleichwertige Qualität erreichbar sei. Unterschiedliche Markterfahrungen Bei der Bernraintochter Stella sind die «Milchschokolade ohne Zuckerzugabe» mit und ohne Nüsse die Bestseller, «aber dunkle zuckerfreie Schokolade holt stark auf», berichtet Stella-Geschäftsfeldleiter Robert Keller. «Die Nachfrage ist sehr gross, wir erhalten viele Anfragen aus der ganzen Welt. Dies auch weil Tests ergaben, dass eine Stella-Diätschokolade kaum von einer zuckerhaltigen zu unterscheiden ist». Allerdings: bei zu hohem Konsum können die Austauschstoffe laxativ wirken.
Stella verwendet Lactit als Bulkstoff und Aspartam, Acesulfam sowie Sucralose als Intensivsüssstoff. Lactit ist geschmacksneutral, leicht süss und hat keinen Kühleffekt. Da sein Energiewert um vierzig Prozent geringer ist verglichen mit Saccharose, resultiert in der fertigen Schokolade eine Reduktion von zehn bis fünfzehn Prozent. Andere Erfahrungen macht man bei Patiswiss in Gunzgen. Der Halbfabrikathersteller führt alternativ gesüsste Haselnuss- und Mandel-Pralinecremen im Angebot basierend auf Fruchtzucker, Lactit sowie Aspartam und Acesulfam. Diese Diätfüllungen erwiesen sich als Flop, obwohl die Konsumentengruppe der Diabetiker zunimmt. Walter Aeschlimann, Leiter Geschäftsbereich Halbfabrikate dazu: «Die Fabrikate unterscheiden sich sensorisch kaum von herkömmlichen, sind aber nicht kalorienreduziert. Ernährungsexperten empfehlen heute normal gezuckerte Produkte in kleineren Mengen statt Diätprodukte. Man solle sich lieber ab und zu eine kleine Portion wirklich Feines gönnen als vermeintlich gesunde Diät-Süssigkeiten in grossen Mengen zu verzehren. Patiswiss strich ihre Diätmassen daher kürzlich aus dem Sortiment. «Auch die als Handelsprodukt geführte Diät-Couverture wird nur von wenigen Confiseuren verwendet», so Aeschlimann. «Zwar wäre Nutriose (lösliche Nahrungsfaser der Firma Roquette) als Bulkzutat eine Alternative zu Fruchtzucker, doch die geringe Nachfrage berechtigt keinen Entwicklungsaufwand». Die Produktentwicklung ist oft der Engpassfaktor bei Diätprodukten. Gemäss Erfahrung des Süssstoff-Lieferanten Omya rezeptieren Produkthersteller Neuprodukte selbst, lassen sich aber von Süssstoff-Herstellern beraten. Bei der Kombination von Intensiv- und Bulk-Süssstoffen bietet auch Keme Food Engineering, welche Isomalt verkauft, diesen Service an. Technologisch ähnlich aber teuerer Bei modernen Zuckeraustauschstoffen wie Isomalt bestehen heute keine technologischen Handicaps verglichen mit dem früher üblichen temperaturempfindlichen Sorbit. «Aber der Prozess muss genauer gesteuert werden», betont Keme. «Da Schweizer Hersteller besonders sorgfältig arbeiten, sind sie Weltmeister in der Zuckerfrei-Produktion». Die Sorgfalt betrifft Details: Zuckerfreie Produkte dürfen keine zuckerhaltigen Zutaten oder ungewollte Vermischungen mit Zucker enthalten, daher ist die Reinigung beim Sortenwechsel aufwendig. Auch die Rohstoffe haben abweichende Eigenschaften, sie sind zum Teil hygroskopisch und benötigen konditionierte Räumlichkeiten. Hinzu kommen regelmässige Produktanalysen zwecks Nachweis der Sorgfalt. «Am einfachsten ist der Zuckerersatz bei dunkler Schokolade, weil hier nur wenige Komponenten berücksichtigt werden müssen», meint Keller. «Schwierig ist aber die Caramelherstellung, da sich Zuckeraustauschstoffe beim Schmelzen anders verhalten». Sowohl die rheologischen wie auch die sensorischen Eigenschaften weichen von Zuckercaramel stark ab. Daher sind auch zuckerfreie Backwaren schwierig herzustellen. Die meisten Zuckeraustauschstoffe nehmen nicht an der Maillard-Bräunungsreaktion teil ausgenommen die reduzierende Fructose, welche handkehrum übermässig stark bräunt. Diät-Rohmaterialien sind ausserdem wesentlich teurer als konventionelle. Keller schätzt, dass die Herstellkosten einer zuckerfreien Schokolade mit hochwertigen Rohstoffen 40 bis 50 Prozent höher liegen. Diese Zahl bestätigt auch Aeschlimann. Weiterlesen: Süssstoffe und Zuckeraustauschstoffe in Kürze | |||||||