Food aktuell
Varia
16.2.2012
Interview mit Baristameister 2012 Philipp Meier



Philipp Meier, Student der Islamwissenschaften, ist Barista Schweizermeister 2012 und war dies schon im Jahr 2009.


Von 10. bis 12. Februar 2012 hat in St. Gallen die 13. Barista Schweizer Meisterschaften stattgefunden, organisiert von der Swiss Speciality Coffee Association SCAE. 35 Baristi wetteiferten um den Sieg. In der Disziplin der Alleskönner „Barista“ gewann Philipp Meier mit 600 Punkten. Der Schweizer, der zurzeit als Student in Leipzig studiert, erhielt auch die Auszeichnungen „bester Espresso“, „bester Cappuccino“ und „bester Signature Drink“. «foodaktuell.ch» hat ihm einige Fragen gestellt.

Was ist derzeit Ihre Tätigkeit in der Kaffeebranche?

Momentan bin ich mehr Student als Barista. Ich habe in den letzten drei Jahren vom Kaffee gelebt, mit einem Uni-Abschluss in der Tasche, und dachte dann aber irgendwann: "Jetzt habe ich doch Arabisch gelernt und kann es immer noch nicht gut genug." Da habe ich mich für ein Aufbaustudium in Leipzig entschieden, das ich nächstes Jahr beenden werde. In Leipzig aber habe ich schon einige Kontakte geknüpft und Lust auf Projekte im Kaffeebereich verspüre nicht nur ich.

Was ist Ihre Vision für Ihre Zukunft im Bereich Kaffee?

Dass die Konsumenten kritischer sind. Und das werden sie ständig, dafür arbeiten gewisse Kreise der Kaffeeindustrie, wie zum Beispiel Röstereien, die direkten Handel fördern, Vereine wie die SCAE, die über alle Facetten des Kaffees informieren und Cafe-Bars, die bewusst nur den Kaffee ausschenken, von welchem sie wissen, woher er denn kommt.


Am Barista-Wettkampf mit viel Publikum in St.Gallen anlässlich der Ferienmesse


Ein Beispiel aus dem Alltag: Der Konsument wird vielerorts in Sachen Kaffee hinters Licht geführt. Qualitativ zum Teil minderwertiger Kaffee wird zum "normalen" Kaffeepreis verkauft. Und der Konsument weiss dann nur, dass der Kaffee z. Bsp. aus "Lateinamerika" kommt - das ist dasselbe, wenn ich sage, dass Wein aus Trauben besteht.

Der Konsument hat ein Anrecht darauf zu wissen, woher der Kaffee exakt stammt - beim Wein werden da auch keine Abstriche gemacht. Es geht also darum, die ganze Wertschöpfungskette zu durchleuchten, so dass der Konsument am Ende das Zünglein an der Waage sein kann, um zu entscheiden, was gut ist.

Wir arbeiten daran, sehen aber schon viele Fortschritte. Immer mehr Cafes setzen auf Röstereien als Lieferanten, die genau wissen, woher der Kaffee kommt und nur die beste Qualität anbieten. Und noch ein letztes Beispiel: wenn ich jemandem sage, dass ich für 250g Kaffee so 8-10 Fr. bezahle, werde ich doch schräg angeschaut. Ich rechne dann ganz gerne vor: ein grosser Kapselkaffeehersteller verlangt 50 Rp. für eine Kapsel, gefüllt mit 5g Kaffee - das sind pro Kilo 100.- bzw 25.- für 250g. Nun, die Auswertung darf jeder selbst vornehmen.


Philipp Meier beeindruckt die Jury in der Cappuccino-Disziplin mit seinen Milchschaum-Zeichnungen, der Latte Art.



Wie haben Sie die SCAE-Wettkämpfe erlebt?

Ich war begeistert. Für mich waren es aus diversen Gründen die besten Wettkämpfe, die es in der Schweiz je gab. 2009 gewann ich den CH-Meistertitel mit 452 Punkten. Heute wäre ich mit dieser Punktzahl gerade noch als 5. ins Finale eingezogen. Das Niveau steigt also. Und man muss sich bewusst sein; die Teilnehmer stehen sonst hinter einer Bar und schenken Kaffee aus; also jeder der mitmacht, serviert grandiosen Kaffee und weiss etwas darüber zu erzählen. In drei Jahren sind also nicht nur die Punkte, sondern damit einhergehend, die Qualität in der Tasse gestiegen.

Viele neue Gesichter haben mitgemacht und die vorderen Ränge belegt. Alle wussten genau, was sie da für einen Kaffee ausschenken, woher er kommt, wer ihn produziert, und natürlich: wie er genau riecht und schmeckt, wenn er denn perfekt zubereitet wird - die Kernaufgabe des Baristas.

Ein Barista muss nicht zwingend auf einer Kaffeefarm gewesen sein; natürlich komplettiert ihn das, aber es ist nicht für jeden möglich. Seine Hauptaufgabe ist die Auswahl des Kaffees, die Zubereitung und immer wichtiger, den Kaffee zu verstehen und zu lesen; was passiert wenn ich das mache, wie schmeckt er, wenn ich das mache, etc. Dem Kunden ein Erlebnis bieten, dass dieser nur noch guten Kaffee trinken will.

Die Wettkämpfe waren sehr professionell. Die Organisation war tadellos, die Vorbereitungszone für die Baristi grosszügig, alles hat geklappt. Die Baristi selbst habe ich alle als sehr konzentriert und sehr professionell empfunden. Die Präsentationen waren geübt, da geschah nicht einfach so etwas ohne Absicht. Da steckt enorm viel Arbeit dahinter, die man als Zuschauer nicht erahnen kann.

Ein Grossteil der ausgewählten Wettkampf-Kaffees waren aussergewöhnliche Kaffees. Und darum geht es; Kaffees aufzuspüren und zu präsentieren, die man bis jetzt noch nicht kannte. Zudem sind einige neue kleine Röstereien in den vorderen Rängen vertreten - da wird sich nun was tun in der Schweizer Kaffeerösterwelt. Das ist schön.

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