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31.7.2011 Tiefstpreise für Schweinefleisch
Schweinefleisch ist so billig wie schon lange nicht mehr. Die Züchter und Produzenten kommen deshalb mehr und mehr in Bedrängnis. Der Produzentenverband Suisseporcs appelliert an die Züchter und fordert unverzügliche Massnahmen an der Verkaufsfront. Die Preise für Schweinefleisch befinden sich in einer Abwärtsspirale. Am deutlichsten zeigt sich der aktuelle Preiszerfall bei den Schlachtschweinen. Derzeit liegt der Preis bei 3.50 Franken pro Kilo Schlachtgewicht. Zum Vergleich: Zur selben Zeit im Vorjahr lag der Preis 60 Rappen höher. "Ob der Preis weiter sinkt, wird sich weisen, eine längere Durststrecke ist nicht auszuschliessen", sagt Felix Grob, Geschäftsführer von Suisseporcs. Dem Verband sind allerdings die Hände gebunden, denn gemäss Statuten darf Suisseporcs nicht aktiv in den Handel eingreifen. "Wir können einzig die Marktsituation realistisch aufzeigen und uns dafür einsetzen, dass die tiefen Preise sofort und vollumfänglich an den Konsumenten weitergegeben werden", sagt Grob. Damit die aktuelle Menge an Schweinefleisch erfolgreich unter die Konsumenten gebracht werden kann, müssten absatzfördernde Massnahmen an der Verkaufsfront getätigt werden. Das heisst: Preiskracher und Aktionen in den Regalen der Detailhändler. Erste Reaktionen gebe es, doch verlaufe die Preissenkung im Verkauf eher schleppend. "Wenn unsere Marktpartner attraktive Verkaufspreise machen und die nun wirklich tiefen Einstandspreise weitergeben, kann der Absatz gesteigert werden", schreibt Suisseporcs. Verkaufsförderung nötig Die Detailriesen Migros und Coop sagen auf Anfrage, dass die Verkaufspreise bislang mehrmals gesenkt wurden und es regelmässig Aktivitäten auf Schweinefleisch und Charcuterie mit Rabatten bis zu 50 Prozent gebe. Die Migros hat die Preise für Koch- und Rohschinken per 4. Juli national gesenkt. "Die Migros kommt in diesem Sinne den Forderungen von Suisseporcs bereits nach und gibt die derzeit günstigen Preise an die Kunden weiter", so Monika Weibel, Mediensprecherin bei Migros. Bei Coop werden von Woche zu Woche weitere Aktionen folgen. "Wir helfen mit unseren Verkaufsförderungsmassnahmen, die Überproduktion abzubauen", so Denise Stadler von Coop. Der Markt spiele nicht mehr mit, so dass die Überproduktion und einhergehend der latente Druck auf die Preise nicht abnehmen. Es brauche deshalb eine Anpassung. Stadler fügt hinzu: "Wichtig wäre zudem, dass sich die Produktion künftig auch stärker nach den Kundenbedürfnissen richtet." Der Markt sei zum Beispiel nicht in der Lage andere Fleischsorten wie Schweizer Geflügel oder Schweizer Rind zu befriedigen. Dieses Ungleichgewicht müsse ausgeglichen werden. Ungewöhnlich tiefe Preise Ein Preisrückgang während des Sommers ist zwar durchaus üblich – besonders in der gegenwärtigen Feriensaison – doch setzte er dieses Jahr anfangs Juni relativ früh und heftig ein. Und auch eine zyklusgemässe Erholung ist so schnell nicht in Sicht. Die Produzenten müssen mit massiven Einbussen rechnen. Laut Suisseporcs steht das grosse Angebot einer mittleren Nachfrage gegenüber und die Schlachtschweine können nicht vollständig am Markt platziert werden. Grob vermutet, dass die heutige Preissituation auf die guten Preise von 2008 zurückzuführen sei. Denn nachdem Kastenstände – körpergrosse Käfige für je ein Tier – im 2007 verboten wurden, führten die daraufhin getätigten Investitionen der Betriebe zu höherer Produktion. Die steigende Professionalisierung der Betriebe, der genetische Zuchtfortschritt und die besseren Gesundheit der Tiere durch Impfungen begünstigen die jetzige Überproduktion. "Besonders problematisch ist, dass zu viele Muttertiere gehalten werden", so Grob. Momentan wird vor allem abgewartet bis sich die Situation auf dem Markt gewissermassen von selbst regelt und sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wieder stabilisiert hat. Damit sich solche extremen Zustände nicht wiederholen, wären nachhaltig greifende Massnahmen nötig. Die Durchsetzung einer eventuellen Schweinekontingentierung oder gar Schlachtprämie für Muttertiere ist aber laut Grob rein politisch nicht möglich: "Das wäre zwar denkbar, aber nicht realisierbar." Eine Absenkung der Produktion auf 90 Prozent mache für die einzelbetriebliche Produktion keinen Sinn. Die Mehrheit der Produzenten produziert deshalb nach wie vor auf 100 Prozent. "Das einzige was sinkt sind die Preise", kommentiert Grob. Einzelne Mäster melden ihre Schlachtschweine bereits zu früh an, weil sie Angst vor noch schlechteren Preisen haben. Ein im Durchschnitt 3 bis 4 Kilo tieferes Schlachtgewicht würde den Markt entlasten, aber Posten mit einem sehr tiefen Schlachtgewicht dienen weder dem Mäster noch dem Abnehmer, sagt Grob. Die Produzenten haben es in der Hand Seit einem Jahr schon appelliert Suisseporcs an die Züchter, die Anzahl Mutterschweine zu reduzieren. Ohne Erfolg, bis Ende Mai 2011 wurden 2,3 Prozent mehr Schweine geschlachtet als in der gleichen Vorjahresperiode. "Nur wenn jetzt sofort weniger Mutterschweine belegt werden, sind in zehn Monaten endlich weniger Schlachtschweine auf dem Markt", fügt Grob an. Der Ball liegt also in erster Linie bei den Züchtern. Die Schwierigkeit aber besteht darin, eine Einheit der Produzenten zu bewirken: Denn kaum ein Betrieb reduziert freiwillig, ohne sicher sein zu können, dass die andern ebenfalls mitziehen. (Text und letztes Bild: LID / Kathrin Honegger) | ||