Backwaren & Confiserie: Report | |
Backwaren & Confiserie Functional Food-Schokolade Eine innovative Schokolade-Neuheit von Barry Callebaut namens «Magia» enthält einen Viertel mehr gesunde Polyphenole als vergleichbare Schokolade. Sie wird diese Woche in Belgien mit einem «Acticoa»-Signet unter der Marke «Jacques» eingeführt. Im Mai folgt die Lancierung in Deutschland als «Sarotti PurPur». Bei Erfolg in diesen zwei Testmärkten wird sie auch in andern Ländern eingeführt. Ist Acticoa wirklich gesünder als normale dunkle Schokolade oder nur ein Marketing-Gag? Schokolade gilt bei den Konsumenten als Genussprodukt, aber «Barry Callebaut» will die verborgenen Gesundheits-Talente des Kakaos fördern. Dieser enthält nämlich gesunde Polyphenole. Der Polyphenolgehalt ihrer Neuheit «Acticoa» sei der höchste aller Schokoladen, sagt man beim Dübendorfer Couverture-Hersteller. Auch der Preis ist höher, denn sie gilt als Functional Food. Acticoa wird aber nicht wie die meisten Functional Foods mit Vitaminen oder Mineralstoffen angereichert sondern mit Polyphenolen sprich bioaktiven sekundären Pflanzenstoffen. Polyphenole kommen von Natur aus im Kakao vor und sorgen in letzter Zeit hin und wieder für Schlagzeilen über den Gesundheitswert von dunkler Schokolade (bei Milchschokolade ist der Kakaoanteil nicht genug hoch). Bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE bestätigt man diesen Gesundheitswert. Acticoa-Schokolade enthält laut Firmenangaben 4 Prozent Polyphenole – einen Viertel mehr als normale dunkle Schokolade (allerdings ist auch ihr Anteil an Kakaobestandteilen mit 72 Prozent sehr hoch). Sie schmeckt daher ziemlich bitter, leicht adstringierend und nur wenig süss – in der Tat fast eine «bittere Medizin». Aber die Kakaoqualität ist erstklassig. Barry Callebaut erklärt, ein spezielles Verfahren entwickelt zu haben zur Verlust-Minimierung der wertvollen Polyphenole. Verluste entstehen vor allem bei der Fermentation der Kakaobohnen. Ein Teil des verwendeten Kakaos ist deshalb unfermentiert – dies erklärt den adstringierenden Eindruck. Das zum Patent angemeldete Acticoa-Verfahren umfasst mehrere Verarbeitungsschritte vom Rohkakao über die Verarbeitung bis zur Schokolade. Von Brainfood bis Anti-Aging Die Firma schreibt in einer Pressemitteilung, sie wolle die gesundheitsfördernden Wirkungen von Polyphenolen der Kakaobohne verstärkt untersuchen in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten in Frankreich. Erste Ergebnisse bestätigen die krebsschützende Wirkung der Polyphenole. Darüber hinaus zeigen sie weitere positive Wirkungen: Im Tierversuch verbessern sie Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit. Ob Polyphenole diese Funktionen auch im menschlichen Körper ausüben, soll in weiteren Studien untersucht werden. Seit Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft intensiv mit dem gesundheitlichen Nutzen der Polyphenole. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass sie aufgrund ihrer antioxidativen Eigenschaften im Körper Schutzwirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs ausüben können. Polyphenole sind natürliche Inhaltsstoffe pflanzlicher Lebensmittel, und besonders viel davon enthält Kakao. Ihre antioxidative Wirkung ist seit langem bekannt. Kakaobohnen und damit vor allem dunkle Schokolade enthalten besonders hohe Mengen dieser sekundären Pflanzenstoffe. Sie unterstützen Körperzellen bei der Bekämpfung freier Radikale, die Zellschädigungen hervorrufen können. Der Genuss von dunkler Schokolade wirkt sich auch positiv auf den Blutdruck und bei Diabetes aus und hat zudem einen Anti-Aging-Effekt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der italienischen Università degli Studi dell´Aquila. Studienleiter Claudio Ferri erklärt: «durch den Konsum von dunkler Schokolade kann nicht nur der Blutdruck gesenkt, sondern auch die Insulinsensibilität verbessert werden». Die italienischen Forscher verabreichten 15 Personen täglich 100 Gramm dunkle Schokolade mit 500 mg Polyphenol. Gleichzeitig erhielt eine Kontrollgruppe täglich 90 Gramm weisse Schokolade ohne Polyphenole. Die Forscher konnten beobachten, dass durch den Verzehr von dunkler Schokolade die Insulinresistenz signifikant niedriger und die Insulinsensibilität höher war als in der Kontrollgruppe. Fett und Zucker relativieren den Gesundheitswert Die Erkenntnis, dass durch den Schokoladekonsum der Körper besser in der Lage ist Zucker abzubauen, ist vor allem für Diabetes-Kranke von Bedeutung. Ferner konnte bei den Probanden der dunklen Schokolade auch eine Blutdruck-Senkung registriert werden. «Trotzdem rate ich zu Zurückhaltung», erklärte Ferri. «Schokolade enthält zwar Antioxidantien aber auch jede Menge Fett und Kalorien». Gesünder wäre daher, die Polyphenole in der Form eines schwach gesüssten Kakao-Milchgetränks aufzunehmen mit stark entfettetem Kakao. Aber um ein solches Rezept gourmettauglich zu machen, müssten Firmen wie Barry Callebaut noch viel Entwicklungsaufwand treiben. «Weiche» Werbeaussagen Polyphenole in Kakao – wie jene in Tee oder Wein - haben anerkanntermassen eine vitaminähnliche Schutzwirkung. Barry Callebaut macht aber «weiche» Werbeaussagen über die Gesundheit: «Wohlbefinden aus der Kakaobohne» und «Purer Genuss, der gut tut». Diese Strategie wirkt auf der emotionalen Ebene ähnlich wie jene des probiotischen Joghurtdrinks «Actimel» der Firma Danone, die den Wetterfrosch Jörg Kachelmann sagen lässt «ich trinke täglich Actimel und ich fühle mich gut». «Harte» Aussagen dagegen wie «cholesterinsenkend» setzen wissenschaftliche Beweise voraus. Diesen Weg schlug Unilever ein mit der «becel pro-activ»-Margarine, welche mit Pflanzensterinen angereichert wird (eine andere Klasse von sekundären Pflanzenstoffen). So oder so: Functional Food lässt sich teurer verkaufen und verspricht eine bessere Marge. Allerdings ist der Spagat zwischen Genuss und Gesundheit marketingmässig eine grosse Herausforderung. Weiterlesen: Megatrend sekundäre Pflanzenstoffe | |