Food aktuell
Varia
14.11.2006
Forschung am «ttz»: Gesund mit Geschmack

Gesündere und gleichzeitig schmackhaftere Lebensmittel sind Forschungsprojekte des norddeutschen Technologie-Transferzentrum ttz. Der Fokus richtet sich derzeit auf Backwaren und Fisch.


Im EU-kofinanzierten, regionalen Projekt „FoodTrends“ arbeiten Lebensmittelwissenschaftler des ttz Bremerhaven mit Firmen aus Bremen und Bremerhaven an der Fragestellung, wie Lebensmittel so hergestellt werden können, dass sie die Ansprüche an eine gesundheitsbezogene Ernährung erfüllen. Gleichzeitig sollen sie besser schmecken und leichter bekömmlich sein. Backwaren und Fisch spielen dabei in der Lebensmittelwirtschaft des Landes Bremen eine zentrale Rolle.

Beide Nahrungsmittel müssen sich häufig dem Vorurteil „Gesundes schmeckt nicht“ erwehren. Daher sollen gemeinsam Wege erarbeitet werden, um bevorzugt verzehrte Weissmehlprodukte durch eine Anreicherung mit Aleuron (nährstoffhaltiger Bestandteil des Weizenkorns) aufzuwerten, wertvolle Alternativprodukte aus Retro-Getreide zu etablieren (Bild: Kamut) und gesundheitsfördernde Fischmahlzeiten, schmackhaft, abwechslungsreich und gelingsicher zu machen.

In dem Projekt „FoodTrends“ beschäftigen sich Lebensmittelwissenschaftler des Technologie-Transferzentrums ttz Bremerhaven mit Nahrungsmitteln, die gut schmecken und leicht verdaulich sind. Mit unterschiedlichen Themen aus den Bereichen Fisch und Backwaren wollen die Projektpartner den besonderen Ernährungsbedürfnissen verschiedener Altersgruppen entgegenkommen.

Die Projektleiterinnen vom ttz Bremerhaven, Claudia Krines und Imke Rieck, sind sich bezüglich der Konsumentenbedürfnisse einig: „Das qualitativ gute Lebensmittel vom Bäcker oder Fischhändler um die Ecke reicht vielen Konsumenten nicht mehr aus. Sie wünschen sich ein trendgerechtes und auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes Produkt.“ Dazu gehören Aspekte wie die leichte Zubereitung von Lebensmitteln oder gesundheitsfördernde Eigenschaften. Gleichzeitig sollen sie lecker schmecken und auch für Kinder, Senioren oder Allergiker gut verträglich sein.

Fisch: einfach und gelingsicher

Mit der Fischhandelsfirma Paul Seifert und dem Seefischkochstudio aus Bremerhaven entwickelt ttz-Projektleiterin Claudia Krines Fischmahlzeiten, die unkompliziert zubereitet werden können und trotzdem den hohen geschmacklichen Ansprüchen insbesondere von Fischkonsumenten entsprechen.

„Die Projektidee entstand aufgrund der hohen Medienpräsenz und starken Nachfrage nach einer leichten Küche,“ erläutert Bernd Seifert, Inhaber und Geschäftsführer der Fischhandelsfirma Paul Seifert. „Fischgerichte können diesen Anspruch leicht und ‚für jeden Geldbeutel gerecht’ erfüllen, wenn sie für den Kunden einfach, gelingsicher und abwechslungsreich zuzubereiten sind.“



Vorfritierte Fischstücke an der IGEHO 2005, kreativ umhüllt von Pomodoro-Eimantel oder Lemonpepper-Panade. Neu am ttz sind jedoch nicht fritierte Coatings.


Im Rahmen des Projektes sollen den Mittelständlern der Region durch den Know-how-Transfer aus der Spitzenküche Möglichkeiten eröffnet werden, um unter anderem neue Rezepturen für Fischgerichte umzusetzen. „Beispiele hierfür sind fruchtige oder würzige Ummantelungen statt Panaden oder neue Dipps und Saucen.

Insgesamt ein nicht nur geschmacklich abwechslungsreiches, sondern auch leichteres Repertoire für den ernährungsbewussten Verbraucher,“ so Krines, die sich für neue Rezeptideen gern Ratschlag bei Projektpartner Manfred Rau, Küchenchef des Bremerhavener Seefischkochstudio, holt. Beide wissen aus Erfahrung, dass Fisch insbesondere am Fischstandort Bremerhaven Innovation braucht.

Neben den Klassikern wie Fischstäbchen oder Schlemmerfilet, haben sich schon über längere Zeit keine neuen Convenience Produkte etablieren können. So soll eine neue Produktlinie wieder mehr Appetit auf Fisch machen und die Zubereitung erleichtern.

Backwaren mit Zusatznutzen und Ur-Geschmack

Nach wie vor sind Vollkornprodukte nicht so beliebt wie Weissmehlprodukte. Es ist zwar bekannt, dass sie einen höheren Gesundheitsnutzen haben, aber viele Verbraucher scheuen trotzdem den Kauf der Produkte. „Wir haben uns gefragt, warum das so ist. Die Gründe liegen auf der Hand: Der Geschmack dieser Produkte wird oft nicht so positiv bewertet – insbesondere von Kindern.

Helle Brote sollten gesünder sein und Vollkornbrote attraktiver. Gute Ideen dazu sind Brote mit mikrovermahlener Kleie (Faserino).

Für ältere Leute kommt die Verdaulichkeit als wichtiger Aspekt hinzu,“ erklärt Projektpartner Hermann Brüser, Inhaber und Geschäftführer der Bäckerei Brüser. Gemeinsam mit ihm will Imke Rieck, Projektleiterin am ttz Bremerhaven, neuartige Backwaren kreieren, die nicht nur gut schmecken und bekömmlich sind, sondern gleichzeitig auch einen hohen ernährungsphysiologischen Nutzen aufweisen.

Die Aufwertung von Weissmehlprodukten erfolgt durch die Zugabe von Weizenaleuron, das unter anderem viele wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe enthält, die bei der Weissmehlherstellung verloren gehen. „Den Inhaltsstoffen der Aleuronschicht, die ein natürlicher Bestandteil des Weizenkorns ist, werden gesundheitsfördernde Wirkungen wie zum Beispiel die Senkung des Risikos von Krebs oder Herz- Kreislauferkrankungen zugesprochen,“ erklärt Rieck.

Im Projekt soll durch die Zugabe des Aleurons ein Weissmehlprodukt entstehen, das einen vergleichbaren gesundheitsfördernden Zusatznutzen hat wie Vollkornprodukte. „Gleichzeitig sollen die Produkte aber wie ganz normale Weizenmehlbackwaren schmecken und behalten eine ähnliche Weichheit und Farbe, die vor allem von Kindern und Senioren bevorzugt wird,“ weiss Bäckermeister Brüser.

Alte Getreidesorten

Ein weiterer Trend, der neuen Wind in die Backstuben bringt ist die Verwendung alter Getreidesorten. „Das Thema ‚alte Sorten’ wird nicht nur auf den Wochenmärkten am Gemüse- und Obststand, sondern auch zunehmend in den Backstuben, insbesondere im ökologischen Handwerk, thematisiert“, erklärt Rieck. Mit Unterstützung der Bremer Backstube will sie neuartige Verfahren entwickeln, um Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und Kamut (estes Bild) in die moderne Backwarenherstellung zu etablieren.



In der Schweiz sind Dinkelprodukte auf dem Backwaren- und Teigwarenmarkt erfolgreich, besonders aus zertifiziertem UrDinkel, der nicht mit Weizen gekreuzt ist. Bild: UrDinkel-Teigwaren.


„Wir sind überzeugt, dass diese Sorten neben höheren Nährwerten und einem geringeren Allergiepotential einen enormen Beitrag zur neuen Geschmacksvielfalt im Brotregal leisten,“ freut sich Bäckermeister Rainer Knoll, Inhaber der Backstube in Bremen. Hinzu kommt, dass durch die Verwendung des traditionellen Korns der regionale Anbau ursprünglicher Getreidesorten gefördert wird, womit nicht nur neue Absatzmärkte für (Bio-)Landwirte entstehen, sondern auch die biologische Vielfalt unterstützt wird.

Werner Mlodzianowski, Geschäftsführer des ttz Bremerhaven: „Für uns ist FoodTrends ein weiteres regionales Projekt, neben dem bereits erfolgreichen Projekt ‚Wissenschaftsmenü’, in dem wir unsere Erfahrungen mit internationalen Spitzenköchen und Forschungspartnern an Unternehmen in der Region weitergeben können. Die Wiederherstellung der Geschmacksvielfalt im Lebensmittelbereich ist dabei für uns ein besonderes Anliegen.“ So trägt das ttz dazu bei, dass die Bremerhavener Lebensmittelproduzenten wegweisend in Geschmack und Qualität sind.

Das Projekt FoodTrends startete im März diesen Jahres und wird im August 2007 abgeschlossen sein. Gefördert wird das Projekt von der Bremer Investitions-Gesellschaft mbH (BIG) und der Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH (BIS). Ausserdem werden die Forschungsaktivitäten mit ESF (Europäischer Sozialfonds)-Geldern kofinanziert.

Über das ttz

Das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven versteht sich als innovativer Forschungsdienstleister und betreibt anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Unter dem Dach des ttz Bremerhaven arbeitet ein internationales Team ausgewiesener Experten in den Bereichen Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik, Analytik sowie Wasser-, Energie- und Landschaftsmanagement.

Mit dem EIBT (European Institute of Baking Technology) werden die nationalen und internationalen Aktivitäten des ttz Bremerhaven auf dem Gebiet der Bäckerei- und Getreidetechnologie zusammengefasst. Das Angebot des EIBT beinhaltet die spezifische Betreuung von Unternehmen aus der Backbranche, Industrie wie Handwerk.

Text: Medienmitteilung ttz
Bilder: foodaktuell (nicht im Zusammenhang mit der ttz-Forschung)

Weiterlesen: Modernes Kleiebrot

Copyright http://www.foodaktuell.ch