Food aktuell
Varia
28.10.2014
Food-Viren auf dem Vormarsch


Lebensmittelbedingte Virusinfektionen können zB von Norovirus, Rotavirus oder Hepatitis verursacht werden. Betroffen können zB Früchte und Gemüse sein, die auf einem mit tierischen Abfallprodukten gedüngten oder mit kontaminiertem Wasser bewässerten Boden angebaut werden. Riskant ist der Verzehr roh oder ungenügend gegart. Antibiotika sind unwirksam.


Verschiedene Viren sind für lebensmittelbedingte Erkrankungen und deren Übertragung verantwortlich. Der Norovirus und der Hepatitisvirus stehen dabei im Vordergrund. Ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung von guten Lebensmittelhygienepraktiken und Hygieneschulungen sind bei der Produktion und Handhabung von Lebensmitteln notwendig, um die von Viren übertragenen lebensmittelbedingten Erkrankungen auf ein Mindestmass zu beschränken. Eine Verbesserung der Methoden zum Nachweis der Viren wird eine bessere Überwachung der Nahrungsmittel ermöglichen und dazu beitragen, die Sicherheit der für lebensmittelbedingte Virusinfektionen am häufigsten verantwortlichen Nahrungsmittel zu verbessern.

Lebensmittelbedingte Viruserkrankungen (d.h. Erkrankungen, die auf den Verzehr verseuchter Nahrungsmittel zurückzuführen sind) stellen weltweit ein zunehmendes Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Es hat sich herausgestellt, dass lebensmittelbedingte Virusinfektionen häufig die Ursache von lebensmittelbedingten Erkrankungensind. 2007 waren in der Europäischen Union 12% aller lebensmittelbedingten Kranheitsausbrüchen auf Viren zurückzuführen. Gemäss dem Bericht der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) stieg dieser Prozentsatz 2012 auf 14% an. (Quellen: Fussnoten 1,2)

Was sind Viren?

Viren sind sehr kleine infektiöse, aus einem DNA- oder RNA-Genom bestehende, Mikroorganismen (d.h. mit einer durchschnittlichen Grösse von einem Hundertstel eines normalen Bakteriums), die von einer Proteinhülle umgeben sind.3 Im Gegensatz zu Bakterien können sich Viren nur in lebenden Zellen anderer Organismen vermehren (sie haben im Gegensatz zu Bakterien keinen Stoffwechsel, daher sind Antibiotika unwirksam). Jedoch sind viele Viren gegenüber Stressfaktoren wie Hitze, Trockenheit, Gefrieren, UV-Strahlen usw. sehr widerstandsfähig und können über einen langen Zeitraum in den Nahrungsmitteln oder in der Umwelt überleben.

Die Mehrheit der Virusinfektionen erfolgt durch eine Übertragung von Mensch zu Mensch, dagegen stellt die Übertragung über Lebensmittel im Gesamtkontext ein geringeres Risiko dar.3,4. Für die meisten lebensmittelbedingten Virusinfektionen sind ganz bestimmte Viren verantwortlich:
•Norovirus (ist für die häufigste lebensmittelbedingte Virusinfektion verantwortlich, die Gastroenteritis, Durchfall, Brechreiz und abdominale Schmerzen verursacht),
•Hepatitis A und E (die eine Leberentzündung verursachen), •Rotavirus (der insbesondere bei Kindern zum Auftreten von Gastroenteritis führt).5-8

Alle für lebensmittelbedingte Virusinfektionen verantwortliche Viren stammen aus dem Darm von Mensch und Tier. Diese Viren verbreiten sich häufig über die Fäkalien und über andere Körperflüssigkeiten. Da sich Viren nicht in Nahrungsmitteln vermehren können, hat die über Lebensmittel erfolgende Übertragung der Viren folgende Ursachen:
•Verseuchung der Lebensmittel aufgrund mangelnder Hygiene des Lebensmittel verarbeitenden Personals, das sich mit dem Virus infiziert hat;
•Kontakt der Nahrungsmittel mit tierischen oder menschlichen Ausscheidungen oder mit durch Ausscheidungen verseuchtem Wasser;
•Der Verzehr von mit dem Virus infizierten Produkten tierischen Ursprungs (z.B. Fleisch, Fisch usw.).1,3,7,9
Der Anteil der verschiedenen Kontaminationsarten, durch die die Viren lebensmittelbedingte Erkrankungen verursachen, wurde nicht bestimmt.1

Betroffene Nahrungsmittel

Folgende Nahrungsmittelgruppen sind hauptsächlich für lebensmittelbedingte Virusinfektionen verantwortlich:
•Schalentiere (z.B. Austern, Muscheln) und Krustentiere, sowie deren Erzeugnisse, die in Gewässern gezüchtet und/oder gefangen werden, welche sich in der Nähe von Abwasserleitungen befinden (z.B. in der Nähe von Abwasseraufbereitungsanlagen),
•Obst und Gemüse, das auf einem mit tierischen Abfallprodukten gedüngten oder mit kontaminiertem Wasser bewässerten Boden angebaut wird, •Halbgegartes Fleisch, beispielsweise Schweinefleisch.1,6,7,10

In der EU waren 2008 vor allem Krusten- und Schalentiere, sowie deren Erzeugnisse, für den Ausbruch lebensmittelbedingter Virusinfektionen verantwortlich.1,2 2013 dagegen waren die nennenswertesten lebensmittelbedingten Erkrankungen auf den in Beerenmischungen und Erdbeeren gefundenen Hepatitis-A-Virus zurückzuführen, an dem 315 Menschen in 11 europäischen Ländern erkrankten.11-12

Es wird vermutet, dass ein Grossteil der lebensmittelbedingten Virusinfektionen erst gar nicht diagnostiziert und demzufolge nicht gemeldet werden.1-2 Dies geschieht oft, weil viele Menschen keinen Arzt aufsuchen, wenn sie eine milde Form von Gastroenteritis haben, welche auf lebensmittelbedingte Virusinfektionen zurückzuführen ist.

Nachweis von Viren

Der Nachweis von Viren, die lebensmittelbedingte Virusinfektionen verursachen, ist schwierig und erfordert im Vergleich zum Nachweis der meisten in Lebensmitteln vorhandenen Bakterien eine andere Vorgehensweise. Da Viren nicht wie Bakterien im Labor gezüchtet werden können, müssen oft molekulare, verschiedene Vorgänge beinhaltende, Verfahren eingesetzt werden, um die Viren extrahieren, reinigen und identifizieren zu können.8,12,13

Standardmethoden zum Nachweis von Viren sind nicht allgemein zugänglich und deshalb ist es schwer Sicherheitsgrenzwerte für die in Nahrungsmitteln vorhandenen Viren festzulegen. Obwohl mikrobiologische Qualitätskontrollen für Nahrungsmittel oft als Indikatoren zum Nachweis von Viren verwendet werden, gibt es substantielle Hinweise, die zeigen, dass diese Kriterien nicht ausreichen, um die Verbraucher vor lebensmittelbedingten Virusinfektionen zu schützen.4

Ein Europäisches Kommittee hat vor kurzem eine standardisierte Labormethode entwickelt und veröffentlicht (d.h. eine allgemein akzeptierte Methode, die von verschiedenen Labors durchgeführt werden kann, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen) um Noroviren und Hepatitisviren in Nahrungsmitteln wie z.B. Krustentieren, weichen Früchten, frischen Produkten und abgefülltem Wasser nachweisen zu können.12,13

Wie können lebensmittelbedingte Virusinfektionen vermieden und kontrolliert werden? Antibiotika sind gegen Viren unwirksam und deshalb sollten zur Prävention lebensmittelbedingter Virusinfektionen folgende Massnahmen ergriffen werden:
•Training und Bewusstseinsbildung für gute Hygienepraktiken (z.B. Händewaschen, Waschen und angemessene Verarbeitung von Obst und Gemüse, adäquate Lagerung von Nahrungsmitteln im Kühlschrank, sorgfältige Garung von Schweinefleisch). Dies ist besonders wichtig, wenn Nahrungsmittel für kranke oder geschwächte Menschen, z.B. in Krankenhäusern, zubereitet werden.
•Kranke Angestellte sollten nicht mit der Zubereitung und dem Servieren der Speisen beauftragt werden.
•Für die Bewässerung von Pflanzen, insbesondere für verzehrfertige Pflanzen, sollte sauberes Wasser verwendet werden.
•Zur Pflanzendüngung, vor allem für verzehrfertige Pflanzen, sollten keine tierischen Düngemittel verwendet werden.
•Krustentiere sollten in sauberem, vor Abwässern geschütztem Meerwasser gezüchtet werden.5,7
(eufic/FOOD TODAY)

  Literaturangaben:
1.EFSA (2011). Update on the present knowledge on the occurrence and control of foodborne viruses. EFSA Journal 9(7):2190.
2.EFSA (2014). The European Union summary report on trends and sources of zoonoses, zoonotic agents and food-borne outbreaks in 2012. EFSA Journal 12:1-312.
3.Koopmans M and Duizer E (2004). Foodborne Viruses: An Emerging problem. International Journal of Food Microbiology 90:23-41.
4.Newell DG, Koopmans M, Verhoef L, et al. (2010). Foodborne Diseases: The challenges of 20 years ago still persist while new ones continue to emerge. International Journal of Food Microbiology 139(Suppl. 1):S3-S15.
5.Koopmans M (2012). Foodborne viruses from a global perspective. In: institute of medicine (US). Improving food safety through a one health approach: workshop summary. Washington (DC): National Academies Press (US).
6.Scallan E, Hoekstra RM, Angulo FJ, et al. (2011). Foodborne illness acquired in the united states: major pathogens. Emerging Infectious Diseases 17(1):7-15.
7.World Health Organisation (2008). Viruses in food: scientific advice to support risk management, MRA Series 1: Microbiological Risk Assessment Series, No. 13.
8.Stals A, Baert L, Coillie EV, et al. (2012) Extraction of foodborne viruses from food samples: a review. International Journal of Food Microbiology 153:1-9.
9.Vasickova P, Pavlik I, Verani M, et al. (2010). Issues concerning survival of viruses on surfaces. Food and Environmental Virology 2:24–34.
10.Said B, Ijaz S, Chand MA, et al. (2013). Hepatitis E virus in England and Wales: Indigenous infection is associated with the consumption of processed pork products. Epidemiology & Infection 20:1-9.
11.European Commission (2014). Rapid Alert System for Food and Feed (RASFF) Annual Report 2013.
12.EFSA (2014). Scientific opinion on the risk posed by pathogens in food of non-animal origin. Part 2 (Salmonella and Norovirus in berries). EFSA Journal, 12(6), 3706.
13.ISO (2013). Microbiology of food and animal feed: Horizontal method for determination of hepatitis A virus and norovirus in food using real-time RT-PCR: Part 1: Method for quantification and Part 2: Method for qualitative detection. ISO/TS 15216:1-2.

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