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31.7.2011 EHEC: Bilanz einer schweren Lebensmittelkrise
Konsumenten können aufatmen. Die schwere EHEC-Krankheitswelle, an der seit Mai 2011 rund 4320 Menschen zum Teil schwer erkrankt waren, ist vorüber. Das Robert-Koch-Institut erklärte den EHEC -Ausbruch am 26.7.2011 für offiziell als beendet, nachdem seit dem letzten Erkrankungsbeginn vor drei Wochen kein neuer Erkrankungsfall mehr aufgetreten ist. Ägyptische Bockshornkleesamen gelten als Ursache der schweren EHEC-Erkrankungsfälle im Mai und Juni 2011 in Deutschland und Frankreich. Es war das grösste EHEC-Ausbruchsgeschehen, das in Deutschland jemals beschrieben wurde. Das feucht-warme Klima bei der Sprossenproduktion hatte das Wachstum der gefährlichen EHEC-Erreger begünstigt. Vor allem über den Verzehr von Sprossen hatten sich die Verbraucher mit dem gefährlichen Krankheitserreger infiziert. Bei diesem Ausbruch litten viele Menschen an der lebensbedrohlichen Folgeerkrankung hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), so viele wie noch niemals zuvor. Der als menschlicher Fäkalkeim auf den Sprossensamen gefundene EHEC-Keim O104:H4 entfaltete durch ein von ihm gebildetes Toxin im menschlichen Darm seine verheerende Wirkung und verursachte so die schweren Erkrankungsverläufe. Der Erreger ist äusserst schwierig nachzuweisen und gilt in der natürlichen Umwelt als anspruchslos und resistent gegenüber Säure, Salz, Trockenheit, Kälte und Tiefgefrieren. Lediglich durch Hitze und Bestrahlung lassen sich EHEC-Bakterien wirksam abtöten. Aufgrund der seit 2002 EU-weit geltenden Pflicht zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, nach der Unternehmer dokumentieren müssen, woher sie ihre Rohstoffe beziehen und wohin sie ihre Produkte liefern, gelang es den Behörden Ende Juni 2011, die ägyptischen Bockshornkleesamen als Ausbruchsursache zu identifizieren. Rund 37 Tonnen davon wurden in den Jahren 2009 und 2010 importiert. Zum Schutz der Verbraucher galt ab dann eine Verzehrwarnung für rohe Sprossen und Keimlinge. Zusätzlich verhängte die Europäische Kommission am 6. Juli 2011 zum Schutz der Verbraucher ein EU-weites Importverbot für Bockshornkleesamen und einige andere Samen und Bohnen, das bis zum 31. Oktober 2011 gilt. Seitdem werden nicht ausreichend behandelte Produkte mit ägyptischen Bockshornkleesamen vom Markt genommen und vernichtet. Die offiziellen Verzehrwarnungen haben am Markt deutliche Spuren hinterlassen. Bereits am Tag nach dieser Warnung waren Sprossen quasi unverkäuflich. Eine Woche später verzeichneten Gastronomen der asiatischen Küche laut einer Branchenumfrage rund 12 Prozent weniger Besucher. Die Pizza- und Pasta-Anbieter dagegen profitierten vom Einbruch der Sprossenküche mit einem Besucherzuwachs von rund neun Prozent. Am 21. Juli 2011 wurde die Verzehrwarnung für rohe Sprossen und Keimlinge mit Ausnahme von ägyptischen Bockshornkleesamen wieder aufgehoben. Wie schnell sich die Umsätze bei den Produzenten und in der Gastronomie erholen werden, wird sich zeigen. Glücklicherweise gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass ausser Sprossen auch andere mit Bockshornkleesamen hergestellte Lebensmittel EHEC-Erkrankungen ausgelöst haben. Aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen sowie Sprossen und Keimlinge, die aus diesen Samen gezogen wurden, sollten aber weiterhin nicht roh verzehrt werden. Eine Verbreitung von EHEC-Bakterien durch Mensch-zu-Mensch-Übertragung (Schmierinfektion) ist auch in Zukunft möglich. Daher raten die Behörden Verbrauchern und Catering-Unternehmen weiterhin, konsequent die Hygieneregeln einzuhalten. (Text: aid 27.7.2011) | ||