Food aktuell
Varia
3.5.2006
Fleischbranche im Überblick




Bild: Zerlegerei in der Grossmetzgerei Traitafina in Lenzburg

Die Fleischbranche - ein Überblick über die grösste Lebensmittelbranche der Schweiz von der Tierzucht bis zu Bildung und Forschung.

Der Fleischmarkt ist derzeit noch stark geschützt, aber in Zukunft ist mit grossen Mengen tiefpreisiger Importe zu rechnen. Da der Fleischkonsum stagniert und die hohen Schweizer Produktionskosten den Export erschweren, wird der Druck wachsen – sowohl auf Fleischproduzenten wie auch auf die Verarbeiter.

Die Fleischverarbeitung ist die grösste Lebensmittelbranche der Schweiz und stark auf Grossbetriebe konzentriert. Die Metzger-Treuhand AG schätzt den Industrieanteil auf achtzig Prozent und vermutet, dass sich die Verlagerung fortsetzt. Grossbetriebe führen eigene Schlachthöfe, aber Landmetzgereien erhalten oft die Bewilligung, selbst zu schlachten. Fleisch wird zu zwei Dritteln als Rohprodukt weiterverkauft und zu einem Drittel zu Fleischwaren verarbeitet (Beispiele: Kochschinken, Rauchfleisch) oder zu Wurstwaren.

Aus Speck und Fleischabschnitten (Wustfleisch) entstehen Wurstwaren (Brüh-, Roh- oder Kochwürste). Brühwürste verdanken ihren Markterfolg der Innenwürzung und der Saftigkeit (auch Wasser ist eine wichtige Brätzutat). Und für die Metzgerei sind sie wichtig, um sich mit Hausspezialitäten zu profilieren und nicht zuletzt, um Wurstspeck- und –fleisch sinnvoll zu verwerten. Bei Spezialitäten sind ausserdem die Margen besser. Zu einem wachsenden Teil stellen Klein- und Gross-Metzgereien pfannenfertige oder regenerierfertige Convenience her, vor allem in städtischen Gebieten.

Schweizer Fleisch ist heute zwar qualitativ konkurrenzfähig dank Labelprogrammen, neuen Züchtungszielen (Abschied vom Zweinutzungs-Rind Milch / Fleisch) und der Rückverfolgbarkeit. Anders beim Preisniveau: Unsere Preise sind im Vergleich zur EU fast doppelt so hoch.


Rindfleisch-Importe stammen vor allem aus Nord- und Südamerika, wo grosse Herden extensiv gehalten werden (Bild: USA-Bison, importiert von Delicarna). Bei Lamm ist die Herkunft oft Neuseeland oder Schottland, und bei Geflügel seit kurzem nicht mehr Asien sondern Europa (Stichworte: Antibiotika, Vogelgrippe). Importiert werden vor allem Edelstücke, sowohl frisch wie tiefgekühlt.

Der Fleischpreis ist eine harte Bastion unserer Landwirtschaft, die unter hohen Produktionskosten leidet. Aber Fleisch gehört ohnehin nicht zu den Lebensmitteln mit den tiefsten Preisen: In den heutigen Zeiten des Luxuskonsums landet nur rund ein Drittel des Tieres auf dem Teller, und die Entsorgung von Abfällen verursacht steigende Kosten. Die Produktionskosten hängen stark von der Art der Haltung und Fütterung ab.

Die Haltung variiert mit der Tierart: Landwirte halten Rinder und Schafe in kleinen Herden möglichst oft auf der Weide. Anders beim Kleinvieh: Spezialisierte Schweinemäster halten grosse Schweinebestände durchwegs in Ställen, ebenso viele Käsereien kleinere Bestände. Und Geflügelmäster oder spezialisierte Landwirte halten grosse Geflügelherden, doch diese mehrheitlich im Freiland.

Der Inlandanteil des Schlachttier-Fleisches beträgt konstant rund neunzig Prozent gemäss Angaben der Fleisch-Branchenorganisation Proviande. In den letzten Jahren legten Schweizer Schaffleisch und Geflügel leicht zu, letzteres wegen der Vertrauenkrise bei asiatischem Billigpoulet. Nur zwei Prozent beträgt jedoch die Inlandquote bei Fisch und achtzehn Prozent bei Wild.

Hoher Stellenwert

Fleisch hat beim Konsum wie auch bei der Produktion als Koppelprodukt der Milchproduktion einen hohen Stellenwert in der Schweiz, so auch in Bildung und Forschung. Den gewerblichen Metzgern bietet das verbandseigene Ausbildungszentrum ABZ in Spiez Weiterbildungskurse an (Bild: Fachlehrer Felix Kesselring erklärt, wie man Flecken beim Räuchern vermeidet).


Auch auf der akademischen Stufe ist eine Spezialisierung auf tierische Produkte möglich: Martin Scheeder, Oberassistent am Institut für Nutztierwissenschaften, Gruppe Tierernährung und Ernährungsbiologie. Und seit wenigen Jahren bearbeitet die Eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere und Milchwirtschaft Agroscope (ALP) in Bern Forschungsprojekte der Fleischverarbeitung. Am Standort in Posieux FR forscht die ALP weiterhin im Gebiet der Agrar-Fleischproduktion.

Beispiele herausragender Marktteilnehmer:

Grösste Verarbeiter: Bell (Coop), Micarna, Carnavigruppe (Fenaco-Tochter)

Grösste Schlachthöfe: Bell in Basel und Oensingen (Grossvieh) sowie Zell (Geflügel, ehemals SEG), Schlachtbetriebe St. Gallen AG (SBAG) mit Beteiligung von Micarna (Migros): Bazenheid (Schweine) sowie Gossau und St. Gallen (Rinder). Micarna in Courtepin (je ein Schlachthof für Schweine und Geflügel), Basel (staatlich).

Grösste Importeure: Migros, Viehbörse (Fleisch), Bell und Bell-GWI (Geflügel, Wild), Transcarna (Fleisch), Casic (Comestibles), Bell Seafood (Fisch, Meeresfrüchte)


Grösste Exporteure: Grischuna Fleischtrocknerei, Carnavi-Gruppe, Spiess

Export-Pionier für Brühwürste: Meinen AG

Comestibler mit Publikumsverkauf: Pernet in Gstaad, Geronimi La Curuna in St. Moritz.

Internationale Qualitätsmedaillen 2005 (DLG): Transcarna, Allschwil. Le Patron, Böckten (Bild: Trüffelpastete), Rapelli, Stabio. Buffoni, Illnau. Grischuna Fleischtrocknerei, Churwalden. Grauwiler Fleisch AG, Basel. Maurer Speck, Flüh. Bell Geflügel, Micarna.

Schweizer Goldmedaillen 2003 (Betriebe mit über zehn Medaillen): Gröbli in Dietfurt SG. Ospelt in Schaan, «Cher-Mignon SA» in Crans-sur-Sierre VS, «Delévaux Sàrl» in Lausanne.

Innovationspreis AMS 2005: Eberwurst (Metzgerei Eichenberger, Wetzikon)


Spezialisierungs-Konzepte: Traitafina: Label SwissPrimGourmet und E-Nr-freie salzreduzierte Wurstwaren. Carnavi: Label Agri Natura. Le Patron: Terrinen, Pasteten. Stettler, Bell sowie Micarna: Bioprodukte. Maurer: Speck. Peduzzi: Bündnerprodukte (Bild), Rapelli: Salami. Raymann: eigene Pferde-Schlachtung. Micarna: Regionalprodukte. Bell sowie Ospelt (Bendern FL): Fettreduzierte Wurstwaren. Viaca: Geflügelwurst.

Weiterlesen: Umsatzfaktoren der Metzgerei

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