Backwaren & Confiserie Nutella-Palmöl-Debatte: ein Reality-Check
"Wir müssen aufhören, Nutella zu essen!" – die Forderung der französischen Umweltministerin Ségolène Royal verhalf Mitte Juni einer scheinbaren Nebensache in die Headlines des globalen Medienbetriebs. Ein wichtiger Bäckerei-Rohstoff rückt einmal mehr ins öffentliche Bewusstsein: Palmöl.
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Nutella, der weltbekannte Gianduja-Brotaufstrich von Ferrero ist auch wegen seiner Zusammensetzung und Werbung umstritten. Die deklarierten Zutaten: Zucker, Palmöl, Haselnüsse (13%), fettarmer Kakao, Magermilchpulver (7,5%), Emulgator Lecithine (Soja), Vanillin. Fettgehalt 32%, Zuckergehalt 56%.
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Palmöl, das in Nutella in enthalten ist, zerstört aufgrund der Monokultur von Ölpalmen die Regenwälder. Also Hände weg von Nutella und Produkten mit Palmöl. Auf dieses Fazit lässt sich die Logik der französischen Umweltministerin Ségolène Royal zusammenfassen. Leider ignorierte die ehemalige Präsidentschaftskandidatin bei ihrer Polemik ein paar wesentliche Entwicklungen – und viele entscheidende Details.
Es ist der Spitzenpolitikerin zugute zu halten, dass sie mit ihrem Vorstoss einen Rohstoff ins Bewusstsein rückt, welcher in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Reinigungsmittel-Branche vielfältige Verwendung findet. Kritische Fragen zur Palmöl-Produktion sind dabei durchaus berechtigt, zumal die flächendeckende Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards viele Jahre in Anspruch nahm.
Die Palmöl-Produktion steht seit vielen Jahren unter kritischer Beobachtung durch Umweltorganisationen und Medien. Dies hat zur Etablierung von Nachhaltigkeits-Standards geführt, welche die negativen Umweltauswirkungen des Anbaus wesentlich einschränken. Beim Palmöl konnten daher als einem der ersten landwirtschaftlichen Grundrohstoffe die marktmächtigsten Konzerne auf nachhaltige Standards verpflichtet werden. Zusammen mit den Umweltorganisationen wirkten sie als treibende Kraft für eine eigentliche Branchenlösung.
Als koordinierende Plattformen haben sich so genannte "Roundtables" etabliert, die vom WWF oder von anderen Umweltorganisationen organisiert werden. Im Fall von Palmöl reichen die Anfänge bis zur Jahrtausendwende zurück. Als wichtigster Branchenstandard hat sich die RSPO-Norm durchgesetzt. Der Aufbau verlässlicher Zertifizierungssysteme, mit dem sich die ganze Wertschöpfungskette zurückverfolgen lässt, bildet ein langfristiges Projekt, das noch lange nicht vollständig umgesetzt ist.
Nicht per se gut oder böse
Der weltweite Aufbau dieser Zertifizierungssysteme zeigt, dass es ernsthafte Probleme zu bewältigen gibt und die kritische Grundhaltung gegenüber Agrarrohstoffen wichtig und richtig ist. Die "Nutella-Debatte" macht nicht zuletzt dies deutlich: Die Fokussierung auf einzelne Zutaten und Rohstoffe ist nicht nur unsinnig, sondern möglicherweise sogar kontraproduktiv.
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Öl-palmen
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So banal die Erkenntnis wirken mag, in der auf Schlagzeilen ausgerichteten Mediendebatte wird eines gezielt oder unbewusst verdrängt: Agrarrohstoffe sind nicht per se "gut" oder "böse". Denn: Was wäre das Resultat eines weltweiten Verzichts auf Palmöl? In erster Linie würde dies zur Verwendung anderer Agrarrohstoffe führen, die bisher weniger im öffentlichen Bewusstsein stehen. Kokosfett etwa bietet ähnliche Anwendungsmöglichkeiten. Verlässliche Nachhaltigkeitsstandards sind hier jedoch weniger verbreitet. Ein wesentlicher Produktionsausbau würde umgehend zu ähnlichen Problemen führen.
Palmöl als optimaler Rohstoff
Lebensmittel mit naturbelassenen Fettstoffen aus rein pflanzlichen Quellen sind heute für die Kundschaft eine Selbstverständlichkeit. Das stark kritisierte Palmöl, je nach Temperatur identisch mit Palmfett, bietet sich für Margarine und als Zutat in verarbeiteten Lebensmitteln als optimaler Rohstoff für eine naturbelassene Verarbeitung an. Ähnlich günstige Verarbeitungseigenschaften bietet Kokosfett.
Der wesentliche Unterschied der beiden Rohstoffe im Vergleich zu anderen Fetten und Ölen liegt in den vergleichsweise hohen Schmelzpunktbereichen. Selbst bei etwas erhöhten Raumtemperaturen, z.B. in Bäckereien, lassen sich Margarinen mit hohen Palm- oder Kokosfett-Anteilen noch problemlos verarbeiten. Beim Konsum vermitteln damit ein gutes Geschmacks- und Mundgefühl.
Die Zusammensetzung und Schmelzbereiche von Verarbeitungsfetten und -Margarinen mit lassen sich teilweise durch physische Separierungsverfahren beeinflussen, in erster Linie dem so genannten "Fraktionieren". Stösst dies an Grenzen, lässt sich mit chemisch-synthetischen Methoden der Schmelzpunkt relativ genau "einstellen", auf den Deklarationsauflistungen erkennbar am Vermerk "hydrierte".
Bevor substantielle Anteile der Kundschaft dies kritisch hinterfragten, war es auch sinnvoll, je nach Bedarf, tierische Fette beizumischen. Überhaupt galt Schweineschmalz (Bild) bis vor wenigen Jahren als Bäckereifett erster Wahl, natürlich mit allen industriellen Raffinessen auf die Verarbeitungspraxis optimiert.
Schweizer Rapsöl unter Druck?
Schweizer Rapsöl als Zutat für die industrielle Verarbeitung könnte im Rahmen einer Liberalisierung der Märkte durchaus unter Druck geraten. Im Bereich der reinen Preiskonkurrenz sind Fettstoffe und Öle Schweizer Herkunft langfristig und teilweise bereits heute kaum konkurrenzfähig. Die flächendeckende Etablierung von Nachhaltigkeitsstandards bei Palmöl und weiteren globalen Agrarrohstoffen kann daher für die Schweizer Landwirtschaft als positiver Ausgleich erweisen.
Absehbar ist, unabhängig der marktpolitischen Entwicklung, eine noch stärkere Separierung der Angebote und Marktsegmente. Mit klassischen Anwendungsbereichen beliebter Qualitäts-Speiseöle, allen voran dem Olivenöl, kann Palmöl nicht konkurrenzieren. Dies nur schon aus dem einfachen Grund, dass Palmöl bei mittleren Temperaturen wie erwähnt eine feste Beschaffenheit aufweist. Eine direkte Konkurrenz zwischen Olivenöl und Palmöl besteht durch die weitgehend unterschiedlichen Einsatzgebiete daher nicht.
Dies zeigt den Weg auf für die Vielfalt der Qualitätsangebote, allen voran die neu belebten Schweizer Rapsöl-Sortimente. Die Zukunft liegt in einer ausgezeichneten Produktqualität in Verbindung mit optimierten Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistungen. Die Vermarktung im Rahmen der etablierten Labelprogramme bietet dazu eine gute Basis.
Darüber hinaus hat sich in den vergangen Jahren eine Vielfalt an qualitativ sehr hoch stehenden Neuentwicklungen etabliert, wie z.B. das breite Angebot der kaltgepressten "St. Galleröle". Neben Rapsöl wurde bei diesem Projekt die regionale Herstellung von Traditionsprodukten wie Leinöl wieder belebt. Produkte dieser Art positionieren sich bewusst in der Premium-Nische – und finden abseits der Zwänge des Massenmarkts Erfolg und Ertrag. (Text: LID)
Wiwssenswertes über Palmöl und Palmkernöl
Palmöl ist das billigste und meistverwendete Pflanzenöl weltweit. Der grösste Anteil, 75 Prozent, wird für Nahrungsmittel wie zum Beispiel Schokolade verwendet, rund 20 Prozent für Konsumgüter wie Kosmetika, Seife und Waschmittel, und der Rest für Agrotreibstoffe. Palmöl ist ein universell einsetzbares Produkt: Vor allem in Asien und Afrika wird es zum Kochen, Braten und Frittieren verwendet. Industriell wird es für die Herstellung von Backwaren, Margarine und Süsswaren benutzt.
Ausserdem ist Palmöl ein sehr guter Energielieferant: Ölpalmen liefern auf derselben Anbaufläche mehr als doppelt so viel Energie wie etwa Raps. Deshalb steigt die Nachfrage nach Palmöl weltweit stark an — nicht zuletzt durch die zunehmende Verwendung als Treibstoff. Das hat Folgen. Die Palmölproduktion führt in Indonesien und Malaysia — diese beiden Länder liefern etwa 85 Prozent der gesamten Weltproduktion — zur massiven Zerstörung von Regenwäldern und Torfgebieten. Mit verheerenden Auswirkungen auf die Biodiversität, das Klima und zum Nachteil der lokalen Bevölkerung. Bis heute gibt es praktisch kein nachhaltig produziertes Palmöl. (Text: Greenpeace)
Von der Palmfrucht zum Öl
Die Palmfrüchte werden sterilisiert und gepresst, dabei entsteht das rohe Palmöl, CPO (Crude Palm Oil). Früchte und Öl haben wegen ihres hohen Carotingehaltes eine orangerote Färbung, die bei der Raffination entfernt wird. Reines und frisches Palmöl hat einen spezifischen Veilchengeruch, einen süsslichen, angenehmen Geschmack und ist von klarer und heller Farbe.
Kommerzielles Öl ist aber aufgrund weniger sorgfältig ausgeführter Präparationsmethoden zumeist trüb und gefärbt. Auch bekommt das Öl durch Alterung eine zunehmende Trübung und einen intensiveren Geruch. Dieser auch als Fermentation bezeichnete Alterungsprozess wird durch Mikroorganismen verursacht. Der Schmelzbereich von Palmöl liegt, je nach Zusammensetzung, zwischen 27 und 45 °C, die Dichte beträgt etwa 0,921 bis 0,924 kg/l.
Palmkernöl wird aus den Kernen der Ölfrüchte gewonnen. Die Kerne werden getrocknet, gemahlen und dann gepresst. Das Palmkernöl gehört wie das Kokosöl zu den Laurinölen, d. h. es enthält einen grossen Anteil (bis zu 80 %) der gesättigten Fettsäure Laurinsäure in gebundener Form. Es gehört zu den festen Pflanzenfetten.
Das rohe Öl ist gelblich-bräunlich, nach der Raffination erhält man ein fast weisses bis leicht gelbliches Fett.
Das laurische Palmkernöl ist bei Raumtemperatur fest, der Schmelzbereich liegt zwischen 23 und 30 °C. Bei Körpertemperatur schmilzt es dann jedoch rasch ab und hinterlässt dabei einen angenehmen Kühleffekt. Es wird daher gern in Kakaoglasuren, Eiskonfekt, Glaceüberzügen und kühlschmelzenden Schokoladenfüllungen eingesetzt. Durch verschiedene Modifikationsverfahren lassen sich aus dem Palmkernöl hochwertige Spezialfette für die Süsswarenindustrie herstellen.
Palmkernöl findet ebenfalls zu einem grossen Anteil Verwendung bei der Herstellung von Margarine, der es einen butterähnlichen Geschmack verleiht. Durch verschiedene Veränderungen kann Palmkernöl auch zu hochwertigen Spezialfetten für die Süsswarenindustrie umgewandelt werden. Zudem wird es aufgrund seiner Schmelzeigenschaften für Kakaoglasuren, Eiskonfekt, Cremeüberzüge und schnellschmelzende Schokoladenfüllungen und Toffees verwendet. Denn Palmkernöl ist bei Raumtemperatur fest, bei Körpertemperatur schmilzt es dann jedoch rasch ab und hinterlässt dabei einen angenehmen Kühleffekt.
Palmöl und Palmkernöl wird zum grössten Teil als Lebensmittel eingesetzt. Dabei wird Palmöl aufgrund seiner ausgezeichneten Hitze- und Oxidationsstabilität vor allem in Asien und Afrika als Speisefett zum Kochen, Braten und Fritieren eingesetzt. Ausserdem wird es international für die Herstellung von Backwaren, Margarine und Süsswaren verwendet. Es eignet sich entsprechend gut zum Erhitzen (Braten), da darin kaum mehrfach ungesättigte Fettsäurereste gebunden sind, die sich beim Erhitzen in die physiologisch bedenklichen trans-Fettsäurereste umlagern können.
Rotes (unraffiniertes) Palmöl enthält eine ungewöhnlich hohe Konzentration von Carotinen und Vitamin E, insbesondere von Tocotrienolen. Bereits ein Esslöffel rotes Palmöl enthält mehr als die empfohlene Tagesaufnahme (Recommended Daily Allowance) von Vitamin A, beta-Carotin und Vitamin E. Von Herstellerseite wird ein Gehalt von 400 bis 800 ppm von Tocopherol und Tocotrienol wie auch von Carotinen angegeben. Rotes Palmöl ist eine der besten Quellen für Tocotrienole, eine Gruppe von Vitamin E-Isomeren, deren gesundheitliche Vorteile gegenüber Tocopherolen seit ca. 25 Jahren erforscht werden. (Text: Wikipedia)
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