Food aktuell
Varia
6.4.2012
KAGfreiland kritisiert Kaninchen-Deklaration

Seit dem 1.1.2012 gilt die neue Deklarationspflicht für Kaninchenfleisch aus gesetzeswidriger Haltung.

Recherchen der Nutztierschutz-Organisation KAGfreiland zeigen: Mit der Umsetzung der neuen Vorschrift hapert es.

Import-Kaninchenfleisch, das nicht nach Schweizer Tierschutzvorschriften erzeugt wurde, ist seit dem 1.1.2012 als «aus in der Schweiz nicht zugelassener Haltungsform» zu deklarieren. Dies hat viel bewirkt: Im Detailhandel ist Käfig-Kaninchenfleisch praktisch verschwunden. Noch immer stammt aber ein Grossteil der Importe aus nicht-tierschutzkonformer Haltung. Dieses Fleisch müsste deklariert werden. KAGfreiland fand jedoch nur wenig deklariertes Kaninchenfleisch an der Verkaufsfront der Deutschschweiz. Obwohl es im Metzger- und Gastro-Grosshandel vorhanden ist. Der grösste Teil des Käfigfleisches landet in der welschen und italienischen Schweiz. Hier zählt weniger das Tierwohl als der Preis.

Handlungsbedarf besteht bei «Aligro» mit Haupsitz in Chavannes-près-Renens nahe Lausanne. Filialen befinden sich in Genf, Sion und Matran. Dieser «cash&carry-Markt» bedient welsche Gastronomen und Grosskunden. Verkauft wird neben ungarischem Kaninchenfleisch mit Deklaration auch Käfigfleisch aus Frankreich ganz ohne Deklaration (Stand 2.4.2012).

Obwohl auf Anfrage der SonntagsZeitung versprochen wurde, die nächste Lieferung ab Samstag, 31. März zu beschriften, ist weiterhin weder auf dem Fleisch noch auf der Kühlvitrine eine Deklaration zu finden. «Dies entspricht nicht dem Sinn der Gesetzgebung», erläutert Otmar Deflorin, Präsident des Verbands der Kantonschemiker. «Auch der Zwischenhandel muss die Information weitergeben, sonst kann das Kaninchenfleisch in Läden, auf Menüplänen und Speisekarten nicht richtig deklariert werden.»

Welsche Importeure von Käfigfleisch sind Lehnherr SA in Bevaix (NE) und Galliwag SA in Satigny (GE). Während sich Lehnherr darum foutiert, hat Galliwag begonnen, eine tierschutzkonforme Kaninchenhaltung in Frankreich aufzubauen. Im Tessin importiert die Orme SA weiterhin mehr Käfigfleisch aus Italien als tierschutzkonformes. Beliefert wird das Metzgercentrum in Bironico. Dessen Betriebsleiter bedauert, dass im grenznahen Gebiet einzig der Preis zähle, weil die Kundschaft sonst im Ausland einkaufe.

Infopflicht vernachlässigt

Aufgrund einer Umfrage kommt KAGfreiland zum Schluss, dass die Deklaration noch oft fehlt. Die GastroSuisse hat ihre Mitglieder zwar mehrfach informiert. Am Telefon wusste aber kein einziger von über 20 Wirten mit Kaninchenfleisch auf der Speisekarte darüber Bescheid. Noch schlimmer: Die Kommunikationsstelle des Schweizer Fleischfachverbandes (SFF) hatte null Ahnung von der Deklarationspflicht. In der Verbandszeitung «Fleisch& Feinkost» fand sich zurück bis Sommer 2011 kein einziger Hinweis auf die Gesetzesänderung. Erst nachdem KAGfreiland Mitte März angerufen und Informationen zur neuen Deklarationspflicht geschickt hatte, erschien am 29. März ein kleiner Artikel hierzu.


In den ausländischen Tierfabriken reiht sich Käfig an Käfig. Fleisch solcher Massentierhaltungen gelangte bis November 2008 im grossen Stil in die Schweiz. Mehrheitlich in den Gastrobereich (Bild: KAG)


Metzgercenter besorgen Fleisch en gros für ihre Kundschaft. Alle kaufen von Delimpex deklariertes Kaninchenfleisch zu. Einige zusätzlich schlimmstes Käfigfleisch aus Frankreich oder Italien (Genf, Nordwestschweiz: Basel-Aarau, Tessin). Das Metzgercenter Thun (Metzgerschaft Berner Oberland) verweigert die Aussage zu gesetzeswidrigem Kaninchenfleisch.

Zudem weisen nicht alle Metzgercenter die Kundschaft auf die Deklarationspflicht hin, wie die Beispiele Genf und Luzern zeigen. Da sei weder auf dem Lieferschein noch auf der Rechnung etwas deklariert. Am Telefon wusste niemand über die Deklarationspflicht Bescheid. Kein Wunder, fehlt dann die Beschriftung in den Metzgereien. Diese sind die Leidtragenden und kassieren bei den Lebensmittelkontrollen eine Beanstandung.

Fleischbranche trägt Verantwortung

Aufgrund der Deklarationspflicht entstanden tiergerechte Haltungsformen im Ausland wie das Label «Relax Rabbit» in Ungarn oder «Coniglio felice» im Friaul. Am meisten Kaninchenfleisch für die Schweiz erzeugt die Firma Delimpex in Ungarn: Sowohl tierschutzkonformes als auch solches, das nicht den Schweizer Normen entspricht. Diese ältere Haltung liegt aber deutlich über der Standard-Käfighaltung der EU. Solch schlimmes Käfigfleisch führen in der Deutschschweiz nur noch wenige Unternehmen im Sortiment. Ein Beispiel ist die Vecom in Schwyz. Sie vertreibt neben tierschutzkonformem Kaninchenfleisch aus Italien auch tierquälerisches aus Frankreich mit Deklaration.

Bei den amtlichen Lebensmittelkontrollen handelt es sich um Stichproben. Die Lebensmittelkontrolleure können nicht alle Verkaufsstellen gleichzeitig besuchen. Für die Information der Gastronomen und Metzgereien sind die Verbände GastroSuisse und Schweizer Fleischfachverband zuständig. KAGfreiland fordert, dass sie ihre Verantwortung wahrnehmen. Auch der Gross- und Zwischenhandel muss die Deklarationspflicht einhalten. Nur dann wissen die Endverkaufsstellen, wann sie Kaninchenfleisch deklarieren müssen.

Ziel muss sein, dass kein Käfigfleisch mehr undeklariert verkauft wird. Erst dann ist die Motion «Deklarationspflicht für Käfigkaninchenfleisch» der Zürcher Nationalrätin Tiana Moser sauber umgesetzt: Die Schweizer Produzenten mit besonders tierfreundlicher Stallgruppenhaltung erhalten gleichlange Spiesse wie die ausländischen Anbieter von billigem Käfigfleisch. (Text: KAGfreiland)


Als wirklich tierfreundlich kann nur die Freilandhaltung bezeichnet werden. Sie wird von einigen KAGfreiland-Bauern praktiziert. Dies ist aber lediglich in kleinem Stil praktikabel (Bild: KAG)


Kommentar des Schweizer Fleisch-Fachverbandes (SFF)

Selbstverständlich liegt es auch im ureigensten Interesse des Schweizer Fleisch-Fachverbandes (SFF), dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Dies haben wir ja auch mit der Aufnahme des Hinweises von KAGfreiland in unserer Verbandszeitung bekräftigt, weshalb uns die Kampagne gegen den SFF nun umso mehr erstaunt. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass die von KAGfreiland in der Medienmitteilung zitierten Unternehmen gar nicht Mitglieder des SFF sind und sich diese daher in eigener Verantwortung über die gesetzlichen Änderungen zu informieren haben.

Obwohl der Kaninchenfleischkonsum mit knapp 300 g verkaufsfertigem Fleisch pro Kopf und Jahr rund 0.6% des gesamten Fleischkonsumes ausmacht und davon rund 40% im Inland nach den schweizerischen Tierschutzvorgaben produziert werden, entbindet die relativ geringe Quote niemanden von der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. (Text: SFF)

Weiterlesen: Deklarationspflicht: Käfig-Kaninchenfleisch

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