Food aktuell
Varia
17.2.2014
Antibiotika-Resistenzen auf dem Vormarsch



Wirkungsnachweis für Antibiotika: Bakterien können nicht in den hellen Kreis hineinwachsen, in dessen Zentrum eine Antibiotikatablette eingefügt worden war


In neun von zehn untersuchten rohen Pouletproben hat das kantonale Labor Basel Cephalosporin-resistente Enterobakterien nachgewiesen. Insbesondere multiresistente Bakterien können zu schwer therapierbaren Infektionen führen. Als mögliche Ursachen für das vermehrte Auftreten von Antibiotikaresistenzen werden ein übermässiger Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin wie auch in der Lebensmittelproduktion angenommen.

Was ist antimikrobielle Resistenz?

Die Entstehung und Ausbreitung von Mikroben, die gegenüber preiswerten Standardmedikamenten resistent sind, ist eine unvermeidliche Folge des anhaltenden - und manchmal wahllosen - Gebrauchs von antimikrobiellen Substanzen bei Mensch und Tier. Die Herausforderung besteht darin, die Entwicklung von Bakterien, die Gene mit antimikrobieller Resistenz enthalten, zu verzögern und ihre Ausbreitung zu reduzieren.

Antimikrobielle Substanzen, beispielsweise Antibiotika, sind Wirkstoffe, die Mikroorganismen, mit Ausnahme von Viren, töten oder deren Wachstum hemmen. Sie werden üblicherweise bei der Behandlung menschlicher Krankheiten verwendet (z. B. Tuberkulose), und sie spielen eine bedeutende Rolle bei gewissen Operationen, wo sie das Risiko von Komplikationen reduzieren.

Darüber hinaus werden sie häufig in der Veterinärmedizin verwendet (z. B. bei Mastitis, Lungenentzündung), sowie für nicht-therapeutische Zwecke (z. B. zur Desinfektion oder als Konservierungsmittel). Die antimikrobielle Resistenz (AMR) ist die Fähigkeit eines Mikroorganismus, einer Behandlung mit antimikrobiellen Substanzen, die zuvor gewirkt hatte, zu widerstehen. AMR ist eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Wenn ein Mikroorganismus kontinuierlich einer nicht tödlichen Menge einer antimikrobiellen Substanz ausgesetzt wird, entwickelt er Mechanismen, die ihn dagegen resistent machen. Und er kann die Gene mit der antimikrobiellen Resistenz leicht an andere übertragen. Mikroorganismen können so gegen ein breites Spektrum von Antibiotika resistent werden.

AMR-Mikroorganismen können sich auf vielfache Weise verbreiten (z. B. über Menschen, Tiere, die Umwelt oder Lebensmittel) und möglicherweise eine Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen wirkungslos machen. Besondere Sorge bereitet die Entwicklung von AMR bei Campylobacter und Salmonellen.

Antimikrobielle Substanzen sind in der Human- und Veterinärmedizin unverzichtbar, obwohl ihre zu häufige oder missbräuchliche Verwendung nachweislich ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung von Resistenz ist. Zur Minimierung der Gefahr durch AMR und um zu gewährleisten, dass antimikrobielle Wirkung sowohl für die tierische als auch menschliche Gesundheit erhalten bleibt, ist ein angemessener und verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika durch alle erforderlich.

Was tun die Behörden?

In der EU wurden verschiedene gesetzliche Massnahmen getroffen, um die Aufsicht und Kontrolle von antimikrobiellen Substanzen bei der Primärproduktion von Nahrungsmitteln zu verbessern. Dazu gehören die Genehmigung und die Erklärung von Bedingungen für den Gebrauch von Medikamenten durch die European Medicines Authority (EMA) [Europäische Arzneimittelbehörde], Kontrollprogramme für die Überwachung des Vorkommens pharmakologisch aktiver Substanzen (einschliesslich antimikrobieller Substanzen) in Lebensmittelprodukten tierischen Ursprungs, die Aufstellung von Leitlinien für Tierarzneimittel und für Rückstandshöchstwerte (Maximum Residue Levels /MRLs) für antimikrobielle Wirkstoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs.

Darüber hinaus wurde im Jahr 2006 in der EU die Verwendung von Antibiotika zum Zweck der Wachstumsförderung verboten. Diese Vorsichtsmassnahme wurde getroffen, um die Entwicklung eines Bestands an AMR-Bakterien bei tierischen Nahrungsmitteln abzuschwächen. Die European Food Safety Authority (EFSA) [Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit] arbeitet eng mit anderen EU-Behörden zusammen, um das Problem AMR in Europa zu bekämpfen.

Jährliche Überwachung und Berichterstattung von AMR bei zoonotischen Bakterien in Menschen, Tieren und Lebensmitteln wird von der EFSA, dem European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) [Europäisches Zentrum für Krankheitsbekämpfung und –kontrolle] und der European Commission (EC) [Europäische Kommission] durchgeführt. Diese Daten werden von der EFSA überprüft, die anschliessend Empfehlungen zur Vermeidung und Reduzierung von AMR in den Lebens- und Futtermittelketten ausspricht.

Beispielsweise berichtete die EFSA, dass MRSA [Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus] bei Vieh nur einen kleinen Teil der insgesamt gemeldeten Fälle von MRSA-Infektionen in der EU im Jahr 2009 darstellten, und dass 59% von Campylobacter jejuni und 50% von Salmonella spp., von Proben aus Hähnchenfleisch im Jahr 2011, resistent gegenüber Iprofloxacin waren: einem klinisch wichtigen Antibiotikum, das zur Behandlung der Salmonellenerkrankung und von Infektionen mit Campylobacter verwendet wird.

Die Europäische Kommission ist ebenfalls pro aktiv in der Bekämpfung von AMR und hat einen Aktionsplan erstellt, der Folgendes umfasst: die Entwicklung wirkungsvoller antimikrobieller Substanzen (und Alternativen dazu), deren sachgerechte Verwendung, Verhütung von Infektionen und deren Verbreitung, Beobachtung und Überwachung, Forschung, Innovation und Bildung: einschliesslich Kampagnen wie den European Antibiotics Awareness Day [Europäischer Tag für Antibiotika-Bewusstsein] (18. November).

Weitere wichtige Initiativen sind nationale Strategien - beispielsweise “Responsible Use of Medicines in Agriculture” (RUMA) [verantwortungsbewusste Verwendung von Arzneimitteln in der Landwirtschaft] - und weltweite Strategien - beispielsweise das “One Health”-Konzept (alle Aspekte der Gesundheitsversorgung von Menschen, Tieren und der Umwelt gemeinsam anzugehen) und der Aufruf der World Health Organisation (WHO) für Bewusstsein und gemeinsame Verantwortung im Umgang mit dem Thema AMR. (Text: Eufic)

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