Food aktuell
Varia
7.6.2011
Ausländische Bevölkerung als Zielgruppe

Kroatisches Bier, ungarische Teigwaren, Hühnerfleischaufstrich aus Slowenien: Das Sortiment von Migros und Coop wird immer multikultureller.



Mit Ethnofood wollen die Schweizer Grossverteiler die Bedürfnisse einer wachsenden ausländischen Bevölkerung nach Produkten aus ihrer Heimat befriedigen.


Die Verpackung mit der abgebildeten Moschee versprüht ein orientalisches Flair. Der Geschmack ist zwar angenehm erfrischend, für den Schweizer Gaumen aber aufgrund des enthaltenen Salzes etwas gewohnheitsbedürftig. Die Rede ist von "Hazal Ayran", einem aus Nature-Joghurt, Wasser und einer Prise Salz bestehenden türkischen Erfrischungsdrink, der seit April in den Verkaufsregalen der Migros Genossenschaft Zürich steht.

Hergestellt wird er im solothurnischen Obergerlafingen von der Molkerei Lanz – nach Originalrezeptur. Neu im Sortiment der Migros Zürich steht überdies ein Hazal-Joghurt, das sich durch eine kompakte Konsistenz und einen Milchfettgehalt von zehn Prozent auszeichnet.



Hazal-Joghurt in der Migros: ein stichfestes Naturejoghurt mit 10% Milchfett (ungesalzen)


Dass die Migros türkische Molkereiprodukte im Sortiment führt, freut Mesut Gönç von der türkischen Gemeinschaft Winterthur: "Als Migrant betrachte ich das als eine Geste der Anerkennung und Zugehörigkeit." Der Erfrischungsdrink Ayran sei ein türkisches Nationalgetränk und daher sehr beliebt. Es entspreche einem Bedürfnis, wenn Migros und Coop zukünftig vermehrt solche Lebensmittel verkaufen, erklärt Gönç.

Immer mehr Multikulti

Die türkischen Molkereiprodukte sind längst nicht die einzigen Lebensmittel aus einem anderen Kulturkreis, die die Migros in ihren Läden verkauft. Im Mai 2010 wurde ein Südosteuropa-Sortiment eingeführt. Dazu gehören etwa eine kroatische Würzmischung, ein slowenischer Hühnerfleischaufstrich oder mit Sauerkraut gefüllte Paprika aus Bosnien-Herzegowina. Und im September der vergangenen Jahres wurde das Sortiment um Produkte aus Nordafrika erweitert. Schon länger in den Migros-Regalen stehen beispielsweise Lebensmittel aus Mexiko, Portugal, China, Japan oder Thailand.

Deutsches Roggenbrot in der Migros für die grosse und wachsende Gemeinde der in der Schweiz niedergelassenen Deutschen. Auch gewerbliche Bäckereien wie Buchmann haben diese Zielgruppe entdeckt.

Zwar spreche die Migros mit diesen Produkten primär Leute aus diesen Ländern an, erklärt Mediensprecherin Monika Weibel. "Wir stellen aber auch fest, dass diese Lebensmittel viele Schweizer Kunden ansprechen." Die Ethno-Produkte, die mehrheitlich importiert werden, würden generell sehr gut laufen, erklärt Weibel weiter. "Besonders die neuen Osteuropa-Lebensmittel kommen gut an."

Auch Coop führt in seinem Sortiment immer mehr Produkte aus anderen Kulturkreisen. 2008 wurden portugiesische Spezialitäten ins Sortiment aufgenommen. Im Juni 2009 führte der zweitgrösste Schweizer Detaillist eine Produktelinie mit südosteuropäischen Lebensmitteln ein. Umsatzzahlen werden zwar keine bekannt gegeben, die Tatsache aber, dass das Sortiment von anfänglich 90 Produkten auf heute 150 angewachsen ist, deutet auf positiven Absatz und eine grosse Nachfrage hin.


Wurstwaren aus Deutschland bei Coop

Die Mehrheit dieser Lebensmittel werden importiert. "Wir wollen den Leuten Original-Produkte und -Marken bieten, die sie aus ihrer Heimat kennen", erklärt Mediensprecherin Denise Stadler. Auch bei Schweizern kämen diese Produkte gut an. Allerdings seien mexikanische oder asiatische Lebensmittel beliebter, diese seien jedoch oft dem hiesigem Geschmacksempfinden angepasst.

Nicht nur für die südosteuropäische Bevölkerung bietet Coop eine Produktelinie an, sondern auch für die zweitgrösste Ausländergruppe, die Deutschen. So gibt es nebst diversen Bieren auch Weisswürste oder etwa süssen Senf zu kaufen. Schwergewichtig werden diese Produkte im Raum Zürich angeboten, weil dort mit knapp 80'000 Personen eine grosse deutsche Gemeinde existiert.

Globalisierung im Verkaufsgestell

Dass Schweizer Detaillisten ihr Sortiment mit Produkten aus aller Welt erweitern, erstaunt wenig. So wächst die ausländische Bevölkerung seit Jahren an. Laut Bundesamt für Statistik lebten 1990 rund 1,1 Mio. Menschen mit einem ausländischen Pass in der Schweiz. 2009 waren es 1,7 Mio. Personen. Andererseits sind in einer globalisierten Welt dank Mobilität und Reisetätigkeit längst auch die Essgewohnheiten global geworden. Was von den Ferien bekannt ist, möchte man auch in der Schweiz ausprobieren – etwa Sushi aus Japan, Paella aus Spanien oder Rindfleisch-Curry aus Thailand. (Text: LID / Michael Wahl)

Copyright http://www.foodaktuell.ch