Food aktuell
Varia
24.9.2014
Nachhaltige Verpackungen: Grün und unkaputtbar



Öko ist Trumpf: Verpackungen aus Biokunststoffen bestehen häufig aus nachwachsenden Rohstoffen und passen in die Nachhaltigkeits-Strategie.


Der britisch-niederländische Konsumgüterkonzern Unilever verfolgt eine ehrgeizige Strategie: Er will seinen Umsatz von derzeit rund 40 Milliarden Euro bis 2020 weltweit verdoppeln und zugleich durch Effizienzgewinne bei Verpackungen und Produktion seinen CO2-Ausstoss halbieren. Zudem übernimmt Unilever mehr soziale Verantwortung: Unter anderem sollen bis 2020 eine halbe Million Kleinbauern und Kleinhändler in den Entwicklungsländern in seine Lieferkette eingebunden werden. „Wir möchten ein nachhaltiges Unternehmen in jeder Bedeutung des Wortes sein“, sagt Unilever-Chef Paul Polman.

Doch geht es dem Manager nicht vorrangig um die Bewahrung der Schöpfung, sondern den wirtschaftlichen Erfolg. Für viele Verbraucher ist nachhaltiges Handeln zu einem wichtigen Kaufkriterium geworden. Wurde früher kaum nach Herkunft, Art der Produktion und Verpackung gefragt, stehen ökologisch und moralisch „saubere“ Waren heute hoch im Kurs.

Deshalb schätzt der US-Marktforscher Pike Research, dass sich der weltweite Umsatz mit nachhaltigen Verpackungen im Zeitraum 2009 bis 2014 von 88 auf 170 Milliarden US-Dollar fast verdoppeln wird. „Das Umweltbewusstsein der Verbraucher hat durch die aktuelle Klimadiskussion deutlich zugenommen“, erklärt Pike Research-Chef Clint Wheelock.

Lebensstile werden „grüner“

Neben Klimaschutz spielen soziale Aspekte eine zunehmende Rolle. Moderne Konsumenten wollen gesünder leben und legen daher Wert auf natürliche Nahrungsmittel, die absolut sicher verpackt sind und unverfälscht schmecken. Auch wird dieser Klientel immer wichtiger, dass sich die Produkthersteller gesellschaftlich engagieren und fair gehandelte Waren anbieten.

„Wir sehen einen Trend zum ethischen Konsum“, erklärt der Analyst Jens Lönneker vom Kölner Marktforscher Rheingold. Seine Beobachtung: Fairtrade ist bei den sogenannten Lohas (Lifestyle of Health and Sustainability), also der Konsumentengruppe, die ihre Lebensweise auf Gesundheit und Nachhaltigkeit ausrichtet, längst etabliert. Nun geht der Zug weiter in die Gemeinde 18-plus, die sich statt konventionellen Softdrinks oder Pils lieber Fairtrade-Bier oder -Limo in chicen Flaschen bestellen.

Für die Industrie ist der Nachhaltigkeitstrend Fluch und Segen zugleich. Einerseits muss sie neue Produkte und Kampagnen entwickeln, was hohe Kosten verursacht. Andererseits verspricht die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten wirtschaftliches Wachstum. Darum verfolgen besonders die finanzstarken Grosskonzerne wie Coca Cola, Kraft Foods oder Unilever umfassende Nachhaltigkeitsstrategien. Sie unterstützen Umwelt-, Natur- und Hilfsorganisationen oder leisten selbst Entwicklungshilfe. Und sie investieren in effizientere Produktionsstätten und Verpackungen. „Wir werden unseren Materialverbrauch bis 2020 um ein Drittel senken“, verspricht Unilever-Chef Polman.

Die Verpackungshersteller helfen der Industrie, ihren ökologischen Fussabdruck zu verkleinern. Sie entwerfen neue Verpackungen und entwickeln die Produktionsprozesse dafür. Das ist keine leichte Aufgabe: Zwar sollen durch geringere Materialstärken und kleinere Anteile ressourcenintensiver Werkstoffe Rohstoffe gespart werden, doch darf darunter nicht die Dichtigkeit und Stabilität der Verpackung leiden. „An erster Stelle steht der Schutz des Füllguts“, sagt Stefan Glimm, Geschäftsführer des deutschen Gesamtverbands der Aluminiumindustrie (GDA).

Sicherheit hat Vorrang

Sicherheit ist nicht ohne Grund oberstes Gebot: Laut der Europäischen Organisation für Verpackung und Umwelt (EUROPEN) ist der Wert, der in Nahrungsmitteln eingetragenen und gebundenen Ressourcen wesentlich höher als der Wert der Verpackung, die das Produkt schützt. Daher verursachen Produktverluste durch unzureichende Verpackung mehr CO2-Emissionen als durch Vermeiden überflüssiger Verpackung eingespart wird. In Entwicklungsländern sind Nahrungsmittelverluste (foodwaste) ein grosses Problem: Hier gehen nach Angaben von EUROPEN 40 Prozent der Waren in der Lieferkette verloren. Ein besserer Schutz der Produkte in diesen Ländern könnte die Umwelt somit erheblich entlasten.

Die deutsche Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) ist überzeugt: Kunststoff ist für nachhaltige Verpackungen bestens geeignet. „Er ist sehr vielseitig“, erklärt Isabell Schmidt, IK-Referentin für Umwelt und nachhaltige Entwicklung. Kunststoff biete Schutz, sei transparent und dank des geringen Gewichts der Verpackungen liessen sich beim Transport Kosten und CO2-Emissionen sparen. Und die Branche will ihre Nachhaltigkeitsleistung noch steigern. „Ziel sind unter anderem noch leichtere Verpackungen und der weitere Ausbau des Recyclings“, sagt Schmidt.

Neben dem weltweit am häufigsten für Verpackungen verwendeten Material Kunststoff, bieten auch die übrigen gängigen Packmittel Papier/Pappe, Glas und Metall/Aluminium für eine nachhaltige Verpackungsstrategie an, denn jedes einzelne hat seine individuellen Vorteile.

Papier, Karton und Pappe zum Beispiel haben nach einer Untersuchung des niederländischen Forschungsinstituts CE Delft einen geringeren CO2-Fussabdruck als die meisten anderen Verpackungen, was sich unter anderem mit einer effizienteren Produktion und geringeren Emissionen bei Transport erklärt. Das CO2-Äquivalent liegt bei Papier & Co bei 676 Kilogramm CO2 pro Tonne Material, das anderer konventioneller Verpackungsmaterialien bei mindestens 1.000 kg CO2.

Glas wiederum kann zwar nicht mit geringem Gewicht punkten, ist aber mehrwegfähig, recycelbar und absolut sicher. „Glas ist inert, lässt also praktisch keine Wechselwirkungen zwischen Inhalt und Verpackung zu“, erklärt Johann Overath, Hauptgeschäftsführer des deutschen Bundesverbands Glasindustrie. Zudem werde es fast ausschliesslich aus natürlichen Rohstoffen hergestellt, die ausreichend in der Natur vorkommen.

Das kommt bei Verbrauchern, die auf reinen Geschmack Wert legen und aus einer „gesunden“ Verpackung konsumieren wollen, gut an. Nach einer Umfrage des europäischen Behälterglasverbands bevorzugen 75 Prozent der befragten Europäer bei der Verpackung Glas, da es zu einem gesunden Lebensstil beiträgt.



Nachhaltiges Material: Aluminiumdosen stehen nicht gerade in dem Ruf, umweltfreundlich zu sein. Dabei liegt ihre Recyclingquote bei 96 Prozent.


Auch Weissblech und Aluminium schützen Nahrungsmittel und lassen sich gut recyceln. Beim Aluminium liegt die Recyclingrate bei 82,3 Prozent, bei Alu-Getränkedosen sogar bei 96 Prozent. „Diese Rate soll durch Schliessen von Kreisläufen weiter erhöht werden“, sagt GDA-Geschäftsführer Glimm. Zudem will die Branche Material sparen. „Ziel ist es, mit weniger Aluminium mehr Produkte zu schützen“, so Glimm.

Biokunststoffe auf dem Vormarsch

Allerdings müssen die Hersteller etablierter Verpackungsmaterialien mit wachsender Konkurrenz durch Biokunststoffe rechnen. Diese sind zwar noch nicht so vielseitig einsetzbar wie konventionelle Kunststoffe auf Erdölbasis, holen aber mit immer weiter verbesserten Eigenschaften auf: Die britische Firma Innovia Films bietet unter dem Namen Natureflex eine abbaubare Kunststofffolie für Lebensmittel an, die zu 100 Prozent kompostierbar ist. Diese mehrschichtige Biofolie habe, so Marketingchef Andy Sweetman, hervorragende Barrierewirkung gegenüber Feuchtigkeit und Gasen, die Lebensmittel wie Kekse dauerhaft knusprig halte.

Der deutsche Biokunststoffhersteller FKuR Kunststoff setzt ebenfalls auf überlegene Barrierewirkung: Die Firma produziert unter anderem mehrschichtige Biofolien, die auch in Öko-Babywindeln für Auslaufsicherheit sorgen. Besonders für tiefe Temperaturen geeignete Bioverpackungen, eine Neuentwicklung von FKuR, werden für die Verpackung von Tiefkühlkost eingesetzt. (Text: Interpack)  

Messetipp: Interpack 2014

Rund 2.700 Aussteller aus mehr als 60 Ländern präsentieren auf der Interpack Messe Düsseldorf vom 8. bis 14.5.2014 Innovationen, Produkte und Dienstleistungen von der Rohstoffverarbeitung bis zur Präsentation beim Endkunden. Das Angebotsspektrum umfasst dabei Verpackungs- und Prozesslösungen für Unternehmen aus den Bereichen Nahrungsmittel und Getränke, Süss- und Backwaren, Pharma und Kosmetik, Non-Food Konsumgüter, Industriegüter und verwandte Services sowie Packstoffe, Packmittel und deren Herstellung.


Die Interpack Düsseldorf Messe ist die internationale Messe für Verpackungsmaschinen, Packmittel und Süsswarenmaschinen. Sie ist die grösste und erfolgreichste Messe für Verpackungsinnovationen und Prozesse der Welt.
www.interpack.de


Copyright http://www.foodaktuell.ch