Food aktuell
Varia
30.10.2007
Renaissance des Einkornbrotes

Einkorn: eine alte Getreidesorte ist erfolgreich vor dem Verschwinden gerettet worden und steht nun als Einkornbrot exklusiv bei Volg im Angebot.



Drei Wochen nachdem Coop gemeinsam mit Slow Food nach alten Rezepten in der Herkunftsregion zubreitete Roggenbrote präsentierte, lancierte VOLG kürzlich in Zusammenarbeit mit der Hiestand AG ein weiteres Produkt, das Traditionen im Getreidebau wiederbelebt und marktfähig macht.


Vor zehn Jahren entstand dank Pro Specie Rara, der Vogelwarte Sempach und dem Weitblick des inzwischen verstorbenen Getreidepioniers Peter Züblin die Idee, dem bis zum 19. Jahrhundert angebauten Einkorn eine neue Chance zu geben. An einer eindrücklichen Sitzung der Pro Specie Rara präsentierte Züblin eine Hand voll Einkorn, das man längst für verschwunden glaubte. Es war das letzte Saatgut, das er für den Aufbau eines zukunftsweisenden Projektes finden konnte.

Die Wiederbelebung einer alten Getreidesorte hat nur Chancen, wenn ökologische Ausgleichszahlungen mit einem marktfähigen Produkt kombiniert werden können. Dem Biologen Markus Jenny gelang es seit Mitte der neunziger Jahre, Landwirte im Klettgau für ein Pilotprojekt zu gewinnen und mögliche Beiträge der Landwirtschaft und der Umweltorganisationen pragmatisch zu bündeln.

Wer heute Einkorn anbaut, muss mindestes fünf Prozent Ausgleichsfläche auf gleichwertigen Böden garantieren. Nur damit besteht eine Chance, dass seltene Vogelarten, wie das Rebhuhn im Klettgau überleben können. Der Produzent kann für seine Ernte mit Abnahmegarantie rechnen und hat sichere Beiträge der Ökologischen Ausgleichszahlungen.

Unsichere Erträge

Inzwischen bauen mehr als zwanzig Landwirte im Kanton Schaffhausen Einkorn auf einer Fläche von etwa 100 Hektar an. Die Erträge müssen ausreichen, um jährlich 250 000 Brote produzieren zu können. Wie Renzo Blumenthal, Ex-Mister Schweiz und Getreidebauer auf 1200 Meter über Meer als kritischer Gast bei der Präsentation des Einkornbrots anmerkte, könnten auch im Klettgau die Erträge je nach Witterung und Schädlingsbefall stark schwanken. Blumenthal muss mit seiner dem Einkorn vergleichbaren Braugerste in schlechten Jahren einen Minderertrag von fünfzig Prozent in Kauf nehmen.

Armin Bieri, Geschäftsführer der Hiestand Schweiz AG, sieht dieser Herausforderung mit Gelassenheit entgegen. Die Hiestand AG hat sich gegenüber der IG-Einkorn zur Abnahme der Ernte verpflichtet. Als typisches Regionalprodukt gewinnt das Einkornbrot an Exklusivität, wenn es gelegentlich nur beschränkt verfügbar ist.

Die Hiestand AG kauft zu mehr als 95 Prozent die Einkorn-Ernte in der Schweiz auf und stellt Teiglinge her, die tiefgefroren exklusiv an VOLG geliefert werden. Alle der etwa 600 Filialen von VOLG verfügen über Backstationen. Seit Mitte Oktober ist das Einkorn Brot in den meisten VOLG-Filialen als ofenfrisches Produkt im Selbstbedienungsregal zu finden. Dank hoher Feuchte zeigt das in Lupfig/AG an fünf Tagen der Woche hergestellte Produkt auch am zweiten Tag nach dem Kauf akzeptable Qualität. Bild: Einkornähre.


Projektleiter Markus Jenny versuchte zuerst die gewerblichen Bäcker für sein Projekt zu gewinnen. Bei allen Bemühungen und selbst mit Unterstützung der Politik war es bis 2006 nicht möglich, auf diesem Weg zum Ziel zu kommen. Durch die Zusammenarbeit mit VOLG konnte das Projekt realisiert werden. VOLG gelingt es, mit einem attraktiven Produkt zur Erhaltung der Dorfläden beizutragen. Allerdings: Durch das Qualitätsmanagement der Hiestand AG wird das Einkornbrot zu einem standardisierten Produkt im Gegensatz zu den individuellen Broten gewerblicher Bäckereien.

Über Einkorn-Getreide

Einkorn (Triticum monococcum) ist eine der ältesten kultivierten Getreidesorten und gilt als Vorläufer für Dinkel und Saatweizen. Bis im 19. Jahrhundert wurde Einkorn nachweislich im Kanton Schaffhausen angebaut. Dem Getreidebaupionier Peter Züblin gelang es seit 1980 aus Restbeständen Saatgut zu sammeln und Ansätze zur Vermehrung aufzubauen. Das Einkornbrot wurde von der Hiestand AG entwickelt und wird aus IP-Suisse Getreidemehlen (Einkorn, Weizen, Roggen) hergestellt. Hinzu kommen Wasser, Hefe, Salz, Weizenquellmehl, Sauerteig und als Mehlbehandlungsmittel Ascorbinsäure. Einkorn verfügt über einen hohen Anteil an Carotinoiden und Mineralstoffen.

Der Anbau ist IP-Suisse- und Extenso-zertifiziert. Extenso bedeutet, dass keine Herbizide eingesetzt werden. Es ist umstritten, ob das empfindliche Einkorn nach Richtlinien des Bioanbaus wirtschaftlich produziert werden könnte. Infos: 1korn.ch
(Text Dr. David Meili).

Weiterlesen: Erfolgreiches Comeback alter Brotgetreidesorten

Copyright http://www.foodaktuell.ch