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9.9.2013 Breite Front gegen Milchmarkt-Öffnung Eine Studie zeigt existenzielle Probleme für die Milchbauern auf, sollte der Milchmarkt geöffnet werden. Doch nicht nur die Produzenten stehen dem Milch-Freihandel ablehnend gegenüber.
Am vergangenen Dienstag stellte die Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) eine von den Schweizer Milchproduzenten (SMP) in Auftrag gegebene Studie vor. Gemäss dieser würde der Produzentenpreis für Milch um rund 17 Rappen pro Kilo sinken. Ein Rückgang, denn die meisten Produzenten nicht verkraften könnten. Dass die Milchbauern bei einem Freihandel verlieren, weil die Preise sinken, kommt nicht unerwartet. "Die Resultate sind nicht überraschend, wohl aber deren Ausmass und dass die gesamte Wertschöpfungskette betroffen wäre", sagte SMP-Präsident Hanspeter Kern bei der Vorstellung der Studie. Dass nicht nur die Milchbauern, sondern auch die Verarbeiter einer sektoriellen Öffnung des Milchmarktes sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, zeigte das Politforum der Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) von letztem Donnerstag im Luzerner Verkehrshaus. Emmi gegen sektorielle Öffnung "Bei einer sektoriellen Öffnung würde ich als Bauer auch keine Milch mehr produzieren", erklärte Emmi-CEO Urs Riedener. Er gehe davon aus, dass eine Marktöffnung irgendwann mal kommen wird, es stelle sich aber die Frage, ob es sinnvoll sei, jetzt sektoriell vorauszuschiessen. Riedener geht davon aus, dass bei einer Öffnung der weissen Linie auf rund 30 Prozent der Menge von Milch, Rahm und Butter Druck aus dem Ausland kommen würde. Dies mit dem Export wieder reinzuholen hält er kaum für praktikabel, wenn man nicht beim Preis unter EU-Niveau gehen würde. Riedener warnte denn auch davor, die weisse Linie vorschnell zu öffnen. "Ich bin nicht überzeugt davon, dass wir den Hebel am richtigen Ort ansetzen, weil die Milchwirtschaft die Branche ist, die international am wettbewerbsfähigsten ist", sagte Riedener. "Oder kennen sie eine Firma, die zuerst ihren stärksten Bereich abbaut?" Emmi sei zwar der Meinung, dass man über eine gesamte Marktöffnung und über deren Bedingungen sprechen könne, es aber ein Spiel mit dem Feuer sei, wenn man voreilig einen Bereich angehe, in dem man sehr viele Stärken habe. Etwas zurückhaltender äusserte sich Thomas Eisenring, neuer CEO des Milchpulverspezialisten Hochdorf. Die Hochdorf-Gruppe habe seit jeher eine liberale Einstellung, eine Öffnung der weissen Linie ohne Begleitmassnahmen sei jedoch undenkbar, so Eisenring. Den Schlusspunkt setzte Konrad Graber, VR-Präsident von Emmi und Ständerat: "Die Öffnung der weissen Linie ist gestorben", zeigte er sich überzeugt. Die Studie im Überblick Untersucht hat die Fachhochschule HAFL 14 Betriebe. Dabei handle es sich nicht um repräsentative Betriebe, sondern um "gut gewappnete, denen man am ehesten ein Bestehen bei einer Marktöffnung zutrauen würde", wie Projektleiter Roger Schwarzenbach erklärte. Die Resultate zeigen aber, dass auch diese im Falle einer Marktöffnung kaum eine Chance hätten, wenn keine speziellen Hilfsmassnahmen des Bundes getroffen werden. Insgesamt würde sich laut HAFL-Studie der Produzentenpreis für Industriemilch noch rund 5 bis 10 Prozent über dem EU-Niveau bei rund 40 Rappen pro Kilo bewegen. Der Biomilchpreis wird auf etwas mehr als 50 Rappen geschätzt. Untersucht wurde vom HAFL auch, inwiefern der Rest der Wertschöpfungskette betroffen wäre. Für die Verarbeiter würden sich Chancen im Exportmarkt bieten, die Verknappung des Rohstoffs Milch in der Schweiz könnte aber zu mangelnder Kapazitätsauslastung führen. Der Detailhandel könnte mit ausländischen Markenprodukten das Sortiment attraktiver gestalten, würde aber wegen Tiefpreisprodukten in Gefahr laufen, mit tieferen Margen Vorlieb nehmen zu müssen. Die SMP wollen die Öffnung der weissen Linie noch nicht beurteilen und zunächst abwarten, wie der Bericht des Bundesrates ausfällt. Die Wirtschaftskommission des Nationalrates verlangt vom Bundesrat mittels einer Motion einen Bericht, welche Auswirkungen eine Öffnung der weissen Linie hätte. Der Bericht soll Ende Jahr vorliegen. Die HAFL-Studie sowie eine Kurzfassung sind unter www.swissmilk.ch abrufbar. Weisse und gelbe Linie Unter der weissen Linie versteht man sämtliche Milchprodukte mit Ausnahme von Käse und Quark. Also Konsummilch, Milchgetränke, Joghurt, Rahm oder Butter. In diesem Bereich existiert derzeit kein Freihandel. Im Gegensatz dazu ist der Markt der gelben Linie – Käse und Quark – bereits seit 2007 geöffnet. Seither nahmen sowohl Exporte als auch Importe zu. Bei der gelben Linie hatte die Schweiz aber bereits vor der Marktöffnung über den Käse im Ausland Fuss gefasst. Möglich machten dies vor allem bekannte Käsemarken, die sich von ausländischen Produkten abheben lassen. In der weissen Linie hingegen müsste im europäischen Ausland praktisch von Null begonnen werden, wobei eine Differenzierung zum Ausland je nach Produkt nur schwer zu erreichen ist. (Text: LID) | ||||