Varia | ||||
29.10.2015 SBC und SFF wehren sich gegen Largo-Bürokratie
Der Schweizerische Bäcker-Confiseurmeister-Verband (SBC) hat als Folge der letztjährigen Zustimmung des Parlaments zum neuen Lebensmittelgesetz (LMG) zu den äusserst umfangreichen Ausführungsbestimmungen detailliert Stellung genommen. Grundsätzlich müssten diese angesichts der auf die Bäckerei-Konditorei-Confiserie-Branche zukommenden Regulierungsflut an den Absender zurückgewiesen werden. Die Anhörungsunterlagen setzen den Gesetzesauftrag nicht korrekt um, sondern sie enthalten zusätzliche Elemente des «Swiss Finish» und erhöhen die Regulierungsdichte sowie -tiefe zum Teil massiv. «Largo» steht damit in einem diametralen Widerspruch zur notwendigen Reduktion von Regulierungskosten, wie dies auch die vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) beim Büro Bass in Auftrag gegebene Regulierungs-Folgekostenabschätzung klar aufzeigt. Insbesondere die obligatorischen Kennzeichnungsvorgaben bezüglich Nährwerte, Rohstoffherkunft und Allergenen im Offenverkauf gehen viel zu weit. Sie widersprechen auch Art. 13 Abs. 6 des neuen LMG, wonach die dem Bundesrat zugestandene Möglichkeit für die Einsetzung von weiteren, bereits definierten Vorgaben keine unverhältnismässige administrative Mehrbelastung für die Betriebe zur Folge haben dürfe. Zudem ist es schlichtweg nicht notwendig, dass die zahlreichen, ausschliesslich im Binnenmarkt tätigen und vielfach kleinen Unternehmen die EU-Gesetzgebung übernehmen müssen. Die Forderungen des SBC bezüglich «Largo» in Kürze: • Grundsätzliche Zurückweisung der Vorlage zwecks Überarbeitung und Vereinfachung im Sinne des Regulierungsabbaus • Angleichung der Verordnungsbestimmungen an die EU-Gesetzgebung nur für diejenigen Bereiche mit einer Aussenwirkung zur EU; Verzicht auf dieselben für den inländischen Markt • Kein weiterer Anstieg der Regulierungsdichte unter Berücksichtigung der Vorgaben des neuen Lebensmittelgesetzes (insbesondere Art. 13, Abs. 6) sowie der vom Bund in Auftrag gegebenen Regulierungsfolgenabschätzung • Erhöhung der Umsetzungsfrist von einem auf vier Jahre • Genereller Verzicht auf die zusätzlichen, obligatorischen Kennzeichnungsvorgaben bezüglich Nährwerte, Rohstoffherkunft und Allergenen im Offenverkauf Verordnungspaket zum neuen Lebensmittelgesetz ist ein Bürokratiemonster Seite 2 • Gleichbehandlung der gewerbenahen Tätigkeiten der Landwirtschaft mit denjenigen des Gewerbes (insbesondere bei den Kontrollen) • Keine zusätzlichen Vorgaben, die zu weiteren Bewilligungsverfahren führen (z.B. neuartige Lebensmittel, Verpackungsmaterial) • Streichung bzw. Reduktion der Gebühren für vom Staat auferlegte Kontrollen und Verfahren. (Text : SBC) Stellungnahme des Schweizer Fleisch-Fachverbanden (SFF) zum Revisionspaket Largo : Nachdem das eidgenössische Parlament im letzten Jahr das neue Lebensmittelgesetz verabschiedet hat, steht nun dessen Umsetzung an. Dazu wurde den interessierten Kreisen Ende Juni ein Paket von 28 Verordnungen im Umfang von mehr als 2’000 Seiten zur Stellungnahme bis Ende Oktober vorgelegt. Als Ziele der Totalrevision genannt wurde der Abbau von Handelshemmnissen, ein mit der EU vergleichbarer Konsumentenschutz sowie in einzelnen Bereichen die Einführung von spezifischen Bestimmungen, die hierzulande gelten sollten. Gemäss Einführungstext soll das Verordnungspaket keine schwerwiegenden finanziellen Auswirkungen für die Wirtschaft haben. Dies steht im Gegensatz zur Ende August im Auftrag von BLV und Seco in Auftrag gegebenen Regulierungs-Folgenabschätzung (RFA) durch das Büro Bass, das die Kosten für die Umstellung einmalig auf 270 Mio. Franken und jährlich wiederkehrend auf mind. 46 Mio. Franken beziffert, wobei bei letzteren die laufenden Zusatzaufwendungen für die Lebensmittelhersteller, den Grosshandel und die Importeure gar noch nicht enthalten sind. Diese beträchtlichen Mehrkosten dürften auch bei den innovativen Unternehmern vermehrt demotivierend wirken und vor allem im KMU-Bereich zu weiteren Betriebsaufgaben führen. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Revision auch seitens der Verwaltung neue zusätzliche Aufwendungen (neun neue Stellen alleine auf Stufe Bund, zusätzliche Informatikkosten) zur Folge hätte, wobei die Auswirkungen auf den Vollzug in den einzelnen Kantonen gar noch nicht berücksichtigt sind. Die damit verbundenen Auswirkungen des neuen Lebensmittelrechts widersprechen dem von breiten Kreisen verlangten Bürokratieabbau diametral. Rein unter diesem Gesichtspunkt müsste das gesamte Verordnungspaket Largo zurückgewiesen werden, wenn da nicht die Umsetzung des neuen Lebensmittelgesetzes anstünde. Hohe Kosten sind zudem durch die geplante Umsetzungsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten wie auch die angekündigten Jahresrevisionen zu erwarten; der SFF verlangt deshalb eine Übergangsfrist für sämtliche Verordnungen von mindestens vier Jahren. Ebenso fordert er bei der Aktualisierung der diversen Anhänge in den einzelnen Verordnungen, dass die jeweiligen interessierten Kreise angehört und ihnen die vorgenommenen Änderungen aktiv durch die Behörden kommuniziert werden. Hauptknackpunkt sind neue Deklarationsvorgaben Für viele Betriebe wohl am einschneidensten dürften die neuen Deklarationsvorgaben hinsichtlich Herkunftsdeklaration der Rohstoffe, Nährwertdeklaration und Allergenkennzeichnung im Offenverkauf sein. Gemäss Art. 13 des neuen Lebensmittelgesetzes ist der Bundesrat befugt, die genannten Vorgaben vorzuschreiben, aber nur, wenn dies keinen übermässigen administrativen Aufwand zur Folge hat. Genau dieser Punkt muss jedoch klar in Frage gestellt werden, nachdem auch das Büro Bass in seiner RFA zum Schluss gelangt, dass die Kosten in Bezug auf die Allergendeklaration im Offenverkauf in keinem Verhältnis zum Ertrag stünden und deshalb auf diese zu verzichten sei. Schätzungen aus dem Lebensmittelsektor gehen davon aus, dass selbst KMU einen Aufwand von einigen hundert Arbeitsstunden zu betreiben hätten, um die geforderte Allergendeklaration sicherzustellen. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf die Herkunftsdeklaration von verarbeiteten und unverarbeiteten Lebensmitteln, wobei mit einer Deklaration bereits ab 20% für Fleisch eine besonders einseitige Benachteiligung vorgeschlagen wird. Demgegenüber stehen zwei von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Berichte, die ebenfalls schliessen, dass der Aufwand den Nutzen einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei weitem übersteigt und folglich eine solche nur auf freiwilliger Basis zu empfehlen sei. Es ist daher unverständlich, wenn die Schweiz auch hier mit einer obligatorischen Herkunftskennzeichnung im internationalen Wettbewerb einseitig weitere Nachteile für die eigene Volkswirtschaft schaffen will, die zu einer Schwächung der Konkurrenzfähigkeit und damit einem weiteren Swiss Finish führen. Auch in Bezug auf die Nährwertdeklaration muss deren freiwillige Angabe das Ziel sein. Die für KMU zwar vorgesehene Ausnahmeregelung wird leider dadurch stark eingeschränkt, dass diese nur beim direkten oder dem Verkauf über Einzelhandelsbetriebe direkt an den Endkonsumenten gilt und die dafür einschränkenden „kleinen Mengen“ nirgendwo definiert sind. Aufgrund der genannten Beweggründe lehnt der SFF die obligatorische Angabe der Herkunft der Rohstoffe, der Nährwerte und der Allergene im Offenverkauf in aller Deutlichkeit ab; er kann sich höchstens mit deren fakultativen Angabe einverstanden erklären. Neue fleischspezifische Vorschriften mit Verschärfungen, aber auch Erleichterungen In Bezug auf die fleischspezifischen Vorgaben sind zwar einzelne Erleichterungen, umgekehrt aber auch weitere Verschärfungen vorgesehen. Dies, obwohl auch hier zumindest in der Bilanz das eigentliche Ziel in einer Reduktion von administrativen Vorgaben liegen muss. Positiv zu vermerken sind die vorgesehenen Erleichterungen im Fleischhygienerecht wie z.B. die Anhebung der Limite für Schlachtbetriebe mit geringer Kapazität, unter welcher gewisse Auflagen z.B. baulicher Art weniger streng sind, die Einführung der visuellen Fleischkontrolle bei Schlachtschweinen oder die Heisswasserbehandlung mit wieder aufbereitetem Wasser. Umgekehrt führt die vorgesehene Einführung von Prozesshygienekriterien auf Verordnungsstufe für Schlachtkörperoberflächen und bei Geflügel in Bezug auf Campylobacter für die betroffenen Schlachtbetriebe zu nicht zu unterschätzenden Zusatzaufwendungen bei gleichzeitig unsicheren Erfolgsaussichten. Ebenfalls zu verurteilen sind die Weiterführung der Bevorteilung von gewerbenahen Tätigkeiten der Landwirtschaft im Vergleich zum Gewerbe sowie das Festhalten an den Trichinenuntersuchungen für inländische Hausschweine, obwohl bei diesen seit Jahren gemäss unserem Informationsstand kein positiver Nachweis mehr gelungen ist. Überdies ist schwer verständlich, weshalb die mittlerweile vom Parlament für gewerbliche Schlachtbetriebe beschlossene Erleichterung bei der Durchführung der Schlachttieruntersuchung (Motion 14.4156 von Ständerat Isidor Baumann) noch keinen Eingang in die betreffenden Verordnungstexte gefunden hat. Der SFF verlangt hierbei klar, dass neben den amtlichen Tierärzten auch Bestandestierärzte, die die Tierbestände jahraus jahrein auf den Bauernbetrieben betreuen, und in abgelegenen Gebieten auch die amtlichen Fachassistenten die genannte Voruntersuchung der zur Schlachtung bestimmten Tiere vornehmen dürfen. Gebührenreduktion muss ebenfalls ein klares Ziel der Revision sein Die für die Durchführung von Inspektionen mit max. Fr. 4‘000.-, Probenuntersuchungen mit max. Fr. 6‘000.- pro Probe sowie Bewilligungen mit max. Fr. 50‘000.- vorgesehenen Gebührenobergrenzen von Bund und Kantonen sind aus Sicht der Praxis übertrieben, zumal sie in den meisten Fällen eine Folge des behördlich verordneten Vollzuges und nicht eines explizit erteilten Auftrages der jeweiligen Betriebe sind. Hier fordert der SFF dem in der Bundesverfassung verankerten Prinzip der Verhältnismässigkeit folgend eine deutliche Absenkung des Maximums auf Fr. 1‘000.- für Inspektionen bzw. pro untersuchte Probe und von Fr. 200 bis 2‘000.- für das Erteilen von Bewilligungen gemäss LGV. Zusätzlich verlangt er, dass die Ausnahme der Gebührenfreiheit von amtlichen Kontrollen auch auf die geringfügigen Beanstandungen ausgedehnt wird, weil ansonsten nicht auszuschliessen ist, dass diese angesichts der schwierigen finanziellen Situation vieler Kantone zur reinen Geldbeschaffung umfunktioniert werden. Äquivalenz zur EU nur in Bereichen mit Aussenwirkung notwendig Die mit der Revision verfolgten Ziele betreffend Angleichung des schweizerischen Rechts an dasjenige der EU zwecks Abbau von Handelshemmnissen sowie der Gewährleistung eines vergleichbaren Schutzes der Schweizer Konsumenten sind im Ansatz zwar nachvollziehbar. Hierfür notwendig sind jedoch praktikable und pragmatische Lösungen und kein Kotau vor der EU. Der SFF erachtet daher die beabsichtigte Angleichung an die EU-Gesetzgebung nur für Exportprodukte, nicht aber für die hierzulande verkauften Lebensmittel als notwendig. Denn der Schweizer Gesetzgeber hat bei Produkten (und Kundendienstleistungen) im und für den heimischen Binnenmarkt die EU-Rechtsetzung (ohne Wettbewerbseinbussen) nicht zwingend zu berücksichtigen, was gleichbedeutend damit ist, dass eine Äquivalenz mit dem EU-Recht für den inländischen Markt nicht notwendig ist. Als EU-Nichtmitglied besteht auch keine Verpflichtung zur Rechtsübernahme/-angleichung und damit auch keine Pflicht zum „Copy-Paste“ von Regelungen und Formulierungen aus der EU-Gesetzgebung. Angleichungen sind nach Auffassung des SFF daher nur für diejenigen Bereiche, in denen eine äquivalente Gesetzgebung wirtschaftlich Sinn macht (d.h. in Bereichen mit Aussenwirkung), erforderlich. (Text: SFF) | ||||