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26.3.2013 Auf genügend Eisenzufuhr achten Stand der Wissenschaft zu Eisen in der Ernährung: Erkenntnisse aus der Tagung, «Schweizer Fleisch»: 10. Proviande-Symposium «Fleisch in der Ernährung», Bern, 16.1.2013
Die Eisenzufuhr spielt vorwiegend im Zusammenhang mit Eisenmangel eine Rolle. Dieser ist nach wie vor weit verbreitet. Die WHO geht davon aus, dass in Europa mehr als 50 Millionen Menschen von einer Anämie – in den meisten Fällen Eisenmangelanämie – betroffen sind. Der Eisenstatus wird dabei neben der Ernährung auch durch physiologische Aspekte wie genetische Aspekte und Blutverlust, z.B. durch die Menstruation, beeinflusst. Aus Resorptionsstudien mit einzelnen Mahlzeiten ist bekannt, dass verschiedene Nahrungsinhaltsstoffe die Eisenresorption positiv oder negativ beeinflussen. Daher gelten Calcium, Phytate und Polyphenole als Eisenresorptionshemmer und Fleisch und Vitamin C als Eisenresorptionsförderer. Dabei ist Calcium der einzige Inhaltsstoff, der neben der Resorption von Häm auch diejenige von Nichthämeisen beeinflusst. Deutlich weniger klar ist die Ausgangslage hingegen, wenn man die Evidenz in Interventionsund epidemiologischen Studien sucht. Die meisten Interventionsstudien zeigen einen positiven Effekt von Fleisch auf den Eisenstatus, wenn man eine hohe Fleischzufuhr mit einer tiefen oder mit einer vegetarischen Ernährung vergleicht. Der Effekt von Vitamin C und Calcium konnte in Interventionsstudien hingegen nicht bestätigt werden. So beeinflussten weder Vitamin- C-Supplemente von 50 bis 2000 mg täglich über einen Zeitraum von zwei Wochen bis zwei Jahre noch Calciumsupplemente von 1000 bis 1200 mg zwischen 12 Wochen und 4 Jahren den Eisenstatus signifikant. Zu den Phytaten gibt es wenige Interventionsstudien, aber weder die Reduktion des Phytatgehaltes in Kinderbreien noch die Zugabe von Phytase, einem Enzym, das den Phytategehalt reduziert, in Brot zeigten einen Einfluss auf den Eisenstatus. Die Interventionsstudien zu den Polyphenolen beschränken sich auf polyphenolreiche Getränke wie Schwarz- und Grüntee oder Kaffee. In einem Review kamen die Autoren zum Schluss, dass es für Menschen mit Risiko für Eisenmangel empfehlenswert sei, polyphenolreiche Getränke und Mahlzeiten zu trennen und dies um mehr als eine Stunde. Die Resultate aus epidemiologischen Studien sind noch weniger eindeutig als die oben erwähnten Resultate, weshalb hier nicht weiter darauf eingegangen wird. Es gibt verschiedene Gründe für die aktuelle Evidenzlage zu eisenresorptionsbeeinflussenden Nahrungsinhaltsstoffen. Einerseits dürften sich die Eisenresorptionshemmer und -förderer in der «normalen» Ernährung zumindest teilweise neutralisieren. Zudem wurden viele Studien mit sehr wenigen, oft männlichen und nicht von Eisenmangel betroffenen Teilnehmenden durchgeführt. Aufgrund der aktuellen Evidenzlage scheinen jedoch Nahrungsinhaltsstoffe, welche die Resorption von Eisen beeinflussen, nur bei Menschen mit Eisenmangel überhaupt eine Rolle zu spielen. In dieser Situation sollte auf eine ausreichende Eisenzufuhr geachtet werden sowie die Aufnahme von Fleisch und allenfalls Vitamin C empfohlen werden. Zudem kann es sinnvoll sein, polyphenolreiche Getränke, im Speziellen Schwarztee, von den Mahlzeiten zu trennen. Auf Empfehlungen zu den anderen Faktoren sollte eher verzichtet werden, weil deren Relevanz in der alltäglichen Ernährung zu wenig eindeutig belegt ist. Weitere Forschung mit geeigneten Teilnehmenden und Methoden sollte die Rolle der Ernährung bei der Entstehung und der Therapie von Eisenmangel klären. (Text: Sandra Jent)
Eisen auf dem Teller – von der Wissenschaft zur Praxis Eisenmangel mit oder ohne Anämie ist ein häufiges Problem in der Praxis der Ernährungsberatung. Aus der eigenen Praxiserfahrung lassen sich die Gründe, weshalb Eisenmangel in der Ernährungsberatungspraxis thematisiert wird, wie folgt einteilen: • Unverträglichkeit von Eiseninfusionen oder oralen Eisensupplementen • Suchen von langfristiger «natürlicher» Lösung für das Problem des Eisenmangels • Andere Gründe wie z.B. Sporternährung, Vegetarismus, Zöliakie führen zur Ernährungsberatung; der Eisenmangel wird als Nebendiagnose thematisiert. Sehr oft lassen sich die Gründe des Eisenmangels in der Praxis leicht identifizieren. In der Ernährungsberatung eine befriedigende Dauerlösung für den Klienten zu finden, gestaltet sich aus diversen Gründen jedoch oft schwierig. Männer mit Eisenmangel sind bei mir in der Beratungspraxis selten – dies erstaunt nicht, da Eisenmangel in der Bevölkerung wesentlich häufiger bei Frauen auftritt. Selbst bei männlichen Sportlern, welche häufig meine Leistungen in Anspruch nehmen, ist Eisenmangel kaum ein Thema. Gemäss einer Untersuchung von Mettler und Zimmermann scheinen jedoch auch männliche Sportler Eisenpräparate zu sich zu nehmen, da sie sich davon eine Leistungssteigerung versprechen. In der Ernährungsberatung identifizierte Gründe des Eisenmangels: Ungenügende Eisenzufuhr durch: • Geringe Energiezufuhr zur Gewichtskontrolle • Vegetarismus (vor allem bei Frauen) Erhöhter Eisenbedarf durch • Starke Regelblutungen Schlechte Resorption • Malabsorption z.B. bei ungenügend behandelter Zöliakie Das Problem der ungenügenden Energiezufuhr bei weiblichen Sportlern ist in der Literatur oft zitiert und widerspiegelt das Bild, welches ich in der Beratungspraxis antreffe. So kommt zum Beispiel die Ausdauersportlerin, welche ihr Körpergewicht tief halten möchte, Vegetarierin ist und ihren Eisenbedarf auf natürliche Weise decken will, zur Beratung. Oft helfen hier Tipps für eine bedarfsgerechte Ernährung, auf die Bedürfnisse der Sportlerin bezogen. Die weit verbreitete Meinung, dass Sportler mehr Eisen benötigen, lässt sich durch Studien nicht erhärten. So ist es in der Beratungspraxis in erster Linie meine Aufgabe, die Gründe eines Eisenmangels zu identifizieren. In einem zweiten Schritt gilt es, der Klientin / dem Klienten aufzuzeigen, dass die Behebung eines Eisenmangels ein langwieriges Unterfangen ist, da Eisen grundsätzlich schlecht resorbiert wird. Als erste Massnahme werden genügend eisenhaltigen Lebensmittel in die alltägliche Menüplanung einbezogen. Bei der Einplanung eisenreicher Lebensmittel macht es in der Praxis Sinn, einen Bezug zu verzehrsüblichen Portionen zu schaffen. Eine gesunde Ernährung gemäss der SGE-Lebensmittelpyramide wird angestrebt. Des Weiteren wird der Klient auf Inhibitoren und Enhancer aufmerksam gemacht: Praktische Tipps, um eine gute Eisenabsorption zu erzielen: • Zum Essen einen Zitrusfruchtsaft trinken • Ein Dessert mit Kiwi, Erdbeeren, Sanddorn oder Zitrusfrüchten einplanen • Rohes, frisches Gemüse oder Salate in die Mahlzeiten integrieren • Zu Mahlzeiten mit eisenhaltigen pflanzlichen Lebensmitteln, kleine Portionen Fleisch beifügen Praktische Tipps, um eine schlechte Eisenresorption zu verhindern: • Kaffee und Schwarztee nicht mit den Mahlzeiten konsumieren • Rotweinkonsum zum Essen einschränken • Keinen Kakao zu den Mahlzeiten trinken • Verschiedene Mineralstoffsupplemente zum Beheben von Mangelzuständen nicht zum selben Zeitpunkt einnehmen • Calciumsupplemente nicht zu den Mahlzeiten einnehmen In der Ernährungsberatung wird die Klientin / der Klient bei der praktischen Umsetzung begleitet. Dabei geht es um eine Umstellung der Essgewohnheiten – mit dem Ziel, den Eisenmangel langfristig zu beheben. Oft ist eine zusätzliche Supplementierung notwendig. Wenn Eisensupplemente eingenommen werden, sollten die Einnahmegewohnheiten besprochen werden. Supplemente werden oft schlecht vertragen und deshalb abgesetzt. In der Praxis hat es sich bewährt, in kleineren Dosen zu supplementieren und auf den Einnahmezeitpunkt zu achten. Auch gilt es zu vermeiden, dass Calciumpräparate gleichzeitig mit dem Eisenpräparat eingenommen werden. Eine sorgfältige Abklärung der Ursachen eines Eisenmangels sowie eine Begleitung bei der praktischen Umsetzung einer eisenreichen Ernährung sind genauso wichtig wie die Besprechung der allfälligen Supplementeinnahme und die Information des Klienten, dass ein Eisenmangel nicht einfach zu behandeln ist. (Text: Beatrice Conrad Frey)
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