Backwaren & Confiserie: Report | |||||
Backwaren & Confiserie Honig schonend verarbeiten Honig ist eine wichtige Zutat in Back- und Süsswaren, zum Einen als gut akzeptiertes Süssungsmittel und zum Andern als edler Geschmacksträger. Sortenhonige sind im Trend. Das empfindliche Aroma verlangt jedoch schonende Prozesse. Viele Backwaren enthalten Honig, die Einen aus früherer Zeit, als Honig das wichtigste Süssungsmittel war (Beispiele: Biber, Basler Leckerli, Engadiner Nusstorte). In andern dient er der Aromatisierung, wird im Produktnamen genannt und bewusst nicht mit Gewürzen konkurrenziert. Beispiel: Zürcher Honig Tirggel. Auch bei Süsswaren gibt es honig-betonte Sorten wie Honigbonbons oder Honignougat. Bei Weinen und Spirituosen gibt es seit langem arten- bzw sorten- oder herkunftsspezifische Produkte, seit einiger Zeit auch bei Kaffee, Schokolade (sortenreiner Kakao) Olivenölen, Fruchtsäften u.a. Teilweise gehen die Konzepte sogar weiter zu Single Origins. Das Potenzial für sortenspezifische Produkte ist keineswegs ausgeschöpft. Im Trend steht beispielsweise Sortenhonig, der als Rarität gilt und teilweise auch in der Schweiz produziert wird, vor allem im Tessin. Das Honigaroma wird vor allem durch die Blütentracht des Nektars gebildet. Es reicht von sehr mild, lieblich bis zu herb oder malzig. Während viele Rohstoffe ihr Aroma erst durch Hitzebehandlung entwickeln oder verstärken, man denke ans Rösten von Kaffee, Kakao oder Nüssen, ans Backen von Brot und Braten von Fleisch, erleiden fruchtige Aromen durch Wärme Verluste und Veränderungen.
Christina Kast vom Zentrum für Bienenforschung der Forschungsanstalt Agroscope besitzt Honig sowohl flüchtige als auch hitzelabile Aromastoffe, die bei Hitzebelastung dezimiert werden. «Der Temperatureinfluss ist exponentiell, aber auch der Zeitfaktor spielt eine Rolle», so Kast. Bei hoher Temperatur caramelisiert der Zucker und der Caramelgeschmack kann ein dezentes Honigaroma überdecken. Agroscope empfiehlt den Imkern daher, kristallisierten Honig auf maximal 55 Grad zu wärmen, wenn er verflüssigt werden soll. Dies auch um die Enzyme zu schonen, welche wichtig für den Gesundheitswert sind. Am Prozessende zugeben oder kalt applizieren Caramelgeschmack kann zwar erwünscht sein wie etwa bei der Engadiner Nusstorte. Dennoch setzt man den Honig dem caramelisierten Zucker erst nach dem Abkühlen zu, um ihn zu schonen. Beim Backprozess wird er allerdings nochmals erhitzt: weniger stark in einer innenliegenden feuchten Füllung aber einiges stärker, wenn er Bestandteil des aussenliegenden Teiges ist. Auch bei der Bonbonherstellung werden wert- und geschmacksbestimmende Zusätze wie Honig, Schokolade, Nüsse, Vitamine und Aromen dem gekochten Sirup erst nach der Kühlung zugesetzt. Wenn Honig jedoch den Hauptgeschmack stiften soll, sind schonende Prozesse gefragt. Wie die meisten Aromen, ausgenommen backstabile, sollte der Honig dann möglichst am Ende der Verarbeitung zugesetzt werden: nach dem Pasteurisieren bei Joghurt, Cremen oder Glacé, und nach dem Backen bei Backwaren d.h. als Komponente einer kalt applizierten Füllung. Oft werden aus Gründen des einfacheren Handlings Teige vor dem Backen gefüllt, doch auch in der Industrie gibt es die umgekehrte Variante.
Aber auch eine mitgebackene (wasserhaltige) Füllung erreicht kaum 100 Grad, und die Teighülle schützt ausserdem die Füllung vor Aromaverlust. Ebenfalls nur lauwarm und nach dem Backen appliziert wird Sirup in Sirupcakes oder -biscuits. Die Gebäcke werden mit Nadeln gestochen und mit Sirup getränkt, wodurch sie auserdem sehr saftig werden. Ein bekanntes Beispiel ist das türkische Baklava aus gefülltem Blätterteig, das mit Honig-Gewürz-Sirup getränkt wird. Auch wenn Honig als Coating-Bestandteil auf die Oberfläche von Backwaren, Cerealien-Extrudaten oder Dragier-Einlagen appliziert wird, ist eine moderate Temperatur möglich. Die Oberfläche zu aromatisieren besitzt ausserdem den Vorteil, dass das Coating seine Geschmacksstoffe schneller abgibt als eine Füllung. Heinrich Grünig, Honigexperte der Importfirma Narimpex gibt weitere Tipps: «Bei Backwaren, die längere Zeit im Backofen verweilen ist ein kräftiger Honig besser geeignet. Hier wird man auch im Endprodukt die Honignote noch vorfinden. Und zum Süssen von Dessertprodukten eignen sich leicht dosierbare flüssige Honige». Auch die Viskosität bzw der Kristallisationsgrad spielt eine Rolle: «Das volle Aroma gibt der Honig im flüssigen Stadium ab», so Grünig. «Ein cremiger oder kristalliner Honig erscheint oft weniger aromatisch als derselbe Honig in flüssigem Stadium». Bild (LID): Honigwaben-Zentrifuge. Auch beim Bäckereilieferant Pistor ist zu hören, dass die Industrie flüssigen Honig bevorzugt und aus Gründen von Preis und Verfügbarkeit Honige aus Mexiko oder Guatemala verwendet. Schweizer Sortenhonig legt zwar zu aber auf tiefem Niveau, im Ausland gibt es jedoch nennenswerte Mengen interessanter Sortenhonige für Gourmetprodukte wie Orangenblütenhonig oder Himbeerblütenhonig. In der Schweiz erhältlich ist Akazienhonig und Rapshonig, die dank dezentem Aroma hoch dosiert werden können. Wenn ein starker Honiggeschmack gewünscht ist, eignet sich Kastanienhonig. Für Sie gelesen in der NZZ am Sonntag: Bei der Beziehung zwischen Mensch und Biene geht es natürlich vor allem um eins: Honig. Der mal goldgelbe, mal bernsteinbraune Dicksaft wird von den Tieren hauptsächlich aus Nektar hergestellt. Die Sammlerinnen saugen das Blütensekret auf und speichern es vorübergehend in einem speziell zu diesem Zweck vorgesehenen Zweitmagen. Bei der Rückkehr in den Bienenstock wird der Nektar von anderen Arbeiterinnen übernommen. In deren Verdauungstrakt erfolgt die Umsetzung von komplexen Kohlenhydraten in einfache Zuckermoleküle. Anschliessend kommt der Honig in offene Waben. Zum Eindicken. Die Bienen schlagen mit den Flügeln und erzeugen so einen Luftzug, der die Verdampfung beschleunigt. Wenn der Honig konzentriert genug ist, werden die Waben mit Wachs versiegelt. Der dickflüssige Speicherstoff kann eine erstaunliche Vielfalt an Geschmacksnuancen auf die Zunge zaubern. Im Honig aus dem Valle Onsernone zum Beispiel spiegelt sich praktisch der gesamte botanische Reichtum des Tales wider - das typische Aroma der blühenden Esskastanien ebenso wie der Thymian und die verschiedenen Wiesenblumen. Anderswo dominiert die kräftige Note von Rapsfeldern oder die liebliche Süsse der Robinien-Haine. Ein ganz besonderer Stoff ist der klassische Waldhonig. Er entsteht, wenn die Bienen die zuckerhaltigen Ausscheidungen von Blattläusen einsammeln und verarbeiten. Klingt vielleicht nicht ganz so appetitlich, schmeckt aber hervorragend. Leider gerät die Honigbiene seit einigen Jahren immer wieder in die düsteren Schlagzeilen. Parasiten und Gifte setzen den fliegenden Sammlerinnen schwer zu. Weiterlesen: Die Geheimnisse des Lebkuchens | |||||