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Varia
31.10.2012
Termin notieren: Biofach 2013

Interview mit Diane Bowen, Senior Projektmanagerin bei Global Organic Market Access (GOMA).

Jedes Jahr trifft sich die internationale Bio-Branche auf der BioFach, Weltleitmesse für Bio-Produkte, in Nürnberg, die im kommenden Jahr vom 13. bis 16. Februar 2013 stattfindet. BioFach sprach mit Diane Bowen, Senior Projektmanagerin (GOMA*), über die Bedeutung von Bio-Zertifikaten, die Fortschritte der Branche sowie die aktuellen Herausforderungen.

BioFach: Kurz zusammengefasst, was sind die bisher grössten Fortschritte bei der internationalen Zertifizierung von Bio-Produkten?

Diane Bowen: In mehr als 150 Ländern weltweit wird eine bemerkenswerte Vielfalt an zertifizierten Bio-Produkten hergestellt, um den Menschen eine attraktive, nachhaltige Produktauswahl zu bieten, die ihrem Lebensstil entspricht. Konsumenten weltweit eine grössere Auswahl an Bio-Produkten auf lokaler Ebene und im internationalen Handel zugänglich zu machen, ist ein Schlüssel für das Wachstum des Bio-Sektors.

Alle Vorteile, die die nachhaltige ökologische Landwirtschaft mit sich bringt, sollen auch unserem Planeten zugutekommen. Wenn diese Produkte international gehandelt werden, schaffen Zertifizierungen einen Kontrollmechanismus für alle Käufer in der Zuliefererkette, bis hin zum Endverbraucher.

BioFach: Warum ist eine Harmonisierung der internationalen Standards so wichtig für den internationalen Handel im Bio-Sektor?

Diane Bowen: Einige Probleme der Regulierungen wurden durch drei kürzlich geschlossene bilaterale Gleichwertigkeitsabkommen zur Anerkennung von Bio-Verordnungen zwischen Kanada und den USA, der EU und Kanada, sowie der EU und den USA verringert. Diese Abkommen sind jedoch zum grössten Teil auf Produkte begrenzt, die aus eben diesen Ländern stammen. Bio-Konsumenten in den jeweiligen Märkten schätzen aber auch Produkte aus anderen Regionen, zum Beispiel aus den Tropen, wie Kaffee, Kakao oder Südfrüchte.

Und was noch wichtiger ist: Die Kleinbauern in diesen Regionen müssen ebenfalls die Möglichkeit haben, sich in den internationalen Märkten für Bio-Produkte zu engagieren. Diese sind stabiler als gewöhnliche Rohstoffmärkte, bieten eine gute Einnahmequelle und schützen die Bauern vor Abhängigkeit von Chemikalien und genetisch veränderten Organismen. Wir müssen weiterhin auf eine weltweite Harmonisierung und Gleichwertigkeit von Bio-Produkten hinarbeiten, um allen Bio-Erzeugergemeinschaften und Händlern den Marktzugang zu ermöglichen.

BioFach: Machen Gleichwertigkeitsabkommen den Weg zur Harmonisierung frei?

Diane Bowen: Die Gleichwertigkeitsabkommen haben den Handel mit Bio-Produkten zwar teilweise, jedoch nicht vollständig für alle Länder geöffnet. Auch wenn die Gleichstellung von Bio-Zertifikaten eine mögliche Lösung ist, ist der aktuelle Ansatz zur Bewertung der Gleichwertigkeit äusserst kompliziert und kostspielig.

Er beinhaltet eine sehr detaillierte Vergleichsanalyse der jeweiligen Standards sowie deren Konformitätsbewertungssysteme. Es existieren momentan etwa 70 Bio-Verordnungen. Wenn nun 70 Länder mit den jeweils anderen 69 Ländern Gleichwertigkeitsabkommen eingehen möchten, ergeben sich daraus 4.830 Vereinbarungen. Wir müssen also nach anderen Möglichkeiten für Bio-Handelsbeschlüsse suchen.

BioFach: Seit der Unterzeichnung des Gleichwertigkeitsabkommens zwischen den USA und der EU sind sechs Monate vergangen, wie schätzen Sie die bisherige Entwicklung ein?

Diane Bowen: Das Abkommen trat im Juni 2012 in Kraft, man kann also noch wenig über seine Auswirkungen sagen. Es ist jedoch sehr ermutigend zu hören, dass sowohl die EU-Kommission als auch das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA), ebenso wie die kanadische Behörde für Lebensmittelkontrolle (CFIA), die Stimmung während der Verhandlungen als kooperativ und partnerschaftlich beschrieben haben.

Es ist ihnen offensichtlich gelungen, zwischen den Verhandlungspartnern Vertrauen zu schaffen. Sie haben sich die Zeit genommen, die anderen Systeme kennenzulernen und deren Unterschiede positiv herauszuarbeiten. Es ist ebenfalls sehr erfreulich, dass diese Behörden den Wunsch geäussert haben, ihre partnerschaftliche Zusammenarbeit fortzuführen, mit dem Ziel, die Gleichstellung von Bio-Zertifikaten voranzutreiben und weitere Länder mit einzubeziehen.

BioFach: Was sind die wichtigsten Ergebnisse der GOMA-Konferenz, die während der BioFach 2012 in Nürnberg abgehalten wurde?

Diane Bowen: Zum einen haben die Regierungen dazu veranlasst, nach Möglichkeiten für die Gleichstellung von Bio-Zertifikaten, Harmonisierung und Zusammenarbeit mit anderen Regierungen zu suchen. Der Handel kann somit erleichtert sowie Kosteneinsparungen für alle ermöglicht werden, unabhängig ob für Kleinbauern oder Regierungsbehörde. Darüber hinaus konnten die Teilnehmer etwas über die historische Entwicklung des Bio-Handels sowie die entsprechenden Vorschriften erfahren und gleichzeitig sehen, dass wir im gleichen Masse die Glaubwürdigkeit des Bio-Labels stärken und Handelserleichterungen bieten müssen.

Auf der Konferenz wurden einige mögliche Lösungen vorgestellt, darunter die Harmonisierung zum Beispiel zwischen Ländern (wie in der EU) und die gegenseitige Anerkennung des jeweiligen regionalen Handels. Auch die von GOMA entwickelten Methoden zur Vereinfachung der Beurteilung der Gleichwertigkeit sowie zur Anerkennung und Nutzung von Elementen des ökologischen Garantiesystems (der IFOAM) wurden genutzt.

BioFach: Was sind die wichtigsten Schritte für die Zukunft?

Diane Bowen: Meiner Meinung nach gibt es drei wichtige Entwicklungsbereiche: Wir müssen weiter darauf hinarbeiten, Vertrauen, Zusammenarbeit und Synergien zwischen den Regierungen und privaten Interessenvertretern zu schaffen. Zweitens: Es ist nötig, dass wir effizientere Lösungen als die bisherigen finden und konsolidieren. Bisher handelt es sich dabei im Grunde um bilaterale Entsprechung, basierend auf detaillierten und ressourcenintensiven Beurteilungen des Systems des jeweils anderen.

Und drittens: Die öffentlich-private Zusammenarbeit muss gestärkt werden. Aus meiner Sicht sollten die Regierungen die Möglichkeit nutzen, offiziell das internationale ökologische Garantiesystem der IFOAM, der Dachorganisation der Branche seit 40 Jahren, zu verwenden. Das ökologische Garantiesystem der IFOAM wird momentan weiterentwickelt, um den Realitäten der staatlichen Regulierung von Bio-Standards und Konformitätsbewertungen zu entsprechen. Die internationale Akkreditierungsstelle (IOAS), die sowohl im privaten als auch öffentlichen Sektor Vertrauen geniesst, hat das Programm der IFOAM ebenfalls eingeführt.

BioFach: Was sind die grössten Herausforderungen?

Diane Bowen: Eine der grossen Herausforderungen ist die Tatsache, dass Regierungen dazu neigen, an ihren gewohnten Abläufen festzuhalten. Eine weitere ist die Frage, welchen Status wir Bio-Produkten aus Entwicklungsländern, in denen es keine Bio-Verordnungen gibt, einräumen. Die dritte grosse Herausforderung besteht darin, Händler für unsere öffentlich-privaten Betriebe und Partnerschaften zu gewinnen.

Die Schwierigkeiten, die durch die verschiedenen Verordnungen entstehen, betreffen vor allem die Händler. Trotzdem sind sie in unser Vorhaben, entsprechende Lösungen innerhalb des GOMA-Projektes zu finden, kaum eingebunden worden. Sie sind so durch ihren Geschäftsalltag in Anspruch genommen, dass sie die Diskussion zum grössten Teil den NGOs (Non-Governmental Organizations = Nichtregierungsorganisationen) und Regierungen überlassen.

BioFach: Wir haben uns sehr gefreut, der Gastgeber für die GOMA-Konferenz auf der BioFach 2012 in Nürnberg gewesen zu sein. Welche Rolle spielt die Weltleitmesse für Bio-Produkte, BioFach, für die internationale Bio-Gemeinschaft, für die politische Entwicklung, Handelsvorschriften und die öffentliche Meinung?

Diane Bowen: Die BioFach war natürlich bestens als Veranstaltungsort für die Konferenz und die Betriebe innerhalb unseres Projektes in den letzten Jahren geeignet und wir haben viel Unterstützung von den Organisatoren erhalten, wofür wir sehr dankbar sind. Wir haben Workshops auf BioFach-Ausstellungen in China, Indien und Nürnberg sowie auf der GOMA-Hauptkonferenz vergangenen Februar in Nürnberg, mit BioFach als Partner, gehalten. Das BioFach-Netzwerk zeigt den Regierungen, dass sie es mit einer äusserst dynamischen und stetig wachsenden Bio-Industrie zu tun haben. Die BioFach ist ein perfekter Rahmen, dieses Thema auch unter den Händlern bekannt zu machen.

Über GOMA:

Das GOMA-Projekt (Global Organic Market Access = Weltweiter Zugang zu Bio-Märkten) versucht, Prozesse zu vereinfachen, die beim Handel mit Bio-Produkten zwischen verschiedenen behördlichen und/oder privaten Bio-Garantiesystemen ablaufen. GOMA konzentriert sich dabei auf die Harmonisierung und Gleichstellung von Bio-Standards und Leistungsanforderungen für eine Zertifizierung zur Erschliessung neuer Handelsmöglichkeiten. GOMA wird von einem Lenkungsausschuss geleitet, der sich aus Stellvertretern der FAO, IFOAM, und UNCTAD zusammensetzt. Das Projekt wird von der Norwegischen Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (Norad) finanziert.

Über die Biofach

Die Zulassung zur Messe unterliegt strengen Kriterien, basierend auf internationalen Bio-Zertifikaten und Kontrollvorschriften. So kann Ausstellern und Besuchern garantiert werden, dass alle ausgestellten Produkte entweder gemäss den Vorschriften der EU oder im Einklang mit den Anforderungen des ökologischen Garantiesystems der IFOAM (International Federation of Organic Agricultural Movements = Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen) zertifiziert sind.

Zertifizierungen und Glaubwürdigkeit sind wichtige und grundlegende Aspekte des gesamten Bio-Sektors. Auf der BioFach und Vivaness 2012 präsentierten 2.420 Aussteller – 204 davon auf der Leitmesse für Naturkosmetik und Wellness – 40.315 Facheinkäufern aus 130 Nationen ihre Produkte.
(Text: BioFachmesse)


Nürnberg (Bild), wo die Biofachmesse stattfindet, besitzt eine attraktive Altstadt


Biofach- und Vivaness-Messe
13. bis 16. Februar 2013
im Messezentrum Nürnberg
Internet: www.biofach.de

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