Food aktuell
Varia
17.1.2006
Buchtipp: Wie isst die Schweiz?

Echte und vermeintliche Gesundheitsrisiken im neusten Schweizer Ernährungsbericht 2005.


Der 5. Schweizerische Ernährungsbericht SEB kommt zur Erkenntnis, dass in der Schweiz viele wichtige Voraussetzungen gegeben sind, damit sich alle gesund und ausgewogen ernähren können. Aber die Möglichkeiten werden noch zu wenig genutzt.

Die wirklichen und grossen Gesundheitsrisiken liegen nicht in der Verunreinigung von Lebensmitteln durch unerwünschte Substanzen, sondern in der Fehlernährung. Beispiele: Vordringlichstes Ernährungsproblem ist die weite Verbreitung und die stetige Zunahme an übergewichtigen und fettleibigen Menschen. Und eine Untersuchung in fünfzig grösseren Spitälern zeigte, dass zwanzig bis vierzig Prozent aller hospitalisierten Patienten Zeichen von Mangelernährung aufweisen.


Ernährungsbedingte Krankheiten sind heute das Gesundheitsrisiko Nummer eins, aber der SEB zeigt auch Lösungswege auf. Interessant sind ferner die neunen Erkenntnisse zum Vegetarismus. Vegetarier sind oft gesünder als Nicht-Vegetarier – nicht wegen des Fleischverzichts: Sie essen viel Früchte, Gemüse, Nüsse und Vollkornprodukte und pflegen auch sonst einen gesundheitsbewussteren Lebensstil.

Die wissenschaftliche Ausgabe des Ernährungsberichts (in Buchform und auf CDRom) umfasst 1070 Seiten und acht Kapitel. Eine gekürzte und leicht verständliche «Populärfassung» mit einem Faltblatt und Tipps für den Alltag enthält die wichtigsten Erkenntnisse.
Einige Beispiele aus dieser Kurzfassung (70 Seiten im Format A5):


Nutri-Trend-Studie:

Das Wissen der Schweizer Bevölkerung zum Thema Ernährung ist recht gut, und Ernährung ist für die Schweizer Bevölkerung sehr wichtig: 74 Prozent legen grossen Wert auf ihre Ernährung, davon 92 aus gesundheitlich orientierten und Wellness-Gründen. Kalorien-Zählen ist nicht populär, genauso wenig wie Light-Produkte, aber achzig Prozent der Schweizer wissen, dass eine ausgewogene Ernährung wichtig für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen ist.


42 Prozent kennen die Lebensmittel-Pyramide (erstes Bild) und 18 Prozent versuchen, diesen Vorgaben zu folgen. 89 Prozent wissen, dass Früchte, Salat und Gemüse wichtig für die Gesundheit sind. Die meisten Befragten sagen, dass sie «häufig» Früchte oder Fruchtsaft (68 Prozent), Gemüse und Salat (79 Prozent) essen. Aber dies bedeutet normalerweise nur je einmal am Tag, was wesentlich weniger ist als die empfohlenen «5 am Tag». 31 Prozent der Befragten frühstücken gar nicht mehr oder unregelmässig, eine Tendenz, die bei Jüngeren noch ausgeprägter ist.


Nach wie vor die wichtigste Mahlzeit während der Woche ist für die meisten (63 Prozent) seit vielen Jahren das Mittagessen. Noch immer ist es in der Schweiz üblich, das Mittagessen zu Hause einzunehmen (66 Prozent insgesamt, 61 Prozent der Erwerbstätigen), allerdings mit sinkender Tendenz bei den jüngeren Leuten (39 Prozent der 18- bis 24-Jährigen).

Wie sicher sind unsere Lebensmittel?

In den letzten Jahren haben verschiedene Lebensmittelskandale die Bevölkerung aufgeschreckt: Antibiotika-Rückstände in Pouletfleisch und Crevetten, epoxidiertes Sojabohnenöl in Tomatensauce oder verbotener Sudan-I-Farbstoff in Paprikapulver sind nur einige aktuelle Beispiele. Sind unsere Lebensmittel nicht mehr sicher?

Lebensmittel können neben gesundheitsfördernden Stoffen auch Substanzen enthalten, welche einen negativen Effekt auf die Gesundheit haben. Diese kommen entweder natürlicherweise in den Lebensmitteln vor (z.B. gewisse Proteine in rohen Bohnen) oder treten als unbeabsichtigte Verunreinigung auf (z.B. Dioxine in Fleisch). Dank neuen Analysemethoden können immer mehr möglicherweise gesundheitsgefährdende Substanzen in immer kleineren Mengen nachgewiesen werden.


Dabei handelt es sich jedoch meist nicht unbedingt um neue, sondern um neu entdeckte Risiken. Der Nachweis einer unerwünschten Substanz gibt den Behörden die Möglichkeit einzuschreiten. So wird zum Beispiel Acrylamid (eine möglicherweise Krebs erregende Substanz) wohl seit jeher bei derZubereitung von Kartoffelprodukten wie Pommes frites, Kartoffelchips und Rösti gebildet. Aber erst dank dem Nachweis iin Jahr 2002 konnten die Behörden Massnahmen zur Senkung der Acrylamidbelastung der Bevölkerung ergreifen.

Übergewicht und Fettsucht

Vordringlichstes Ernährungsproblem ist in der Schweiz, wie in anderen Industriestaaten, die weite Verbreitung und die stetige Zunahme an übergewichtigen und fettleibigen Menschen. Nach der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2002 sind 37 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig (mit einem Body Mass Index BMI von 25 bis 29,9) oder stark übergewichtig (= fettleibig oder adipös, mit einem BMI von 30 und mehr). Dieser Anteil hat sich in den letzten Jahren vergrössert, 1992 waren es noch 30 Prozent.

Starkes Übergewicht erhöht das Risiko für Zuckerkrankheit (Diabetes Typ 2), Bluthochdruck, Störungen der Blutfettwerte, Herz-Kreislauf-Krankheiten und verschiedene Krebserkrankungen. Die Forschung sucht nach den Ursachen und nach einer wirkungsvollen Prävention und bringt dabei zu Tage, dass das Problem alles andere als einfach ist: Die Zunahme übergewichtiger Menschen in der modernen Gesellschaft ist ein komplexes Phänomen, das nach sozialem Umfeld ganz unterschiedlich angepackt werden muss.

Für das immer häufigere Übergewicht verantwortlich sind laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) - in erster Linie unsere vorwiegend sitzende Lebensweise mit wenig körperlicher Aktivität und der häufige Konsum von energiereichen Nahrungsmitteln, Der beste Schutz vor Übergewicht bieten demnach regelmässige Bewegung und eine nicht zu energie-, aber dafür nahrungsfaserreiche Ernährung.

Kinder und Jugendliche aus einem familiären und schulischen Umfeld, wo eine gesunde Ernährung und Bewegung vorgelebt und gefördert werden, leiden weniger häufig an Übergewicht. Menschen hingegen, die häufig vor dem Fernseher und Computer sitzen, sind aufgrund mangelnder Bewegung häufiger übergewichtig.


Fast Food spiegelt als Ernährungstrend unseren hektischen Alltag wider. Die unterwegs verzehrten Schnellimbisse werden immer beliebter und bestehen meistens aus energiereichen Nahrungsmitteln und zuckerhaltigen Getränken, welche die Energiebilanz ans dem Gleichgewicht bringen. In der Schweiz konsumieren zum Beispiel fast ein Fünftel der 15- bis 24-Jährigen mehr als zweimal pro Woche Fast Food.

Text aus «Wie isst die Schweiz? Illustrierte Populärfassung des 5. Schweizerischen Ernährungsberichtes des Bundesamtes für Gesundheit BAG, 3003 Bern.

Bilder: foodaktuell

Zum Thema «Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis» findet am Freitag, 9.6.2006 in Bern eine Fachtagung statt, organisiert von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE, dem BAG und dem Schweizerischen Verband dipl. ErnährungsberaterInnen SVDE.

Informationen: www.sge-ssn.ch

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