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28.5.2013 Tierschutz, Umwelt und Ressourcen
Nebst den umfangreichen tierschützerischen Defiziten zeichnet sich die weltweit betriebene, intensive Tierproduktion auch durch eine starke Umweltbelastung und eine zunehmende Ressourcenverschleuderung aus. Die Klimarelevanz der industriellen Tierproduktion, die auf Massentierhaltung setzt, ist unbestritten. Bekannt ist auch die Tatsache, dass beim Umbruch von Weideland zu Äckern – ob nun zur menschlichen Ernährung oder zur Futtermittelproduktion – sowie der synthetischen Herstellung von Stickstoff-Kunstdünger und dessen Anwendung grosse Mengen am klimarelevanten CO2 und Lachgas in die Atmosphäre entweichen. Deshalb ist die weltweit zunehmende Ausdehnung der Ackerflächen auf ungeeigneten Standorten, etwa zur industriellen Futtermittelproduktion für Tierfabriken, extrem klimarelevant. Es ist zu unterscheiden zwischen einer industriellen Tierproduktion und einer bäuerlichen, standortangepassten und artgerechten Tierhaltung, die in erster Linie auf Rauhfutter verzehrende Tiere wie Kühe, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde setzt und ohne erhebliche Mengen an Kraftfutter auskommt. Solche naturnahen Weide-Tierhaltungsformen auf dem Grünland sind eben gerade nicht klimarelevant, sondern sorgen dafür, dass vermehrt CO2 im Humus des Bodens gespeichert wird. Wiederkäuer auf der Weide sind keine Nahrungsmittelkonkurrenten der Menschen, da sie Dauergrünland, das meist nicht ackerfähig ist, nutzen und aus diesen Gräsern und Kräutern, die der Mensch nicht verdauen kann, Milch und Fleisch erzeugen. Eine bäuerliche Tierhaltung mit geregelter Weidewirtschaft und eine naturnahe Bewirtschaftung mit Bio- und IP-Betrieben sind deshalb Teil der Klima-Lösung. Gerade die Schweiz mit mit ihrem hohen Anteil an Wiesen-, Weiden- und Alpgebieten – weniger als ein Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche ist ackerbaufähig – bietet dafür beste Voraussetzungen.
Man geht davon aus, dass die weltweite Nutztierhaltung für rund 15% der menschengemachten CO2-Emmissionen verantwortlich ist. Da nur 1 von 1'000 Rindern und Schweinen, die weltweit gehalten werden, in der CH leben, ist der Einfluss der Schweizer Viehhaltung auf das Weltklima bescheiden. Würde man die Nutztierhaltung hierzulande verbieten, könnten geraden 0.015% des weltweiten CO2-Ausstosses eingespart werden. Die Schweiz als Ganzes ist „tiermässig“ auch nicht überbevölkert, wie ab und zu behauptet wird. Die 1.3 Mio. Grossvieheinheiten verteilen sich auf 1.1 Mio. ha Landwirtschaftsfläche, was einen Besatz von 1.2 GVE/ha ergibt. Zum Vergleich: die Niederlande weisen 3.5, Dänemark 1.6 und Deutschland 1.1 GVE/ha auf. Trotzdem weist die Viehhaltung auch in der Schweiz eine teilweise starke Umwelt-Problematik auf. Betroffen sind Gewässer, Luft und Böden in jenen Kantonen, die in den letzten Jahren trotz bereits bestehender, hoher Viehdichte weiter Tierbestände aufstocken liessen. Insbesondere im Kanton Luzern gibt es Regionen mit sehr hohen Tiermassierungen und entsprechend viel Anfall hauptsächlich von Gülle, ebenso in den Kantonen AI, SG, TG, ZG, OW, NW und FR mit 2 und mehr GVE/ha. Hingegen liegen alle anderen Kantone unter 1.0 GVE/ha. In Regionen mit einem Zuviel an Nutztieren kann ein Übermass an ausgebrachten Hofdünger Grund- und Oberflächengewässer mit Nitrat und Phosphor anreichern oder vermehrt Ammonniak in die Luft entlassen. Auch Rückstände von Human- und Tierarztneimittel können in Boden und Wasser gelangen. Ist Kraftfutter nachhaltig? Der Einsatz von Getreide, Mais, Soja, Kartoffeln, Rüben u. dergl. in der Tierhaltung ist nicht per se schlecht. So setzt etwa das Geflügel Getreide am effizientesten aller Nutztiere in Eier oder Fleisch um. Bei der Pflanzenproduktion für den menschlichen Verzehr fallen grosse Mengen an Rückständen an, die insbesondere vom Schwein, dem geborenen „Abfallverwerter“, optimal genutzt werden können. Hingegen ist der steigende Kraftfuttereinsatz bei Rauhfutterverzehrern, insbesondere in der Milch- und Rindfleischerzeugung, äusserst fragwürdig.
In der Schweiz werden jährlich 450'000 Tonnen Fleisch erzeugt. Dabei fallen 220'000 Tonnen tierischer Nebenprodukte an, die nach den Erfahrungen mit BSE und dem totalen Verfütterungsverbot von Mehlen tierischer Herkunft an Nutztiere heute zum grössten Teil entsorgt, d.h. verbrannt werden. Selbstverständlich sollte nicht am Kannibalismus-Verbot gerüttelt werden, d.h. dass einer Tierart Mehl der eigenen Art verfüttert wird, wie dies bis 1990 der Fall war. Aber die heutige extreme Verschleuderung der Ressource „tierische Nebenprodukte“ sollte Anlass sein, über eine sinnvollere Verwendung statt das Verbrennen nachzudenken! Denn dieses Fütterungsverbot ist mitbeteiligt daran, dass der ökologisch fragwürdige Kraftfutter-Import in den vergangenen zehn Jahren derart angestiegen ist. Edelstücke sehr gefragt Die Schweiz bezieht rund die Hälfte des Schaffleischkonsums aus Australien und Neuseeland und zwar samt und sonders Edelstücke. Dafür müssen in den Herkunftsländern über 2 Millionen Schafe geschlachtet werden. Die weniger edlen Teile dieser Schlachtkörper gelangen in den asiatischen Raum. Ähnliche Beobachtungen – Konzentration der Fleischimporte auf Edelstücke – lassen sich bei Rindfleisch und Poulets aufzeigen. Mittlerweile stellt die zunehmende Nachfrage der kaufkräftigen Schweizer Konsumenten nach Edelstücken ein grundsätzliches Problem dar. Die Verwertung der übrigen Teile eines im Inland aufgezogenen und geschlachteten Tieres wird so nämlich immer schwieriger. Die „minderwertigen“ Fleischanteile müssen deklassiert und unter ihrem Wert verkauft oder exportiert werden, sodass die Metzger im Gegenzug die Edelstücke inländischer Tiere preislich überproportional belasten, um trotzdem auf ihre Rechnung zu kommen. Damit verlieren diese gegenüber Importen weiter an Konkurrenzkraft. Zudem müssen durch diese einseitige Edelteil-Nachfrage mehr Tiere gemästet und geschlachtet werden. Die Tierzucht versucht dem Rechnung zu tragen und setzt auf Zuchtlinien mit hohen Anteilen wertvoller Fleischstücke, was dann prompt beim Schwein und Geflügel zu negativen Einflüssen auf Tierwohl und Tiergesundheit führt. (Text: Hansuli Huber) Tierwohl und Ökologie im Verbund
Die Mutterkuhhaltung wächst langsam, aber stetig. Mutterkuh Schweiz zählt 5'291 Mitglieder, der Mitgliederbestand hat im 2012 um 168 Betriebe zugenommen. Dort, wo gutes Gras wächst und wo Tiere auf der Weide gehalten werden, ist die Mutterkuhhaltung zu Hause. Die Hälfte der Mitgliederbetriebe befindet sich in den Bergzonen, ein Sechstel in der Hügelzone und ein Drittel in der Tal- und Übergangszone. Eine Produktionsform ist umso nachhaltiger, je besser qualitative, wirtschaftliche, ethische, ökologische und soziale Faktoren erfüllt werden. Die Partnerschaften einerseits mit Bell und Coop und andererseits mit Traitafina, Manor und Gastrobetrieben sind beständig und konstruktiv. Es wird eine Win-Win-Strategie verfolgt. Die Verarbeiter und Verkäufer verlangen besondere Leistungen von den Landwirten und umgekehrt werden diese zugunsten der Landwirte in Wert gesetzt. Von den verlässlichen Abmachungen über Qualitäten, Mengen und Preise profitiert die ganze Wertschöpfungskette - und das Tier. Die Aussichten für die kommenden Jahre sind positiv. Für alle Produkte werden Betriebe und Tiere gesucht. Im 2012 hat die Zahl an Schlachttieren aus den Marken von Mutterkuh Schweiz erstmals die 50‘000er Marke überschritten. Mit 50‘263 Tieren (806 mehr als im Vorjahr) konnte eine stattliche Menge zugunsten der angeschlossenen Produzenten mit Mehrpreis verkauft werden. Unter diesen waren 36‘872 Natura-Beef, 4‘397 SwissPrimBeef, 3‘491 Natura-Veal und 5‘455 Natura-Tiere. Natura-Beef, Natura-Veal und Natura-Tiere werden vornehmlich von Coop vermarktet. Zusätzlich wird Fleisch dieser Marken über die Direktvermarktung und einzelne Metzgereien verkauft. SwissPrimBeef wird, mit Ausnahme der Direktvermarktung, von Traitafina über die Gastronomie und Manor verkauft. Weiterlesen: Nutztiere auf die Weide: Nutztiertagung 25.4.2013 erster Teil: Zusammenfassung und Biofleisch. | |||||||||||