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27.9.2010 Tag des Kaffees 24.9.2010 im Rückblick
Der Tag des Kaffees am 24.9.2010 stand unter dem Motto «Faszination Laffe Macchiato». Kaum ein Heissgetränk wird zur Zeit so häufig nachgefragt wie Latte Macchiato. Liegt es daran, dass es ein optischer wie kulinarischer Genuss ist? Latte Macchiato ist nichts anderes als aufgeschäumte Milch mit einem Espresso. Aber wie so oft liegt die Besonderheit im Detail: ein gut gemachter Latte Macchiato ist aus mehreren Schichten aufgebaut, die nicht ineinander verlaufen. Es sei denn man trinkt ihn oder wartet ein paar Stunden. Wie dieses physikalisch faszinierende Trendgetränk zubereitet wird, hat «foodaktuell.ch» in zwei Zürcher Cafés recherchiert, die für den «Best of Swiss Gastro»-Award 2010 nominiert sind: das Schurter und das Henrici, beide im Zürcher Niederdorf. Im Café & Take-Away Schurter, das seit 2006 zur ZFV-Gruppe gehört. Betriebsleiterin Nadine Koller arbeitet mit dem Turbosteamer des Cimbali-Halbautomaten und giesst vorsichtig den Espresso zwischen die Milch und den Schaum. Der fertige Latte Macchiato mit einer imposanten Schaumkrone. Schurter verwendet den «Italia Uno Espresso» der Rösterei Hemmi & Baur. Gemäss den Erfahrungen von Koller ist der Latte Macchiato «ein vor allem bei Frauen beliebtes Getränk, aber auch Männer bestellen ihn heute immer öfter». Schurter ist nicht nur ein Café mit Take-away sondern auch eine traditionelle Confiserie (gegründet 1869), die vor allem Zürcher Nostalgie-Spezialitäten herstellt: Hinten von links: Geduldszältli, Offleten und Zürileckerli (aus Marzipan). Vorne von links: gefüllte Hüppen und Honig-Tirggel, wobei letztere heute nicht mehr aus der eigenen Backstube stammen sondern von der Tirggelbäckerei Suter. Einige zählen zum offiziellen kulinarischen Erbe der Schweiz: www.kulinarischeserbe.ch
Im Henrici: Barista Daniel Hürst verziert den Milchschaum mit Kakaosauce. Hürst präsentiert den fertigen Latte Macchiato. Die Kaffeemischung «Henrici Express» lässt das Henrici nach eigenem Rezept bei Rast Kaffee rösten. Henrici-Chef Christoph Huber demonstriert eine Neuheit für die Schweiz: Die Kaffee-Extraktion mit einem Syphon-Glasapparat, der auf der Theke platziert ist und neugierige Blicke der Gäste anzieht. Solche Rundkolben stehen sonst nur in Chemielabors. Das «Alchimie»-Verfahren gleicht der früher weit verbreiteten italienischen Kaffeekanne «Bialetti Moka Express» mit dem Unterschied, dass sich hier der extrahierte Kaffee nicht im oberen sondern im unteren Apparatteil sammelt: durch den Dampfdruck steigt das Wasser, sickert durch das Kaffeemehl in einem Baumwollfilter und wird vom Vakuum in die untere Glaskugel gesogen. Das Henrici nimmt die zwei Syphonapparate diese Woche in Betrieb und benutzt sie für Pure Origins. Eine Füllung benötigt 30 gramm Kaffee und ergibt knapp einen Liter Getränk. Latte Macchiato und die Physik So einfach wie dieses Geschehen aussieht, genau versteht man die Vorgänge bislang nicht. Dabei wurde die nach den Physikern Claude Louis Marie Henri Navier (1785–1836) und Sir George Gabriel Stokes (1819–1903) benannte Navier-Stokes-Gleichung, die Grundgleichung der Strömungsmechanik, bereits vor über 150 Jahren aufgestellt. Doch sie ist von so komplexer Struktur, dass bis heute keine allgemeingültige Lösung der Gleichung bekannt ist. Das Interesse daran ist so gross, dass das Clay Mathematics Institute in Cambridge (Massachusetts) eine Million Dollar für die Entdeckung einer solchen Lösung ausgeschrieben hat. Natürlich geht es den Forschern dabei nicht um den Latte Macchiato. Die Strömungsmechanik spielt in vielen Naturwissenschaften eine wichtige Rolle. Ihre Gesetze beschreiben so unterschiedliche Phänomene wie die Explosion massereicher Sterne, die Dynamik von Lavaflüssen oder die Strömungen in den Ozeanen. Aber eben auch die Vorgänge im Übergangsbereich zwischen Espresso und Milch im Latte Macchiato. Denn dort kann man bereits kurz nach dem Eingiessen beobachten, wie Schichtungen entstehen, die sich deutlich voneinander abheben. Dieser Effekt wird in der Strämungsmechanik Layering genannt. Er tritt dann auf, wenn neben einem Temperaturunterschied auch ein Konzentrationsgefälle eines oder mehrerer gelöster Inhaltsstoffe existiert. Denn Temperatur und Konzentration bestimmen die Dichte einer Flüssigkeit. Auf den ersten Blick ist nicht verständlich, warum der nach dem Eingiessen vorliegende Zustand in Bewegung gerät. Sofern der Barista sauber gearbeitet hat, ist der Espresso etwas wärmer als die rund siebzig Grad Celsius heisse Milch. Da bei diesen Temperaturverhältnissen letztere dichter ist als der darüberliegende Kaffee, sollte der Zustand stabil sein. Dass dem nicht so ist, beruht auf der Temperaturdifferenz zwischen der Flüssigkeit im Glas und der Luft des umgebenden Raums. Sowohl Espresso als auch Milch kühlen an der Glaswand ab und sinken nach unten. Damit kommt eine Kreisbewegung, eine so genannte Konvektion, in Gang. Von der Mitte des Glases strömt warme Flüssigkeit zum Rand, die sich abkühlt, nach unten sinkt und so weiter. Dass die Wissenschafter der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW in ihrem Kaffeelabor forschen, wie man beim Latte Macchiato die Schaumkrone zuunterst platziert, ist nur ein Gerücht. Aber dass sie ein akademisches Kaffee-Studium anbieten, ist eine Tatsache. Siehe: Kaffee-Studium an Zürcher Hochschule Der zusätzliche Einfluss der Konzentration auf die Dichte sorgt dafür, dass die Flüssigkeit nicht bis zum Boden des Glases absinkt, sondern dass sich eine vertikale Abfolge von Konvektionszonen ausbildet. Deren genaue Anzahl ist von den physikalischen Eigenschaften der Flüssigkeit abhängig. Die Konzentration von Espresso in den Schichten nimmt dabei von oben nach unten ab. Dadurch ergibt sich, von der Seite betrachtet, das charakteristische Schichtungsbild. Da die Bewegung von zwei Faktoren, nämlich Temperatur- und Konzentrationsgefälle, angetrieben wird, spricht man auch von Doppeldiffusion. Am Ende der Konvektion und Doppeldiffusion bleibt ein optisch eher uninteressanter Milchkaffee, der zweifelsohne aber noch seine geschmacklichen Reize hat. Mehr unter: www.tag-des-kaffees.ch SCAE Schweiz – verantwortlich für den Tag des Kaffees In der Swiss-SCAE begegnen sich professionelle und private Kaffee Enthusiasten: Gastronomen, Röster, Ausrüster, Hersteller von Kaffeemaschinen, Importeure, private Gourmets und Vertreter von anderen Kaffee-Vereinigungen. Gemeinsam setzt man sich für Schulung und Wissensvermittlung ein. www.swissscae.ch
(Text: SCAE. Bilder und Legenden: foodaktuell.ch) Weiterlesen: Dossier Kaffee | |||||||||