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23.5.2010 Swissness: Vorschlag für Fleischbranche untauglich
Der SFF fordert, dass sämtliche Lebensmittel, die vollumfänglich in der Schweiz hergestellt werden, die Vorgaben der Swissness unabhängig von der Herkunft des Rohmaterials erfüllen.
Am 18. November 2009 hat der Bundesrat den eidgenössischen Räten die Entwürfe zur Änderung des Markenschutz- (MSchG) und des totalrevidierten Wappenschutzgesetzes (WSchG) vorgelegt. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, den Mehrwert der Herkunftsbezeichnung „Schweiz“ langfristig und nachhaltig zu sichern und allfälligen Missbräuchen mit der Marke „Schweiz“ entgegen zu treten. Der Schweizer Fleischfach-Verband (SFF) unterstützt grundsätzlich die Neueinführung eines Schutzes der Marke Schweiz bzw. von „Swiss Made“ aus Gründen der Bekämpfung von Missbräuchen, aber auch im Hinblick auf die kommenden offenen Grenzen.
Für die Erfüllung der Swissness-Vorgaben ist bei den Naturprodukten für Fleisch vorgesehen, dass die Tiere den überwiegenden Teil ihres Lebens in der Schweiz verbracht haben, was auch seitens des SFF unbestritten ist. Bei verarbeiteten Produkten hingegen ist die vorgeschlagene Anforderung, dass mind. 80% des Rohmaterials aus der Schweiz stammen muss, nicht nachvollziehbar. Damit würden einerseits die verarbeiteten Produkte gegenüber den Naturprodukten („überwiegend“ entspricht 50%) sowie den anderen Produkten aus dem Non-Food-Bereich mit einem Mindestanteil von 60% der Wertschöpfung ungleich behandelt und massiv benachteiligt.
Andererseits bildet die ausschliessliche Begrenzung auf die Rohmaterialherkunft nur den geringeren Teil der Eigenschaften eines Lebensmittels ab, werden doch diese hauptsächlich durch die Verarbeitung geprägt. Gerade in diesem Bereich findet vielfach auch der wesentliche Teil der Wertschöpfung statt, der aus volkswirtschaftlicher Sicht keinesfalls zu vernachlässigen ist und – auch in dezentralen Regionen – eine Vielzahl von Arbeitsplätzen sicherstellt. Auch seitens der Konsumentenschaft wird der Verarbeitung eines Produktes erfahrungsgemäss mindestens eine so grosse Bedeutung beigemessen wie dessen Rohmaterialherkunft.
Der SFF verlangt daher mit Nachdruck, dass die Swissness-Vorgaben dann erfüllt sind, wenn die Herstellung eines Lebensmittels vollumfänglich in der Schweiz erfolgt, und falls dies nicht möglich ist, dass mind. 60% der Wertschöpfung aus der Schweiz stammen muss. Mit diesen Forderungen kann zudem die Komplexität der vorgeschlagenen Entwürfe massiv reduziert werden.
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SFF-Präsident
Rolf Büttiker |
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Derzeit werden auch verschiedene Ausnahmeregelungen diskutiert, die u.a. die berechtigte Erfüllung der Swissness-Vorgaben für traditionell schweizerische Lebensmittel vorsehen würden. Darunter fallen eine ungenügende Versorgung mit Rohmaterial entweder aufgrund der geographischen Begebenheiten oder der temporären Nicht-Verfügbarkeit. Gleiches gilt für die bereits erfolgte Anerkennung als geographische Herkunft oder für den Fall, in welchem die verwendete Herkunftsangabe bereits dem Verständnis der massgebenden Verkehrskreise entspricht. Der SFF verlangt jedoch, dass die Swissness-Vorlage, auch im Hinblick auf die zukünftige Anwendung, massiv vereinfacht wird.
Zudem gilt es zu beachten, dass über die Swissness-Vorlage nicht nur das Schweizer Kreuz bzw. die Bezeichnungen rund um den Begriff „Schweiz“ neu geregelt werden, sondern auch Wappen, Hoheitszeichen, Begriffe, etc., die sich auf kantonale, regionale oder kommunale Begebenheiten beziehen, Obwohl dieser Aspekt in der aktuellen Diskussion vielfach untergeht, setzt der SFF voraus, dass die Vorgaben für die enger begrenzten Begriffe und Zeichen in Analogie zu denjenigen der Swissness zur Anwendung gelangen würden.
(Text: Ständerat Rolf Büttiker, Präsident des SFF)
Appenzeller Fleischprodukte für die eine GGA -Anerkennung
angestrebt wird: Appenzeller Mostbröckli, Appenzeller Pantli
und Appenzeller Siedwurst
Die Swissness-Vorlage blockiert das Appenzeller Mostbröckli
Die wohl bekannteste Spezialität aus den Appenzeller Metzgereien ist das Appenzeller Mostbröckli. Laut dem Schweizerischen Idiotikon, Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache aus dem Jahre 1905 ist Mostbröckli „ein exquisites Stück aus dem Rücken des Rindes, welches gedörrt als Leckerbissen zu Most genossen wird.“ Entgegen diesem Zitat wird das Mostbröckli seit langer Zeit aus dem Stotzen (Hinterbein) von Rindern und Kühen gewonnen. Dieses wird mit einer Trockensalz- und Würzmischung eingerieben und über ca. 4 Wochen in dieser Mischung gelagert.
Im Gegensatz zum Bündnerfleisch, welches luftgetrocknet wird, wird das Mostbröckli mehrere Stunden kalt geräuchert und später getrocknet. Wie anno dazumal geniesst man zum Mostbröckli, welches dünn aufgeschnitten wird, ein Glas Most oder aber einen feinen Rotwein. Mit einem Stück Ruchbrot wird alles zu einer perfekten Vorspeise, einem Z’vieri oder Z’nacht.
Die Schweinezucht spielte in Appenzell im 19. Jahrhundert eine untergeordnete Rolle, obwohl das Schweinefleisch mit Abstand die höchsten Preise erzielte. Gemäss einer Viehzählung von 1876 hielten die Innerrhoder Bauern damals neben 8’000 Stück Rindvieh und 4’000 Ziegen nur gerade 3’500 Schweine. Was also lag näher, als die besten Rindfleischstücke so zu veredeln, dass sie im Geschmack nahe an eine gute Qualität vom „gräuchte Schwinis“ herankamen? Damit konnte auch der Preis dem teureren Schweinefleisch angeglichen werden.
Also veredelten sie die „feinen“ Stücke der Rinder und Kühe zu Mostbröckli, und aus den Abschnitten kreierten die Berufsleute eine Roh- und eine Brühwurst. Daraus ergaben sich im Laufe der Jahre die weit über unseren Landesteil bekannten Spezialitäten Appenzeller Pantli und Appenzeller Siedwurst.
Der Appenzeller Pantli ist eine Rohwurst, dessen Name von deren Unförmigkeit her stammen soll. Laut Idiotikon aus dem Jahre 1901 wird der Name Pantli folgender-massen umschrieben: „Ein sehr grosses, dickes, plumpes Ding in seine Art. So auch als Bezeichnung einer etwa ein Pfund schweren, dicken und ziemlich langen Knackwurst (Appenzeller Landjäger)“. Diese Wurst hat einen ausgeprägten Knoblauchgeschmack unterstützt durch ein feines Weinaroma.
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Appenzeller Siedwurst der Metzgerei Preisig. Die Appenzeller Siedwurst ist eine Brühwurst, welche in rohem oder gekochtem Zustand verkauft wird. Diese Wurst besticht durch ihren typischen Knoblauch- und Kümmelgeschmack.
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Nach wie vor grosse Schwierigkeiten bei der Anerkennung als GGA-Produkte
Seit im Jahr 2000 bei den Appenzeller Metzgermeistern die Idee geboren ist, die drei obgenannten Appenzeller Fleischspezialitäten als GGA-Produkte ins Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen einzutragen, sind bereits knapp 10 Jahre vergangen. Aufgrund der im Vergleich zum Appenzeller Mostbröckli weitaus geringeren Produktionsmengen des Pantlis und der Siedwurst und der für die Anerkennung notwendigen finanziellen Aufwendungen war von Anfang an klar, dass eine GGA-Eintragung ins Register der geschützten Herkunftsbezeichnungen nur für alle drei Produkte gemeinsam erfolgen kann.
Nach diversen Hürdenläufen (Chronologie: siehe Anhang) wähnte man sich 2008 endlich am lange ersehnten Ziel. Es folgten jedoch diverse Einsprachen gegen das Eintragungsgesuch für Appenzeller Mostbröckli, was eine nochmalige Verzögerung um ein weiteres Jahr zur Folge hatte. Die Mitglieder des Metzgermeisterverbandes Appenzellerland gingen dabei auf die Forderung der Gebietsausweitung auf den ganzen Kanton St. Gallen ein, hielten aber aus Beschaffungsgründen an der Möglichkeit für die Verwendung von Importfleisch fest.
Seit März 2009 herrscht seitens der bewilligenden Behörde, des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), jedoch Funkstille, was wir mit der aktuell laufenden Swissness-Diskussion in Verbindung bringen. Mit unserer Absicht, traditionelle Produkte von hoher Qualität im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen rechtzeitig zu positionieren, verstehen wir die wiederholten Verzögerungen seitens des Bundes jedoch nicht mehr.
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Mostbröckli
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Seitens der Arbeitsgruppe Mostbröckli wird die im aktuellen Entwurf der Swissness-Vorlage vorgesehene Limite von 80% Rohmaterial in aller Deutlichkeit abgelehnt. Dies auch im Wissen, dass die Schweizer Landwirtschaft bereits heute nicht in der Lage ist, soviel Rohmaterial aufzubringen, um die genannte Limite von 80% zu erreichen. Wir schliessen uns daher der Forderung des Schweizer Fleisch-Fachverbandes an, der verlangt, dass sämtliche Lebensmittel, die vollumfänglich in der Schweiz hergestellt werden, die Vorgaben der Swissness unabhängig von der Herkunft des Rohmaterials erfüllen. Ansonsten muss für die Erfüllung der Swissness mindestens 60% der gesamten Wertschöpfung in der Schweiz erfolgen.
Tatsache ist, dass wir nach wie vor sämtliches anfallendes Rohmaterial von Schweizer Bauern abnehmen. In der Praxis funktioniert es folgendermassen: Die meisten Stotzen der Kühe werden nach Graubünden geführt, um daraus Bündnerfleisch herzustellen. Die runde und flache Nuss des Stotzens eignet sich jedoch nicht für Bündnerfleisch, jedoch ausgezeichnet für unser Mostbröckli. Also führt man die Nuss wieder zurück in das Produktionsgebiet des Mostbröcklis.
Wir Metzger von Appenzell warten seit einem Jahr geduldig auf den Entscheid des BLW, das Mostbröckli schützen zu können. Der Schutz für die beiden anderen Appenzeller Produkte Pantli und Siedwurst stellt das BLW in Aussicht und ermuntert uns, diese voranzutreiben. Aufgrund der weitaus geringeren Produktionsmengen ist der Schutz dieser zweier Produkte finanziell jedoch nicht tragbar. Unsere Botschaft lautet daher: „Entweder mit Mostbröckli oder gar kein Schutz.“
Franz Fässler, Präsident der Arbeitsgruppe Mostbröckli vor den Medien
Unsere Grundmotivation im Jahre 2000 war es, zu verhindern, dass im nahen Ausland mit ähnlichen Grundvoraussetzungen wie Vorarlberg, Tirol, Allgäu, Bayern und weitere unser Produkt erkennen und dieses wie den Emmentaler Käse kopieren und unter dem Namen «Appenzeller Mostbröckli» vermarkten. Wir möchten die Wertschöpfung bei uns behalten und uns die Möglichkeit offen halten, Fleisch aus der EU bei uns zu veredeln, um die fertigen Produkte wieder zurückzuführen.
So bleiben Arbeitsplätze erhalten bzw. es können sogar noch weitere geschaffen werden. Für dieses Bestreben spricht auch die bevorstehende gegenseitige Anerkennung der geographischen Herkunftsbezeichnungen zwischen der Schweiz und der EU, die auch einem allfälligen zukünftigen Export der genannten Appenzeller Fleischprodukte förderlich wäre.
Seit dem Beginn unserer Aktivitäten sind inzwischen 10 Jahre vergangen mit vielen spannenden Begegnungen, Gesprächen und Herausforderungen. Umso mehr sind wir frustriert, dass das BLW den ursprünglich positiven Entscheid vom Oktober 2008 zurückgezogen hat und sich hinter der zur Diskussion stehenden Swissness-Vorlage versteckt! Wir fordern daher vom BLW eindringlichst, dass es sich seiner Verantwortung endlich bewusst wird und unserem Antrag für die GGA-Anerkennung der drei Appenzeller Fleischspezialitäten, Möstbröckli, Pantli und Siedwurst mit der notwendigen Effizienz im positiven Sinne umgehend entspricht!
(Text: Franz Fässler, Präsident der Arbeitsgruppe Mostbröckli)
GGA/IGP-Antrag mit Begründung
Die Ausweitung auf den ganzen Kanton St. Gallen stellt für die Mitglieder des Metzgermeisterverbandes Appenzellerland nur eine geringe Einschränkung dar, obwohl der Kreis der Produzenten von Appenzeller Spezialitäten um das Doppelte erweitert wird.
Bezüglich Verwendung von Schweizer Fleisch für das Appenzeller Mostbröckli halten wir an unserem Standpunkt fest, auch Importfleisch verwenden zu können. Schon jetzt ist es für die Grossbetriebe schwierig, Rohmaterial ausschliesslich aus Schweizer Herkunft zu beschaffen. Sie sind daher darauf angewiesen, die Möglichkeit zur Beschaffung von Importfleisch offen zu halten.
Mostbröckli-Produktion in der Grossmetzgerei Suttero in Gossau
Es sei darauf hingewiesen, dass die Herkunft des Rohmaterials auf jeder Etikette deklariert sein muss (gemäss Deklarationsverordnung) und der Konsument somit selber entscheiden kann, ob er Appenzeller Mostbröckli aus Schweizerfleisch oder ausländischer Herkunft geniessen möchte. Zudem kann es sein, dass ein ausländischer Fleischproduzent Rohmaterial in unsere Betriebe liefert, um diese zu Appenzeller Mostbröckli zu verarbeiten, was wiederum eine Wertschöpfung generiert und Arbeitsplätze schafft oder erhält.
Wichtig erscheint uns auch, dass das Know how bei uns bleibt und wir dies auch in Zukunft nutzen. Mit einer Beschränkung auf Schweizer Fleisch stellen wir uns unnötig Hindernisse in den Weg, die in Zukunft nur schwierig wegzuschaffen wären.
Innerhalb der EU existieren bereits mehrere Beispiele wie Schwarzwälder Schinken, Südtiroler Schinkenspeck, Bresaola usw. die das Rohmaterial auch ausserhalb der Landesgrenzen beschaffen dürfen und trotzdem als GGA-geschützte Spezialität gelten. Selbst in der Schweiz kennen wir mit dem Bündnerfleisch ein solches Beispiel. Übrigens ist in der GGA-Verordnung explizit erlaubt, Rohmaterial aus dem Ausland zu besorgen. Dies wurde uns in all den Jahren auch so kommuniziert.
Seit März 2009: Der Metzgermeisterverband Appenzellerland wartet seither vergebens auf einen Entscheid des BLW’s bzgl. des Schutzes unserer Spezialität Appenzeller Mostbröckli. Das BLW seinerseits wartet den Entscheid des Parlaments zur Swissness-Vorlage ab, das die entsprechenden Bedingungen für Lebensmittel festlegen soll.
(Text: Franz Fässler, Präsident der Arbeitsgruppe Mostbröckli)
Weiterlesen:
Swissness: Chance oder Risiko?
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