Food aktuell
Varia
17.8.2006
Getränkebranche: Wasser kannibalisiert Bier

Der Getränkemarkt ist stark marketingorientiert, denn die Lust aufs Trinken lässt sich durch Werbeargumente leicht beeinflussen. Kaufmotive reichen vom Durstlöschen über die Gesundheit bis zu Lifestyle. Marktübersicht, Stärken, Schwächen und Trends der Schweizer Getränkebranche.


Der Getränkemarkt hängt stark von der Gastronomie ab. Mineralwasser spielen eine dominante Rolle, wenn man den Kopfkonsum als Massstab nimmt. An zweiter Stelle folgen Softdrinks und an dritter Bier. Die Softdrink-Gattung ist sehr vielseitig und reicht von der Weltmarke Coca Cola über Rivella, ein Schweizer Unikum, bis zu Energydrinks wie Red Bull.

Eine wichtige Kategorie bildet Eistee. Der Kopf-Konsum bei den trinkfertigen Eistees beträgt rund 25 Liter, was die Schweiz nach Japan und Taiwan zum drittgrössten Eisteemarkt macht. Führende Marken sind Nestea (von Coca-Cola unter Nestlé-Lizenz hergestellt) sowie «Lipton» (Unilever).

Kopfkonsum in Liter pro Jahr
Mineralwasser: 108 – 120
Near Water: 6
Softdrinks: 75
Bier (ohne alkohol-freies): 55
Eistee: 25 - 29
Fruchtsäfte: 30
Apfelsaft und –wein: 11
(Quellen: Branchenverbände, Henniez, Feldschlösschen)

Mineralwasser im Aufwind

Der Mineralwassermarkt ist in über sechzig internationale, nationale und regionale Brands sowie Handelsmarken aufgesplittert. Mineralwasser wird von achtzig Prozent der Schweizer regelmässig getrunken, und der Pro-Kopf-Konsum nimmt stetig zu, in den letzten fünf Jahren um gut einen Viertel, und jährlich steigt er um satte neun Prozent. Dieser Trend wurzelt in Gesundheits- und «Lifestyle»-Motiven.


Es gibt einige interessante Verschiebungen: Der Trend geht weg vom stark kohlensäurehaltigen Wasser hin zum «stillen» und leicht kohlesäurehaltigen, Der Mineralwasserkonsum legt zwar mengenmässig zu, aber beim Umsatz beginnt er zu schrumpfen: Beim Marktforschungsinstitut ACNielsen stellte man einen wertmässigen Rückgang von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr fest.

Dies liegt laut Feldschlösschen in erster Linie am stetig steigenden Anteil an Billigwassern (Eigenmarken und Billigimporten) sowie an den immer häufigeren Preisaktionen. In der Tat greift Familie Schweizer immer mehr zu importiertem Billigwasser, ist beim Verband der Schweiz. Mineralquellen und Soft Drink-Produzenten SMS zu hören. Beliebt sind vor allem italienische.

Trotzdem glaubt man bei Henniez, dass der Mineralwassermarkt in den nächsten fünf Jahren um jährlich ein bis zwei Prozent wachsen wird zulasten der Softdrinks. Dagegen würden Fruchtsäfte eine anhaltend positive Entwicklung erfahren.

Ferner wurden kürzlich mehrere aromatisierte Mineralwasser lanciert, die eine starke Nachfrage erfahren: Rhäzünser Plus, Valser Viva und «Esprit Fruits» (Henniez). Das Wachstum beträgt vier Prozent im Segment dieser «Near Water» (Quelle: Canadean), bei Feldschlösschen spricht man sogar von einem Boom. Heute besitzt dieses Segment einen Anteil von rund fünf Prozent am gesamten Wassermarkt.

Innovative Bierbranche

Der Bierbranche zu schaffen macht der rückläufige Bierkonsum, und dies nicht erst seit Einführung der tieferen Promillegrenze auf 0.5. Vermutlich als Folge des Gesundheitstrends geschieht eine Verlagerung zum Mineralwasser. Die Bierbranche entkräftet zwar die Kritik am Ungesund-Image und weist inoffiziell auf positive Gesundheitsaspekte hin. Aber offiziell ist bei alkoholhaltigen Produkten Gesundheitswerbung verboten – sie kommt daher nur bei alkoholfreiem Bier in Frage.


Die zwanzig grossen Brauereien sind im Schweizer Brauerei-Verband (SBV) organisiert und decken 97 % der inländischen Bierproduktion ab. Die stetig zahlreicheren Klein- und Mikrobrauereien besitzen mit der Interessengemeinschaft Klein- und Mittelbrauereien eine eigene Organisation.

Die grössten Marktplayer sind heute in ausländischen Händen: Feldschlösschen (Carlsberg) und Heineken. Zu Feldschlösschen, der grössten Schweizer Getränkefirma, gehören die Brauereien Cardinal und Valaisanne aber auch die Mineralquelle Arkina (in Yverdon). Die grösste unabhängige Brauerei ist die Luzerner Eichhof und die zweitgrösste die St.Galler Schützengarten.

In der früher kartellistischen Bierbranche spielt heute der Markt, was sich auch auf die Innovation positiv auswirkte. Der Trend zu Spezialitäten ist beeindruckend, und die Brauereien stellen heute auch süsse Mischgetränke her. Den heutigen Anteil der alkoholfreien am Gesamt-Biermarkt schätzt SBV-Direktor Konrad Studerus auf drei bis vier Prozent, Tendenz stagnierend. Und den Anteil der neuen Leichtbiere schätzt er auf zwei bis drei Prozent, Tendenz steigend im Zusammenhang mit der neuen Promillegrenze, die sich vor allem in der Gastronomie auswirkt.

Im Braujahr 2004/2005 ging der Kopfkonsum um zwei Liter auf 55.5 Liter zurück, auch wegen des nasskühlen Sommers. Die inländische Bierproduktion nahm um 3,6 % ab. Die Importe verzeichneten einen bescheidenen Zuwachs von 0,9 %, und und erreichten einen Marktanteil von knapp 17 Prozent. Exporte sind marginal.

Die Brauereibranche leidet ferner unter zunehmendem Kostendruck wegen der Erhöhung der LSVA und der starken Energiekostensteigerung. Mit dem Wegfall des Einfuhrzolls auf Bier aus dem EU-Raum per 1. Februar 2005 nahm auch der Konkurrenzdruck zu. Die Bundeskasse profitierte im Braujahr 2004/05 mit 101,5 Mio. Franken von der Bier-Sondersteuer. Die Brauwirtschaft erzielt insgesamt einen Umsatz von gegen 1 Mia. Franken.

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