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17.6.2015 Falsch-Deklarationen und ihre Folgen
“Das Schlimmste ist weder das Strafverfahren mit einer saftigen Busse, noch der geringere Umsatz und auch nicht die Anwaltskosten von gegen CHF 30‘000.-, sondern dass er sein Gesicht verloren hat. Wenn er mit dem Geschäftsauto herumfährt, überkommt ihn das Gefühl, dass jeder ihn verächtlich anschaut“, etwa so beschrieb der Metzger seine Gefühlslage rund zwei Monate nachdem in den Medien die täuschende Verwendung von Fleisch in seinem Betrieb breitgeschlagen wurde. Immer wieder müssen Lebensmittelkontrolleure täuschende Angaben in Betrieben bemängeln. Häufig wird die falsche Angabe als ein Missgeschick eines Mitarbeiters dargestellt. Falsche Angaben des Produktionslandes von Früchten oder Gemüse werden auch damit begründet, dass eine korrekte Angabe kaum möglich sei, da die Länderherkunft fast täglich wechsle. Andere meinen, dass die Kunden doch gar nicht auf die Herkunft schauen und mancher Wirt will die Herkunft des Fleisches lieber nicht schriftlich deklarieren und meint, der Kunde könne ja nach der Herkunft fragen, wenn er wolle. So nehmen viele Betriebsverantwortliche die korrekte Anschrift und somit auch täuschende Angaben auf die leichte Schulter und meinen, die Lebensmittelkontrolle übertreibe, wenn dies in einem Kontrollbericht unter Kostenfolge bemängelt wird. Ein anderer Metzger, der es unterlassen hatte die Fleischherkunft seines Bündnerfleisches korrekt mit Uruguay anzugeben und auch den Salami aus Italien beim Abpacken fälschlicherweise als “Schweizer Salami“ auslobte, zeigte aber eine ganz andere Reaktion. Er war froh, dass die Lebensmittelkontrolle dies entdeckte und nicht der Kassensturz. Er malte sich aus, was alles passiert wäre, wenn die breite Öffentlichkeit über die Medien von seiner täuschenden Angabe erfahren hätte. In diesem Betrieb wurden die falschen Angaben sofort korrigiert. Zudem durchforschte er zusammen mit der Lebensmittelkontrolle das gesamte Sortiment und fand dabei noch weitere Abweichungen, an die er bis dahin gar nicht gedacht hatte. Es bleibt zu hoffen, dass neben diesem Metzger auch seine Berufskollegen und auch die Tätigen in anderen Branchen begriffen haben, dass Täuschung keine Kleinigkeit ist, denn Täuschende können ihr Gesicht verlieren. Fleisch zu kaufen bleibt eine Vertrauenssache, egal welchem Glauben oder welcher Ideologie jemand angehört. Die Kantonschemiker engagieren sich stark, um Täuschungen der Konsumenten zu unterbinden. So sind für 2015 neben den regelmässigen Inspektionen wieder mehrere Kampagnen zur korrekten Deklaration und Qualität von Fleisch und Fleischprodukten geplant. Dies jedoch nur bezüglich den Regeln der schweizerischen Gesetzgebung. Epidemiologie: mehr Listerien und Campylobacter Im Lauf der letzten 35 Jahre sind immer wieder neue lebensmittelbedingte Krankheiten aufgetaucht. Früher waren es vor allem Salmonellen, die regelmässig Massenerkrankungen auslösten. Immer wieder starben ältere Personen an Salmonellosen. Das Frühlingsfest in Winterthur im Jahr 1991, als die halbe Stadtverwaltung nach dem Genuss von Tatar mit frischem Ei beim Traditionsfest der Brauerei Haldengut das Bett hütete, ist auch heute noch in Erinnerung. Vermehrt treten wieder Listerien auf, die nach wie vor gefürchtet sind. Dies erinnert an die Besiedelung von Vacherin Mont d’or, welche zu zahlreichen Aborten und schweren Erkrankungen führte. Listerien, ubiquitär vorkommende Keime, sind auch heute noch ein Problem, sei es in Lachs, Fleischprodukten, Gorgonzola oder pflanzlichen Lebensmitteln. Massiv zugenommen haben die Erkrankungen durch Campylobacter, einem Krankheitskeim der insbesondere auf rohem Poulet vorkommt und jährlich zu tausenden Erkrankungen führt. Noroviren, vor 20 Jahren auch in Europa als Auslöser von Massenerkrankungen erkannt, können ebenfalls durch Lebensmittel übertragen werden. Die Bedeutung von EHEC, welche im Jahr 2011 in Deutschland viele Erkrankungen nach dem Konsum der Keimlinge von Bockshornklee auslösten, ist wahrgenommen worden. Und Hepatitis A Viren in tiefgefrorenen Früchten waren wiederholt auch in Europa Ursache von Erkrankungen.
Mit dem Einzug preiswerter Elektronik in den technischen Geräten können heute Analysen routinemässig durchgeführt werden, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren. Hochauflösende Chromatographiesysteme mit empfindlichen Massendetektoren können nur mit ausgeklügelten elektronischen Steuerungssystemen und schnellen Computern, welche riesige Datenfluten in kürzester Zeit verarbeiten, betrieben werden. Die Spurenanalytik ist in den letzten Jahren um Zehnerpotenzen empfindlicher geworden. Früher entschied häufig die Nachweisgrenze, ob eine Probe dem Gesetz genügte. Fand man keine Rückstände von Tierarzneimitteln, Pestiziden oder Umweltchemikalien, war die Probe in Ordnung. Heute werden in den meisten Lebensmitteln Fremdsubstanzen gefunden. Damit ist die Interpretation der Messergebnisse schwieriger geworden. Was ist noch gut, was ist tolerierbar, was ist zu viel, wann müssen welche Massnahmen ergriffen werden? Diese Fragen sind meist nicht einfach zu beantworten und fordern den Bund und die Kantone täglich. Die modernen Geräte sind denn auch nicht wegen ihrer grösseren Empfindlichkeit nutzbringend, sondern weil in der Regel mit einer ausgefeilten Arbeitsweise viele verschiedenen Substanzen in einem Analysengang mit der geforderten Präzision detektiert werden können. Das Laborpersonal ist dank der heutigen Geräte um ein Mehrfaches effizienter geworden. Mit der molekularbiologischen Analytik sind der Lebensmittelkontrolle völlig neuartige, leistungsstarke Methoden in die Hand gegeben worden, welche im Sinn des Gesundheitsschutzes und des Täuschungsschutzes effizient eingesetzt werden. Allergene Bestandteile von Lebensmitteln, krankmachende Keime oder falsch deklarierte Tierarten können mit hoher Sicherheit erkannt werden, sofern man spezifisch nach ihnen sucht. Globaler Handel Die Globalisierung des Handels stellt neue Anforderungen an die Kontrolle. Täglich werden riesige Mengen der unterschiedlichsten Lebensmittel in die Schweiz importiert. Bei tierischen Lebensmitteln sind wir äquivalent zur EU. Diese Lieferungen, die über die Flughäfen in Zürich oder Genf importiert werden, haben nicht nur den schweizerischen bzw. den gleichen europäischen Gesetzen zu genügen, sondern müssen auch wie Importe direkt in die EU kontrolliert werden. Dies stellt hohe Anforderungen an die Untersuchungsorgane. Seriöse und korrekte Analysen müssen rasch, zum Teil sogar innerhalb von zwei Arbeitstagen, durchgeführt werden. Ist nämlich ein Importeur mit ungenügender Ware hängen geblieben, werden seine nächsten zehn Importe gleichartiger Ware an der Grenze zurückgehalten, bis jeweils eine amtliche Kontrolle durchgeführt wurde und diese in Ordnung war. Als Border Inspektion Post ist das Kantonale Labor KLZH vom Bund mit derartigen Analysen betraut worden. (Auszug aus dem Jahresbericht 2014 des KLZH) www.klzh.ch | |||||||