Backwaren & Confiserie: Report | ||||||||
Backwaren & Confiserie Premiumprodukte auf Apfelbasis? Der Apfel ist in der Schweiz immer als gesundes Grundnahrungsmittel vermittelt worden und nicht als Genussprodukt, ähnlich wie auch Brot. Dies und seine Alltäglichkeit sind wohl die Gründe, warum er als Hauptgeschmackgeber in Süsswaren oder als Konfitüre eine Randexistenz führt, im Gegensatz etwa zur Erdbeere oder Orange. Aber in Konditoreiwaren darf er brillieren.
Auch wenn Apfel-Verarbeitungsprodukte eine wichtige Rolle spielen, besitzt der Apfel im Vergleich zur Orange oder den Beeren ein Handicap: er wird eher als Grundnahrungsmittel wahrgenommen denn als Premiumprodukt. Selten findet man im Handel Konfitüre, Bonbons, Topping-Saucen und dergleichen, die nur mit Apfel aromatisiert sind. Backwaren mit Apfelfüllung sind zwar beliebt aber als Konfitüre muss sich der Apfel meistens eine Mariage mit andern Früchten oder Gewürzen gefallen lassen wie Apfel-Marroni, Apfel-Zimt, Apfel-Vanille etc. Ebenso bei Bonbons, wo beispielsweise Ricola Apfel mit Minze kombiniert. Halter hingegen stellt reine Apple-Bonbons her und Haribo Apfel-Goldbären. Und der Apfel ist beliebt als Komponente in modernen Gerichten wie zB Teigwarenfüllungen, da er dezente Säure stiftet und mehr Volumen als Zitronensaft. Die Geringschätzung der Süsswarenhersteller gegenüber dem Apfel muss an Marketingaspekten liegen. Erst wenn eine Apfelsorte den Nimbus des Exklusiven hat, steigen die Marketingstrategen ein, so geschehen vor circa 40 Jahren mit dem grasgrünen australischen Sauerapfel ‚Granny Smith‘. Interessanterweise ist der Apfel bei einem Soloauftritt in Süsswaren auch heute noch meistens grün abgebildet.
Technologisch betrachtet besitzt der Apfel in der Regel gute Eigenschaften und wird vielseitig verarbeitet, man denke an Saft (auch vergorenen), Püree, Dörrprodukten, Pulver, Chips und Derivate wie Pektin. Wichtig ist eine geringe Enzymaktivität auch bei langer Lagerung, um enzymatische Bräunung und Weichwerden (Pektinabbau) zu minimieren. Auch sein starkes vielfältiges Aroma steht den erfolgreichen Fruchtnoten wie Ananas, Himbeere & Co keineswegs nach. Crux der Apfelchips-Herstellung Eine Innovation auf Apfelbasis sind luftgetrocknete Softapfelringli wie sie die Thurgauer Öpfelfarm seit 17 Jahren herstellt und im 2004 den Agro-Preis dafür erhielt. Ähnliche halbgetrocknete gibt es schon lange aber deren gummiger Biss und die schweflige Säure als Konservierungsmittel machen sie unattraktiv. Sowohl beim Dörren (Trocknen) wie auch beim Fritieren stellt sich die Herausforderung, dass die Chips knusprig werden aber nicht bräunen. Damit der Zucker nicht caramelisiert, verwendet man eine Vakuumfriteuse mit einem stark reduzierten Luftdruck (Grobvakuum) von ca. 100 mbar bei reduzierten Temperaturen (ca. 125 Grad im Vergleich zu 170 Grad in atmosphärischen Friteusen).
Knusprig sind fritierte in der Tat aber sie erinnern eher an Dauerbackwaren, da die Fettaufnahme in diesem Bereich liegt und den Geschmack dominiert. Sie gelten daher nicht als modernes gesundes Produkt. Ein prominenter Hersteller ist Seneca Foods Corporation in New York, USA. Analog bei der Herstellung fettfreier getrockneter Chips: eine Behandlung im konzentrierten Zuckerwasserbad führt zu einer starken Zuckeraufnahme, was zwar die Trocknung beschleunigt aber zu einem eher harten Biss führt. Beides ist nicht optimal: Von einem Fruchtprodukt erwarten die Konsumenten einen möglichst reinen Fruchtanteil, also keine Zusätze von Fett, Zucker oder Zusatzstoffen. Trocknen ohne Hitzeschädigungen? Beim Lufttrocknen werden Apfelstücke erst knusprig bei einem Restwassergehalt von nahezu Null. Dies ist nur mit Vakuum oder hoher Luftgeschwindigkeit erreichbar, da die Trocknungstemperatur nicht zu hoch gewählt werden darf, auch wenn man Sorten und Chargen verwendet, die wenig anfällig sind für enzymatische Bräunung und die Scheiben nach dem Schneiden mit Ascorbinsäure behandelt. Die Enzyme sind besonders aktiv im Kerngehäuse, was mit ein Grund ist, weshalb man dieses aussticht. Die heutigen Zweifel Apple Chips sind «schonend getrocknet in Varianten Golden Delicious mit weniger als 1 % Fett oder Jonathan». Schon vor zwanzig Jahren lancierte Zweifel Pomy Chips knusprig getrocknete Apfelchips aus Eigenentwicklung. Hergestellt wurden sie in Polen unter Zweifel-Lizenz ohne Zuckerzusatz aber mit Ascorbinsäure. Obwohl die Qualität tadellos war, verschwanden sie wieder vom Markt mangels genügender Nachfrage.
Sicher war der hohe Preis ein Hindernis, und allenfalls war die Marke Zweifel für ein süsses Produkt nicht ideal. Eventuell kam die Innovation aber einfach zu früh, denn damals war der Gesundheitstrend noch nicht so ausgeprägt. Und die Öpfelfarm, die Ostschweizer Äpfel verarbeitet, profitiert heute vom Regionalproduktetrend, der erst vor 15 Jahren begann. Aber auch von der Qualität, die sehr gut ankommt. Innovationen auf Stufe Züchtung Innovationen entstehen beim Apfel schon auf der Stufe der Sortenzüchtung. Die Forschungsanstalt Agroscope in Wädenswil entwickelt neue Sorten durch Kreuzungen und anschliessende Auswahl guter Nachkommen. Wichtige Kriterien sind gemäss Markus Kellerhals, Leiter Gruppe Züchtung, bei der Frucht gute Fleischeigenschaften (fein, knackig, saftig, Geschmack etc)., Optik und allenfalls neue Formen oder Farben wie etwa Rotfleischigkeit.
Die Züchtungsziele von Tafel- und Mostäpfeln unterscheiden sich, aber bei allen Sorten stehen neben der erforderlichen Qualitätsausbeute der Ertrag sowie die Robustheit gegen Krankheiten im Vordergrund. Ein Beispiel für eine rotfleischige Sorte ist die neue ‚Redlove‘-Serie von Lubera, die bald auf den Markt kommen soll. Die Frucht besitzt einen erhöhten Anteil an Anthocyanen, die nicht nur die rote Farbe bilden sondern auch ein besonderes Aroma. Gekocht sieht dieser Apfel rosarot aus und dank den antioxidativen Anthocyanen bräunt er nicht. Weiterlesen: Der unterschätzte Apfel | ||||||||