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10.6.2015 Bio wird regional
Im Schweizer Biomarkt hat sich eine Vielfalt an Erfolgsmodellen etabliert, sei dies in Zusammenarbeit mit einem Verbandslabel (Bio Suisse, Demeter), Eigenmarken des Detailhandels wie Migros Bio und Bio Natur Plus (Manor Food) oder der Positionierung als Biofachhandelsgeschäfte in Koordination mit dem Biogrosshandel. Gemeinsam ist allen Biovermarktungsprogrammen in der Schweiz eines: Beim Bezug aus der einheimischen Biolandwirtschaft wird der Knospe-Standard als allgemein anerkannte Qualitätsbasis vorausgesetzt. Dies auch dann, wenn in der Vermarktung das Knospe-Label nicht zum Einsatz kommt. Für neuen Wind sorgt der Eintritt deutscher Biovermarkter wie Alnatura (Bild) in Kooperation mit der Migros. Der Biofachhandel steht seit vielen Jahren unter dem Druck der Biolinien in fast allen Grossverteiler-Kanälen. Biofachgeschäfte, die den Schritt in die Zukunft schaffen, was oft auch eine erfolgreiche Nachfolgeregelung bedingt, haben jedoch durch Kundennähe, Sortimentsvielfalt nach den vielfältigen Bedürfnissen der Kundschaft nach wie eine intakte Zukunftschance. Der grösste Konkurrent des Schweizer Lebensmittelhandels liegt jedoch zunehmend jenseits der Landesgrenzen, wo sich nicht nur Discounter, sondern zunehmend auch Bio- und weitere Qualitätsanbieter direkt auf die Schweizer Kundschaft ausrichten. Die mit grosser Wahrscheinlichkeit längerfristig ungünstige Währungssituation schränkt auch das Potential für Bioexporte ein, zumindest in das nachbarschaftliche EU-Umland, namentlich nach Deutschland. Bio-Swissness und Regionalität Die Durchlässigkeit der Waren- und Personenströme führen zu einer eigenartigen gleichzeitigen Entwicklung. Swissness und Regionalität gewinnen zwar an Bedeutung. Gleichzeitig fliessen jedoch grosse Umsatzanteile in den grenznahen Raum. Dabei landen nicht nur Discount-Produkte, sondern längst auch Bio- und weitere Qualitätsprodukte in den Schweizer Einkaufskörben. Gleichzeitig „verschweizern” die inländischen Ableger von Aldi und Lidl. Die deutschen Discounter versuchen, sich mit Schweizer Bioqualität zu profilieren. Gerne würden sie auch das Knospe-Label verwenden. Dies erlaubt ihnen jedoch die „Anti-Discounter”-Regelung von Bio Suisse nicht. Trotz wachsendem Konsumtourismus: Für einen wesentlichen Teil der Kundschaft kommt der Schweizer Herkunft besonders bei Biolebensmitteln eine grosse Bedeutung zu. Bio Suisse nimmt diesen Anspruch ernst und bekennt sich klar zur Schweizer Herkunft: Grundsätzlich wird nur importiert, was von Schweizer Biobauern nicht (z.B. Kaffee) oder nicht in genügender Menge (z.B. Getreide) produziert wird. Der Import wird nur zugelassen, wenn die inländische Produktion vermarktet ist. Die Verarbeitung findet hauptsächlich in der Schweiz statt. Die wachsenden Bio-Umsätze gerade mit Brot und Getreideprodukten stellen die Schweizer Biobranche jedoch vor grosse Herausforderungen. Dank jahrelanger Anstrengungen der ganzen Branchen stellen mittlerweile zwar immer mehr Ackerbaubetriebe auf Bio um. Eine vollständige Versorgung mit Inlandgetreide ist jedoch auf lange Sicht nicht realistisch, im Gegensatz zum Labelprogramm IP-Suisse, das den Anspruch 100% Inlandgetreide seit Jahren erfüllen kann. Bio-Region auf den Punkt gebracht Biospezialitäten aus dem unmittelbaren lokalen Umfeld finden vermehrt Eingang in den klassischen Detailhandel. Bei Coop etwa im Rahmen der Plattform „Miini Region”, bei Manor unter dem Programm „lokal”, während beim Regionallabel der Migros „Aus der Region – für die Region” das Einzugsgebiet zumindest für Schweizer Verhältnisse sehr breit gefasst ist. Im Biofachhandel positionieren sich einige Anbieter mit der Strategie „Bio-Regio” und gehen dabei noch weiter als dies dem klassischen Detailhandel möglich ist. Viele Bioläden der 70er und 80er Jahre suchten ihre Lieferanten bereits in der Aufbauphase und der Notwendigkeit gehorchend in der näheren Umgebung. Teilweise stellten sie sogar eigene Produkte her oder packten dies zumindest selber ab.
Regionale Biosortimente rücken seit einiger Zeit wieder in den Fokus. Ausgesuchte regionale Spezialitäten verstärken die lokale Verankerung der Biofachgeschäfte und schaffen damit eine Vertrauensbasis bei einer treuen Stammkundschaft. Exemplarisch zeigt dies das Programm „Us de Region vom Öpfelbaum”. Seit der Eröffnung des Bioladens Öpfelbaum in Uster 1988 fördert der Bioladen regionale Produzenten und Verarbeiter. Heute, 27 Jahre später, setzt Öpfelbaum möglichst konsequent auf Regionalität: „Uns ist es wichtig, lebendiges, nachhaltiges Wirtschaften nach biologischen Grundsätzen in der Region zu fördern”, sagt Sonja Rütimann, Verwaltungsratspräsidentin der Bioladen Öpfelbaum AG. Bioladen Öpfelbaum: Fair heisst auch nah Fairer Handel heisst auch naher Handel, ist man bei Öpfelbaum überzeugt und hat Regionalität klar definiert: 20 Kilometer im Umkreis des Öpfelbaums. Zur „weiteren Region“ wurde der Kanton Zürich erklärt. „So können wir eine gewisse Vielfalt garantieren”, sagt Verwaltungsratspräsidentin Sonja Rütimann. Das System ist äusserst transparent. Mit der Karte, die im und vor dem Öpfelbaum aushängt, wird Klarheit für die Konsumenten geschaffen. Kunden können sich so jederzeit über die Herkunft und den Produzenten ihres regionalen Produktes informieren. Mit einer Karte, auf welcher die Produzenten und Hersteller namentlich verzeichnet sind, sowie dem Logo „Us de Region vom Öpfelbaum” auf allen regionalen Produkten. „Dabei geht es nicht zuletzt um kurze Transportwege und weniger Umweltbelastung”, sagt Mabinty Conteh von der Geschäftsleitung des Bioladens. Markus Schmid, ebenfalls in der Geschäftsleitung, ergänzt: „Wir stossen damit auch die Entwicklung neuer Produkte in der Region an. Dadurch sollen zusätzliche Arbeitsplätze in und um Uster entstehen.” Von den über 50 Lieferanten sind rund 40 Produzenten bzw. Verarbeiter aus der definierten Region. (Text: LID / Peter Jossi) Bio legt generell weiter zu Immer im Frühjahr präsentierte Bio Suisse die aktuellsten Zahlen zum Bio-Markt. In der Regel sind das Wachstumszahlen. Auch 2014 war in dieser Hinsicht keine Ausnahme. So ist der Umsatz um 7,5 Prozent auf 2,207 Mia. Franken geklettert. Noch nie wurde so viel Geld mit Bio-Produkten umgesetzt wie im letzten Jahr. Der Marktanteil erreichte 2014 mit 7,1 Prozent (2013: 6,9%) einen Rekordwert. Sämtliche Absatzkanäle hätten im letzten Jahr zulegen können – vom Grossverteiler bis zum Fachhandel, sagte Marketingleiter Jürg Schenkel. Mit einem Marktanteil von 46,5% und einer Milliarde Franken Umsatz ist Coop nach wie vor klarer Leader im Bio-Markt. Allerdings fiel das Wachstum bei Coop mit 2,5% deutlich kleiner aus als bei der Migros (+14,8%). Laut Schenkel hat die Migros im letzten Jahr viel ins Marketing investiert sowie ihr Bio-Sortiment erweitert. Mittlerweile setzt die Migros 600 Mio. Franken mit Bio-Produkten um, was einem Marktanteil von 27,5 Prozent entspricht. Den höchsten Bio-Anteil verzeichneten im letzten Jahr Eier (22,7%), gefolgt von Frisch-Brot (19,8%) sowie Gemüse, Salat und Kartoffeln (14,6%). Umsatzmässig am wichtigsten sind Milch- und Fleischprodukte. Zwei Drittel des Bio-Umsatzes wird mit Frischprodukten erzielt. Immer wichtiger werden vorverpackte Konsumgüter: Dieses Segmente wuchs im letzten Jahr um 7,3%. Zu wenig Bio-Beeren Die Bio-Fläche nahm um 3'000 auf 132'000 Hektaren zu. Damit macht die Bio-Fläche 12,3% an der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Die Anzahl Knospe-Betriebe hat im letzten Jahr um 95 auf 5'979 Stück zugenommen. Zusammen mit denjenigen Betrieben, die nach Bio-Richtlinien des Bundes wirtschaften, gab es 2014 insgesamt 6'387 Bio-Betriebe – 79 Betriebe mehr als 2013. Seit 2010 hat die Anzahl Bio-Betriebe jährlich um rund zwei Prozent zugenommen. "Dass die Konsumentin und der Konsument nach Bio-Lebensmitteln verlangen, spricht sich in der Landwirtschaft herum", sagte Bio Suisse-Präsident Urs Brändli. Trotz steigender Anzahl Biobauern und einer grösseren Bio-Fläche: Die Nachfrage nach Schweizer Bio-Getreide kann derzeit nicht befriedigt werden; auch beim Rindfleisch (Weidebeef), bei Steinobst, Beeren und Ölsaaten reicht das Angebot nicht aus. Man wolle diese Bereiche gezielt ausbauen, sagte Urs Brändli dazu. Allerdings müsse man aufpassen, dass dadurch nicht andere Bio-Märkte aus dem Gleichgewicht kämen. (LID / Michael Wahl) | |||