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29.1.2010 Personalhygiene wirksam umsetzen Das Ziel der Personalhygiene heisst, keine schädlichen Mikroorganismen und Fremdkörper einzuschleppen. Aber Massnahmen wie Handschuhpflicht müssen gut überlegt und psychologisch geschickt umgesetzt werden. Für die Händehygiene in der Praxis gibt es bewährte Methoden: Sie beginnen mit den richtigen Hilfsmitteln wie vollständig ausgerüstete Handwasch-Einrichtungen in nächster Nähe sowie griffbereite Handschuhe. Und sie reichen bis zur Vorbildfunktion, Motivation und sozialer Kontrolle. In jedem Produktionsbetrieb besteht das Risiko, dass Personen, die mit dem unverpackten Produkt arbeiten, problematische Keime via Hände, Kleidung oder Schuhe einschleppen und Produkte kontaminieren. Personalhygiene-Massnahmen sind daher wichtig - aber auch heikel in der Umsetzung. Viele stossen beim Personal auf Unverständnis oder Ablehnung, einige sind schwer kontrollierbar oder sogar kontraproduktiv. Manchmal schiessen sie übers Ziel hinaus. Dennoch gilt die Erfahrung, dass der direkte Kontakt zwischen Mensch und Lebensmittel eine der grössten Herausforderungen in der Hygienekette ist – manchmal auch die grösste Schwachstelle. Welche Massnahmen sind aus welchem Grund besonders wichtig und wie kann man sie erfolgreich umsetzen? «foodaktuell» befragte Experten. Evelyn Anna Meier, Leiterin der IQFS-Gruppe der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW sagt: «In der gesamten Lebensmittelbranche zählt das korrekte Hygiene-Verhalten der Mitarbeiter/innen. Wer nicht ein hohes Mass an persönlicher Hygiene wahrt, an bestimmten Krankheiten leidet oder die generellen Hygienevorschriften missachtet, stellt ein hohes Kontaminationsrisiko dar. Händehygiene ist speziell wichtig». Saubere, gut desinfizierte Hände sind eine der wichtigsten Personalhygiene-Massnahmen, denn Bakterien werden vor allem durch Hände übertragen. «Die Mitarbeiter müssen geschult werden, ihre Hände vor jedem Arbeitsbeginn, nach Pausen, nach dem Gang zur Toilette und nach dem Hantieren mit Abfällen zu waschen und zu desinfizieren», so die Expertin weiter. Mit Abklatschproben kann man den Händehygiene-Zustand im Betrieb überwachen. Sie lassen sich auch ausgezeichnet als Anschauungsbeispiele für Schulungen verwenden. In der Fleischbranche werden die genannten Hygienemassnahmen aufgrund des Risikoprofils der Produkte und deren Umgebung (feucht, z.T. hohe Umgebungstemperatur, hohe manuelle nicht automatisierte Arbeitsweise, offene Produkte), meistens speziell rigoros umgesetzt und kontrolliert. Hände waschen oder Handschuhe tragen? Und Meier weiter: «Saubere, gut desinfizierte Hände sind generell besser sind als Arbeiten mit Handschuhen. Diese vermitteln oft das Gefühl falscher Sicherheit. Verunreinigungen werden schlechter gespürt als direkt auf der Haut und als Konsequenz werden die Handschuhe oft zu selten gewechselt». Zudem entwickeln sich unter den Handschuhen, wenn man schwitzt, Bakterien, welche durch Haarrisse nach aussen gelangen und das Produkt kontaminieren können. Ausserdem stellen sie eine Fremdkörpergefahr dar. «Wenn die Mitarbeiter/innen entsprechend geschult sind, sind daher gut gereinigte Hände Handschuhen vorzuziehen», so die Expertin. Handschuhe sind hingegen angebracht als Eigenschutz für die Mitarbeitenden (z.B. beim Arbeiten mit scharfen Reinigungsmitteln oder Abfällen), bei Verletzungen an den Händen oder wenn das Produkt vor Fingerabdrücken geschützt werden soll. Handschuhpflicht für Gastronomie-Grilleure ist beim Hygienenutzen ein Grenzfall aber imagemässig sinnvoll. Ferdinand W. Uehli, Leiter Abt. Gesundheitsschutz im Zürcher Gesundheitsamt UGZ bestätigt: «Das A und O der Personalhygiene ist Händewaschen vor der Arbeit und nach der Toilette, ebenso nach Umgang mit tierischen Lebensmitteln oder Berühren von unsauberem Material. Die Hände müssen überall und gründlich gewaschen werden können d.h. ohne Störfaktoren wie Uhren oder Schmuck. Saubere Fingernägel und Kleidung sind ein Muss, und Husten oder Niesen ins Lebensmittel ist streng verboten». Dabei geht es immer darum, Übertragung von Bakterien zu verhindern. All dies gilt in verschärfter Form für die Fleisch-Industrie. Grösste Schwachstelle: Händehygiene Gerade das eminent wichtige Händewaschen ist gleichzeitig «die grösste Personalhygiene-Schwachsstelle in der Industrie wie auch im Gewerbe», konstatiert Uehli. «Handwaschpflicht ist ein Eingriff in den persönlichen Bereich des Personals, die Kommunikation sowie die Kontrolle sind schwer durchführbar». Vor allem bei der Produktion von heiklen lagerfähigen Lebensmitteln sind schmutzige Finger riskant. Weniger problematisch ist dies im Service in der Gastronomie, wo die Speisen unmittelbar verzehrt werden – jedenfalls mikrobiologisch betrachtet, denn imagemässig haben Hygienesünden an der Kundenfront eine fatale Wirkung. Und Uehli zum Thema Handschuhe: «Sie sind sinnvoll, wenn man einen einzelnen Arbeitsgang gezielt und konstant durchführt. Aber der Wechsel zu anderen Arbeiten mit denselben Handschuhen ist kontraproduktiv, weil man den Schmutz darauf nicht spürt». Tragen von Schmuck ist im Produktionsbereich meistens untersagt (Ausnahme: Eheringe mit glatter Oberfläche). Zu recht? Die Hygiene-Verordnung nennt kein Schmuckverbot, aber der Betrieb kann die Anforderungen wenn nötig verschärfen. Hände müssen gründlich und allseitig waschbar sein - Uhren und Schmuck schmälern den Reinigungseffekt und können auch ein Arbeitssicherheitsrisiko sein. Aber man kann differenzieren: Christine Siegrist, Fachbereichsleiterin Lebensmittelinspektorat vom UGZ: «In der Industrie ist man strenger als in der Gastronomie. Personal in Industriebetrieben, beispielsweise der Fleischindustrie, darf keinen Schmuck tragen, während man dies bei einem sonst sauberen Grilleur in der Gastronomie nicht beanstandet. Dieser darf zwar Würste auf dem Grill ohne Handschuhe berühren, weil sie hocherhitzt und sofort konsumiert werden. Allerdings empfehlen wir auch dort, ein Werkzeug zu benutzen, um Restrisiken auszuschliessen. Dann muss aber auch das Instrument sauber sein». Mundschutz nur wenn nötig Noch umstrittener und unbeliebter als Handschuhe ist der Mundschutz – eine Zumutung für Personen, das ihn ständig tragen sollen. «Oft wird er nicht richtig getragen», stellt Uehli fest. «Wichtiger als Mundschutz ist die Meldepflicht bei Krankheit. Gezieltes Mundschutz-Tragen ist aber nötig in einem Reinraum». Ebenso Meier: «Eine Mundschutz-Tragpflicht muss man risikobasiert evaluieren. Etwa bei sensiblen Arbeitsbereichen und Produkten wie der Sulzherstellung ist er gerechtfertigt». Dies aufgrund der Tröpfcheninfektionsgefahr, d.h. aerogene Übertragung von Krankheitserregern aus Mund und Nase durch die Luft. Mundschutze werden auch zwecks Gesundheitsschutz getragen, beispielsweise zur Verhinderung des Einatmens von Schimmelpilzsporen bei der Salami-Herstellung. Der Mundschutz (Bild) bedingt auch eine korrekte Anwendung, d.h. regelmässiges Wechseln und entsprechende Schulung. Durch die Atmung können sich verschiedene Keime der natürlichen feuchten Mundflora auf dem Mundschutz ansammeln und somit eine Kontaminationsquelle darstellen, etwa durch Berührung mit den Händen oder wenn durch die Feuchtigkeitsansammlung der Atemluft sogar Tropfen am Mundschutz entstehen. Zudem ist es möglich, dass ein Mundschutz auch Halskrankheiten auslösen kann, vor allem in kalten Arbeitsräumen. | |