Food aktuell
Varia
31.8.2011
Wissenswertes über Jagd und Wild

Im Sepember beginnt die Herbstjagd und die Wildsaison in der Gastronomie. Welche Jagdmethoden und -systeme gibt es heute und wie teilen Jäger die Wildarten ein?

Jagen auf Schalenwild kann als Einzeljagd und als Gesellschaftsjagd ausgeübt werden. Zur Einzeljagd zählen die Jagdarten, die der Jäger allein (mit Jagdführer und/oder Hund) ausübt, also Ansitz und Pirsch. Zur Gesellschaftsjagd werden die Jagdarten und deren Formen gerechnet, die mehrere Jäger mit Treibern und/oder Hunden durchführen.

Bei der Einzeljagd gebührt dem Ansitz (Bild: Hochsitz) gegenüber der Pirsch der Vorrang. Das Wild wird beim Ansitz am wenigsten beunruhigt. Der Ansitz - richtig und massvoll ausgeübt - ist die schonendste Art der Bejagung des Schalenwildes. Das Wild lässt sich beim Ansitzen meist über längere Zeit beobachten und gewissenhaft ansprechen. Weiterhin kann der Jäger von seinem Stand- oder Sitzplatz aus einen sicheren Schuss anbringen. Der Ansitz verlangt vom Jäger aber eine nie erlahmende Ausdauer.

Die Pirsch hält für den Jäger immer neue Bilder bereit. Aus der ununterbrochenen Spannung heraus, der der Jäger auf der Suche nach Wild unterliegt, entspringt das Gefühl des unmittelbaren Jagens. Doch Pirschen setzt hohes weidmännisches Können voraus, verlangt stets volle Aufmerksamkeit und überlegtes und bedächtiges Bewegen im Revier, um den scharfen, immer wachen Sinnen des Wildes zu entgehen. Wer sich zu diesen Voraussetzungen nicht erziehen kann und dennoch pirscht, schadet dem Wild, stört seinen Tagesrhythmus, nimmt ihm die Ruhe, die es zu seinem Wohlbefinden benötigt.

Der Erfolg von Ansitz und Pirsch wird wesentlich von der Jahreszeit, dem Wetter, dem Äsungs- und Frassangebot, den Gewohnheiten des Wildes und der Bestandsdichte im Revier bzw. im Einstandsgebiet beeinflusst. Das bedeutet, durch Reviergänge zur richtigen Zeit die ständig wechselnden, vor allem die zeitlichen Gewohnheiten des Wildes sorgfältig zu bestätigen, um sich bei Ansitz und Pirsch immer neu darauf einstellen zu können.

Der Jäger, der weder die augenblicklichen Einstände des Wildes noch ihre bevorzugten Äsungs- bzw. Frassplätze und die Wechsel zwischen diesen Örtlichkeiten genau kennt sowie die zeitlichen Gewohnheiten nicht einschätzen kann, aufs Geratewohl ansitzt oder pirscht, wird mehr Wild vergrämen als zur Strecke bringen. Diese jagdlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten erwirbt der Jäger einzig und allein in der jagdlichen Praxis.

Bewegungsjagd als abgefasster Allgemeinbegriff kennzeichnet keine spezielle Jagdart, da das Bestimmungswort „Bewegung“ alles offen lässt, keine Jagdart oder Jagdform näher bestimmt. Für die Gesellschafts-Jagdarten gibt es eindeutige Bezeichnungen, die wir dafür gebrauchen sollten. Das Standtreiben kann als kleines oder grosses Standtreiben angelegt werden, je nach Umfang und Zuschnitt der Einstände. Die Schützen nehmen am bzw. in bestimmter Entfernung vom Treiben punktuell in der Nähe der Wechsel ihre Stände ein, und der oder die Treiber gehen leise (Drückjagd) oder laut und mit Hunden (Treibjagd) durch den Einstand. Wird nur mit Hunden gejagt, dann handelt es sich um eine Stöberjagd.

Das grosse Standtreiben ist die klassische Waldjagd auf Rotwild (Drückjagd) und auf Sauen (Treib- bzw. Stöberjagd). Arbeitet nur ein Hundeführer die Fährte der eingeschobenen Sauen aus, dann handelt es sich um eine reine Finderjagd.

Um die feststeckenden Sauen auf die Läufe zu bringen, erfolgt das zweite Durchgehen laut und mit Hundeunterstützung in den Saueneinständen. Die Jagd ist der Form nach dann eine kombinierte Ansitzdrück- und -treibjagd. Handelt es sich durchweg um grosse Einstände, in denen das Wild den Treibern geschickt ausweicht, ohne auszuwechseln, muss ausschliesslich mit Hunden gejagt werden.

Der Erfolg der Jagd wird in erster Linie von der Art und der Qualität der Beunruhigung bestimmt. Die Schussleistung der Schützen kommt erst zum Tragen, wenn das beunruhigte Wild nicht nur auf die Läufe, sondern zum langsamen Wechseln in entferntere Einstände angeregt wird. (Text und Bild aus: Jagdarten auf Schalenwild, von Dr. Hans-Dieter Willkomm, 104 Seiten, DIN A4-Format, zahlreiche Fotos und Übersichten, 11,90 EUR, Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH, www.dlv.de)



Abtransport einer Gemse




Jagdmethoden, Jagdrecht, Jagdsysteme, Wildarten

Einige erlaubte Jagdmethoden:

Einzeljagd: Mit Hilfe eines Hundes „durchsucht“ man Felder oder Waldabschnitte

Gesellschaftsjagd: mehr als drei Personen als Jagdausübende

Ansitz: Beim Ansitz – der am meisten verbreiteten Jagdart – wartet ein Jäger an einer geeigneten Stelle, häufig auf einem Hochsitz. Wild, welches vorbeizieht, kann so in Ruhe beobachtet, angesprochen (erkannt) und gegebenenfalls erlegt werden. Beim Ansitz wird hauptsächlich auf Schalenwild sowie Raubwild gejagt.

Pirsch: Hierbei begeht der Jäger vorsichtig und leise das zu bejagende Gebiet, er „pirscht“ bzw. schleicht sich sozusagen an.

Treibjagd: Eine Gesellschaftsjagd, bei der mehrere Treiber und Hunde das Wild hoch (= flüchtig) machen. Treibjagden werden meist auf offenen Flächen auf Hasen und anderes Niederwild ausser Rehwild ausgeübt. Eine oftmals angewendete Art der Treibjagd ist das Kesseltreiben (es wird nur Schrot verschossen). Hierbei wird von abwechselnd postierten Schützen und Treibern ein Kessel von mindestens einem Kilometer Durchmesser gebildet, Schützen und Treiber marschieren gemeinsam auf den Mittelpunkt zu.

Drückjagd: maximal vier Treiber gehen mit oder ohne Begleitung von Hunden ruhig durch das zu bejagende Gebiet, um die Wildtiere langsam in Bewegung zu bringen und aus den Einständen zu „drücken“. Das Wild wird im Gegensatz zur Treibjagd nicht hochflüchtig aus seinen Einständen getrieben, sondern zieht in gemässigtem Tempo durch das bejagte Gebiet. Das Wild kommt zumeist auf seinen gewohnten Wechseln auf die wartenden Jäger zu. Diese haben ausreichend Zeit, das Wild zu beurteilen (Fachsprache: anzusprechen) und zu erlegen – oder eben auch nicht. Bei Drückjagden wird vorwiegend Schalenwild, aber auch Fuchs und Hase bejagt.

Bewegungsjagd: Überbegriff für alle Jagdarten, bei denen das Wild von Treibern (Drückern) oder Hunden beunruhigt und aus den Tageseinständen getrieben oder aufgescheucht wird, also Treibjagd, Drückjagd, Riegeljagd und Stöberjagd.

Gatterjagd, bei der das betreffende Tier in einem Gatter oder Gehege erlegt wird.



Abtransport eines Wildschweins



Schweizer Jagdrecht in Kürze:

In der Schweiz regelt das Jagdgesetz die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel. Die kantonalen Gesetze legen das Jagdsystem fest (Revierjagd, Patentjagd, Staatsjagd). Die Kompetenz des Bundes beschränkt sich im Wesentlichen auf die Festlegung der jagdbaren Arten und der Schonzeiten sowie auf die Ausscheidung von eidgenössischen Jagdbanngebieten (Schutzzonen).

Das eidgenössische Jagdgesetz ist somit ein Artenschutzgesetz; es stellt Schutz vor Regulierung und jagdliche Nutzung. Regulierung und Nutzung der Wildpopulationen, also die Bestimmungen über die Jagdberechtigung, das Jagdsystem, das Jagdgebiet und die Jagdaufsicht, werden in den kantonalen Jagdgesetzen geregelt. So ist gewährleistet, dass beim Jagdbetrieb auf die regionalen Eigenheiten hinsichtlich der vorkommenden Wildarten, Lebensräume, Probleme und Traditionen Rücksicht genommen wird.

Die Jagd ist in der Schweiz ein hoheitliches Recht und kommt damit grundsätzlich dem Staat, d. h. den Kantonen, zu. Dies äussert sich in drei verschiedenen Jagdsystemen.

Die Kantone Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau und Zürich kennen die Revierjagd: In diesen sog. Revierkantonen werden die Jagdrechte vom Kanton als Einzelreviere, die gewöhnlich eine politische Gemeinde umfassen, an Jagdgesellschaften verpachtet, die dafür einen Pachtzins entrichten. Im betreffenden Gebiet dürfen ausschliesslich die Pächter und von diesen Eingeladene jagen.

Die meisten anderen Kantone, also besonders die Alpenkantone, die grossteils französischsprachige Westschweiz sowie der Kanton Bern, kennen die Patentjagd: In diesen sog. Patentkantonen kann jeder Jäger nach der Lösung eines staatlichen Jagdpatents im ganzen Kantonsgebiet mit Ausnahme der Jagdbanngebiete jagen. Dabei ist festgelegt, welche und wie viele Tiere er während der kurzen Jagdzeit erlegen darf. Die Jäger bezahlen jährlich Patentgebühren.

Ein einziger Kanton, Genf, kennt die Staatsjagd, welche ein Jagdrecht von Privatpersonen ausschliesst. Hier wird die Jagd von staatlich besoldeten Wildhütern ausgeübt. Entstandene Wildschäden werden durch den Kanton und somit aus Steuergeldern beglichen.



Reh-Wild



Einige kulinarisch relevante Wildarten im Überblick:

Haarwild: Säugetiere.

Federwild: Vögel

Schalenwild: Paarhufer d.h. Hornträger, Geweihträger und Wildschweine. Deren Klauen werden in der Jägersprache als Schalen bezeichnet.

Schwarzwild: Wildschweine

Hochwild: alles Schalenwild mit Ausnahme des Rehwildes. Dessen Jagd war früher dem hohen Adel (Hohe Jagd) vorbehalten war.

Niederwild. Alles übrige Wild. Das Niederwild durfte früher auch von anderen Personengruppen bejagt werden (Niedere Jagd).



Saisonale Aktivitäten der Jäger (Beispiel Solothurn)

Januar / Februar
Beobachten, Fährten und Spuren lesen, bei strengem Frost und hohem Schnee Äsungspflanzen (Efeu, Brombeer) freilegen, ev. Futterstellen betreuen

März
Jagdruhe; Beobachten, Salzlecken beschicken, Wild zählen (z.T. nachts mit Scheinwerfern), Abschusspläne erstellen, Ablenkfütterungen erstellen für Wildschweine, Wildschutzeinrichtungen an Strassen erneuern, Zäune entfernen, Hochsitze und Futterstellen erneuern

März
Jagdruhe; Beobachten, Salzlecken beschicken, Wild zählen (z.T. nachts mit Scheinwerfern), Bejagungspläne erstellen, Ablenkfütterungen errichten für Wildschweine, Wildschutzeinrichtungen an Strassen erneuern, Zäune entfernen, Hochsitze und Futterstellen erneuern

April
Jagdruhe. Jagdliches Standschiessen üben, Weiterbildungskurse für Jäger und Hundeführer, ev. Tollwutimpfung der Füchse ausbringen

Mai
Jagdprüfung; Hegejagd/Einzeljagd mit Kugelwaffen auf Rehbock («Sommerbock») und nicht führende weibliche Tiere

Juni
Jungwild schützen, Rehkitze retten, Wildäcker bestellen, Ablenkfütterungen/Äsung schaffen

Juli
Hegejagd/Einzeljagd auf Rehbock, Fuchs, Dachs, Wildschwein

August
Pirsch oder Ansitz auf Sommerbock («Erntebock»)

September
Vorbereitung der Herbstjagd, Schweisshundeprüfung, Jagd auf Flugwild

Oktober / November
Gesellschaftsjagd mit Flinten, Treibern und Jagdhunden auf Reh, Fuchs und Wildschwein; Hegejagd/Einzeljagd auf Fuchs, Wildschwein, Dachs, Marder, Rabenvögel, Tauben; Hubertusfeiern; Gottesdienste mit Jagdhornbläsern; Wildsaison in Restaurants

Dezember
Gamsjagd im Jura, Fuchsjagd, Waldweihnacht



Etwas Jägerlatein

Unter Jägerlatein versteht man die mehr oder weniger wahren Erzählungen von Jägern, die die Zahl und besonders die Grösse der erlegten Tiere übertreiben. Bismarck sagte dazu: „Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.“ Analoge Übertreibungen von Sportfischern nennt man Anglerlatein.

Bild: Grizzlybär (nicht im Schweizer Nationalpark erlegt. Dort gibt es übrigens auch keine Krokodile oder Dinosaurier)

Ein Witz zum Thema Jägerlatein: Drei Jäger sitzen im Wirtshaus und erzählen von ihren Jagden. Der erste: „Ich hab mal ein Wildschwein geschossen, das war so schwer, dass drei Traktoren nötig waren, es wegzuschaffen.“ Da sagt der zweite: „Ich habe einmal einen so grossen Hirsch geschossen, dass die Bäume um ihn herum geschlagen werden mussten, bevor man ihn bergen konnte.“ Darauf der dritte: „Das ist noch gar nichts! Ich habe mal einen Silberreiher erlegt, und auf einmal stiegen 150 Leute aus!“ (Dieser Witz stammt wohl aus den USA, und der Silberreiher war ein Greyhound-Fernreisebus)

Nützliche Links:
www.jagdschweiz.org
http://www.jagdschule.ch/
http://www.spw.ch

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