Food aktuell
Varia
1.11.2007
Miss Schweiz - ein leichtes Mädchen?

Was will die neue Miss Schweiz mit ihrem Werbe-T-shirt sagen?

Amanda Amman, kürzlich zur offiziell schönsten Schweizerin gekrönt, trägt zum königlichen Krönchen ein T-shirt, das für die Lightprodukte der Migros wirbt. In der Medienmitteilung der Migros steht zwar nicht, dass die Schöne sie auch konsumiert und schon gar nicht, dass man von Légerprodukten ebenso schön und schlank wird. Man liest nur, dass sie in Migrosfilialen auftritt und Autogramme verteilt. Dabei können ihre Bewunderer Légerprodukte degustieren und sich vorstellen, was die Werbung aussagen will: Wenn fettarme Produkte für schöne Frauen das Richtige sind, können sie für weniger schöne auch nicht falsch sein.

Amanda ist nicht nur schön sondern auch intelligent: sie spricht fliessend vier Sprachen und studiert internationale Beziehungen an der Uni Genf. Sicherlich würde sie daher diplomatisch antworten auf die relativ unintelligente Frage, was sie gern isst. «Ich esse alles», hatte schon ihre ebenso schöne und intelligente Vorgängerin Christa Rigozzi gesagt. Eine intelligente Antwort wäre auch gewesen: «Welche voreiligen Schlüsse wollen Sie daraus ziehen, wenn ich Schokolade mag oder Spinat nicht mag?».

Was Missen essen und was nicht - beziehungsweise, was sie darüber in der Öffentlichkeit sagen, verleitet die Bewunderer zur Annahme, dass ihre Vorlieben im Zusammenhang mit ihrer Schönheit stehen. So haben ihre Aussagen grosses Werbe- oder Schadenspotenzial. Man erinnere sich an den Aufschrei in der Metzgerschaft, als die Waadtländische Miss Lauriane Gilliéron herausposaunte, dass sie «nie» Bratwürste isst. Dies aber weil sie Vegetarierin ist und daher auch keine Saucisson Vaudois anrührt.

Dafür sagte sie - dies aber im Rahmen eines Sponsorings - dass Pain Paillasse gut für ihre Linie sei (im Bild mit dem Paillasse-Erfinder Aimé Pouly. Man denke auch an die fünf ex-Missen, die gemeinsam mit je einem Aloe Vera-Joghurt für die Emmiwerbung posierten. Niemand behauptet ausdrücklich, Aloe Vera mache schön, aber ein Bild sagt mehr als tausend Worte (in Wirklichkeit pflegt Aloe Vera die Haut, wenn man das Kaktusfleisch einreibt). «Bei Léger dürfen wir herzhaft zugreifen – ohne dabei an die Kalorien zu denken», wirbt die Migros da schon wesentlich konkreter.

Wie sich die Missen ernähren, ist für die Werbebranche interessant, aber für die schlanke Linie wirklich entscheidend ist, wie viel sie essen und wie intensiv sie sich bewegen. Logischerweise sollte ein Fitness-Studio als Missen-Sponsor zum Zug kommen. Allerdings: mit derselben Logik der Misswahl-Manager können sich neben den Léger-Machern auch die Wurst- oder Schokoladefabrikanten bewerben. Ein Credo von Prominenten zu einer bestimmten Ernährungsform hat mehr Wirkung als alle Appelle des Bundesamtes für Gesundheit. Nur so ist zu erklären, warum die Krebsliga vor einigen Jahren den Zürcher Opernhausdirektor für die Früchte+Gemüse-Kampagne engagierte. Musikkompetenz bedeutet zwar nicht automatisch Ernährungskompetenz, aber Musik- und Schoggiliebhaber denken wohl unbewusst: wer erfolgreich ein Opernhaus leitet, muss auch ein Ernährungsexperte sein. Oder wer ein Tennis-Ass ist, kennt sich auch in der Küchentechnik aus.


Prominente sind weit über ihre Kernkompetenzen hinaus Botschafter im Sold der Werber. Ob sie wirklich in der Ernährung Bescheid wissen ist Nebensache. Hauptsache ist: die Botschaft kommt an. Mögen die vom Himmel gefallenen Ernährungsvorbilder ihre Position mit Verantwortung wahrnehmen. Solange sie für Früchte, Gemüse, Brot und Joghurt werben, kann nichts schiefgehen. Bei Functional Food ist jedoch kritisches Hinterfragen angebracht. Im Fall der Sponsorprodukte ist eine Miss Schweiz allerdings nicht frei in ihrer Entscheidung – da ist die Miss Schweiz Organisation AG gefordert.

Weiterlesen: Ist fettarme Ernährung gesünder?

Copyright http://www.foodaktuell.ch