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19.8.2015 Umfrage-Resultate: aktuelle Technologietrends Trendforscher werden regelmässig an Tagungen für Vorträge eingeladen. Die Sichtbarmachung von Trends und ihren Ursachen erzeugt nicht nur Aha-Erlebnisse sondern gibt viel zu reden und nachzudenken. Bericht in 2 Teilen. Erster Teil: Was heisst Trendforschung und welche Foodtechnologie-Trends sind aktuell?
Trendforscher sind keine Propheten, liefern aber fundierte Analysen, welche die Zukunft planbarer machen. Dazu vergleichen sie die Gegenwart mit der Vergangenheit, und wenn sie eine systematische, d.h. statistisch signifikante Entwicklung feststellen, extrapolieren sie sie in die Zukunft. Sofern diese noch Potenzial bietet («immer billiger» endet bei Null Franken), sofern der Trend nicht bloss manipuliert war (wie etwa die Kleidermode) und sofern nicht eine Basisinnovation, ein neues Gesetz oder eine andere höhere Gewalt einen noch stärkeren Gegentrend auslöst – hier beginnt die Interpretation und die Kunst des Forschers, die ihn vom reinen Statistiker unterscheidet. Trendforschung hat eine Ähnlichkeit mit der Wettervorhersage: Man beobachtet und extrapoliert. Rein statistisch ist die Wahrscheinlichkeit am grössten, dass sich bis morgen das Wetter in dieselbe Richtung entwickelt wie von gestern auf heute, aber es gibt hin und wieder heftige Gegentrends in Form von Wetterumstürzen, die mit modernen Methoden auch relativ gut vorhersehbar sind. Und im Lauf des Jahres folgt das Wetter einem Zyklus und nicht einem ewig gleichsinnigen Trend. Die Trendforschung befasst sich mit der Beobachtung und Vorhersage von Trends. Ein Trend ist eine neue Auffassung in Gesellschaft, Wirtschaft oder Technologie, die eine neue Bewegung bzw. Marschrichtung auslöst. Eine grundlegende Änderung oder Umkehrung eines Trends wird als „Trendwende“ bezeichnet. Die Einführer eines neuen Trends werden Trendsetter genannt, vor allem im Bereich der Mode. Die Ursachen eines Trends können multifaktoriell und schwer nachweisbar sein. Ihre Erforschung ist eher eine Interpretation als eine Beweisführung, quasi ein Richterspruch in einem Indizienprozess. Keine Prognosen sondern Diagnosen Gemäss dem deutschen Trendforscher Matthias Horx unterscheidet man zwischen quantitativem und qualitativem Trend: Quantitative Trends werden mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren gemessen. Im Gegensatz dazu werden qualitative Trends verbal-argumentativ bzw. verbal-logisch abgeleitet, wenn eine zahlenmässige Erfassung nicht möglich oder nicht sinnvoll ist. Der deutsche Mathematiker Wilhelm Krelle unterscheidet in der Wirtschaft kurz-, mittel- und langfristige Trends, die zu Prognosen Anlass geben: „Die kurzfristige Prognose erstreckt sich auf das folgende Jahr, die mittelfristige auf die nächsten vier bis sechs Jahre, die langfristige auf die nächsten zehn, zwanzig oder mehr Jahre. Die meisten Schwierigkeiten macht dabei die mittelfristige Prognose.” Trends sind noch keine Prognosen, sondern lediglich Diagnosen. Allerdings werden sie im kommunikativen Prozess sehr schnell Teil (selbst-)prognostischer Systeme, in denen sie als Belege, Argumente und Beweise für eigennützige Zwecke benutzt werden, vor allem im Bereich von PR und Marketing. Da die sozialen Wandlungsprozesse und Markt-Evolutionen zumeist graduell und „langsam” sind, führt dies zu einer Inflation des Trendbegriffs. Es werden immer mehr Trends „erfunden”, um eine Nachfrage zu fördern. Megatrends und ihre Ursachen Die seriöse Trendforschung setzt auf «Megatrends», d.h. branchen- und länderübergreifende, langfristige und substanzielle Veränderungen. Im Fokus sind langfristige Veränderungen der Grosswetterlage von Wirschaft, Gesellschaft und Konsum. Trendforscher befassen sich aber auch mit der Motivforschung: sie erklären die Trends, wobei auch hier ein Unsicherheitsfaktor besteht, der bis zu Spekulationen reichen kann. Mehrere Institute befassen sich mit der Trendforschung, und ihre Forscher werden regelmässig an Tagungen für Vorträge eingeladen. Die Sichtbarmachung von Trends und ihren Ursachen erzeugt nicht nur Aha-Erlebnisse sondern gibt viel zu reden und nachzudenken. Zwei der bekanntesten sind das Gottlieb Duttweiler Institut GDI und das Zukunftsinstitut in Frankfurt, Wien und München. Bild: GDI-Chef David Bosshart Wer analysiert Technologie-Trends? In der Lebensmittelbranche gibt die deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DLG jedes Jahr einen Trendmonitor heraus. In einer Umfrage hat sie Unternehmen der Lebensmittelbranche zu aktuellen Themen und Trends im Bereich der Lebensmitteltechnologie befragt. So etwa zur Bedeutung des Umweltschutzes in den nächsten fünf Jahren in den Betrieben der Lebensmittel- und Getränkewirtschaft zukommen wird. Fast 87% der Befragten bescheinigten dem Umweltschutz eine „wichtige“ bzw. „sehr wichtige“ Bedeutung - ein Resultat, das praktisch mit dem Ergebnis des DLG-Trendmonitors von vor drei Jahren identisch ist. Damit zeigt sich, dass dieThematik fest in der Branche angekommen ist und bei den Planungen und Investitionen Berücksichtigung findet. In diesem Zusammenhang werden auch Massnahmen zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten (Foodwaste) in den kommenden fünf Jahren in den Betrieben eine wichtige Bedeutung erlangen. Zusammengefasst kann gemäss DLG festgestellt werden, dass Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz in den verschiedenen Branchen der Lebensmittelindustrie angekommen sind und dass bereits vielfältige Bemühungen unternommen werden, den Anforderungen gerecht zu werden. Dass Aspekte wie ethische Verantwortung, gesetzliche Anforderungen, Forderungen der Verbraucher oder ökonomische Aspekte dabei eine unterschiedlicheTriebkraft besitzen, ist verständlich und auch aus den Umfrageergebnissen abzulesen. Neben dem Rahmenthema Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz wurden die Unternehmen zu einer weiteren Reihe von Themen und Trends befragt, wobei angegeben werden sollte, welche Bedeutung diese Aspekte wohl in den nächsten fünf Jahren für die Produktion in ihrem eigenen Unternehmen haben. So etwa Clean Label: Über 75% der zu diesem Thema abgegebenen Antworten stufen dies als „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“ ein. Die Wichtigkeit des Themas gewann gegenüber der Erhebung in 2012 weiter an Bedeutung. Technologietrends sind gemäss DLG beispielsweise die schonende Verarbeitung (Minimal Processing), RFID und die Nanotechnik. Ziel des Minimal Processings ist eine in Bezug auf Geschmack, Farbe und Textur möglichst weitgehende Naturbelassenheit sowie die Verwendung möglichst weniger Zusatzstoffe. Gleichzeitig sollen die Lebensmittel aber einen hohen Grad an Convenience aufweisen und sie sollen eine gewisse Zeit lagerbar sein, möglichst ausserhalb der Kühlkette. Rund 50 % der Befragten meinen, dass den Verfahren des „Minimal Pocessings“ in den nächsten fünf Jahren eine „sehr wichtige“ bis „wichtige“ Rolle in ihrem Betrieb zukommen wird. Vergleicht man die Daten von 2012 und 2015 miteinander, so fällt zunächst auf, dass grundsätzlich eine klarere Vorstellung hinsichtlich des Themas zu bestehen scheint. Zum zweiten fällt auf, dass sich die prozentualen Anteile der abgegebenen Bewertungen in der Kategorie „sehr wichtig“ fast verdoppelt haben. RFID-Technik Die RFID-Technik (radio-frequency identification) ermöglicht die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Gegenständen im Allgemeinen und erleichtert damit die Erfassung von Daten. Für eine derartige Technologie gäbe es vielfältige Einsatzmöglichkeiten bis hinein in einzelne Verpackungen, die beispielsweise im Rahmen der Rückverfolgbarkeit, der eindeutigen Identifizierung, der Produktsicherheit, der Lagerhaltung, der Abrechnung im Supermarkt und nicht zuletzt auch im Rahmen der Informationsvermittlung an den Kunden genutzt werden können. Die Befragungsergebnisse zeigen jedoch, dass es noch allgemeine Vorbehalte gegenüber dieser Technik gibt. Die grösste Bedeutung wird ihr derzeit wohl in den Bereichen „Alkoholfreie Getränke“, „Fleisch, Geflügel“ sowie „Milch, Milchprodukte, Käse“ beigemessen. Nanotechnotogie Auch bei der modernen Nanotechnotogie ergibt sich ein breites Meinungsspektrum, das derzeit aber noch klar von den Einschätzungen „weniger wichtig“ und „unbedeutend“ dominiert wird. Gründe dafür könnten sein, dass man sich unter der Applikation in den verschiedenen Anwendungsbereichen noch nicht wirklich etwas vorstellen kann. Wie bereits 2012 wird die grösste Bedeutung der Nanotechnologie derzeit im Bereich der Verpackung gesehen, was sich zweifelsohne auch mit dem Stand der Technik und der Tatsache deckt, dass es bereits Verpackungen am Markt gibt, bei deren Herstellung Nanotechnologie eingesetzt wurde. (Text: Auszug aus dem DLG-Trendmonitor und www.horx.com) Weiterlesen: Gestern Fusionsküche, heute Hybrid Food GDI-Forscher nennen Konsumtrends | ||