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Varia
20.11.2007
AOC für jurassischen Schnaps entfacht Kontroverse

Der „Damassine”–Obstbrand ist seit neuestem als jurassische Ursprungsbezeichnung geschützt. Die Neuenburger laufen dagegen Sturm.



Die Damassine-Pflaume ist violett und klein, nur rund zwei Zentimeter lang. Umso grösser ist der Streit, der um die typische Jura-Frucht entbrannt ist. Denn das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat am 16. August 2007 entschieden, den Schnaps, der im Kanton Jura aus der Damassine gebrannt wird, ins Register der geschützten Herkunftsangaben AOC (Appellation d‘origine contrôlée) einzutragen.

Damit hat das BLW dem Willen der Gesuchsteller entsprochen, dass künftig nur noch Damassine-Schnaps aus dem Kanton Jura auch wirklich „Damassine” heissen darf. Dort sei das traditionelle Produktionsgebiet für die „Damassine”, heisst es in der Begründung des BLW.

Neuenburger Damassine

Die Produzenten aus den anderen Kantonen des Jurabogens sind wütend. Jean-Pierre Murset zum Beispiel, einer der ganz grossen Damassine-Produzenten aus dem neuenburgischen Cressier. Er hat beim Bundesamt Einsprache erhoben. „Ich lasse mir den Namen ‚Damassine‘ nicht wegnehmen”, poltert er. „Damassine-Pflaumen gibt es überall, auch in Frankreich und England, und der Kanton Jura hat überhaupt kein Recht, den Namen für sich zu reservieren. Der Kanton Jura kann kein traditionelles Produktionsgebiet sein, er ist ja jünger als ich!”

Im Gesetz stehe, dass Fruchtsortenbezeichnungen nicht als Ursprungsbezeichnungen monopolisiert werden dürften, das Bundesamt ignoriere dies einfach, fährt Murset weiter. Und: „Seit 1991 produziere ich mit Originalbäumen, nicht mit aufgepfropften Trieben, wie das im Kanton Jura zum Teil gemacht wird.” Mit seinen bis zu 40 Tonnen Damassine-Pflaumen und 2‘400 Litern Schnaps hat Murset einen Marktanteil von über 40 Prozent.

Unterstützt wird Murset vom Schweizerischen Spirituosenverband (SSV), auch dieser hat Rekurs eingelegt. „Die Damassine wird seit Jahrzehnten im ganzen Jurabogen gebrannt, deshalb kann man nicht nur im Kanton Jura von einer Tradition sprechen, wie es das Bundesamt für Landwirtschaft tut”, sagt SSV-Geschäftsführer Ernest Dällenbach. „Wir möchten, dass die Bezeichnung in ‚Damassine du Jura‘ geändert wird und dass als Produktionsgebiet der ganze Jurabogen anerkannt wird.”

Eine Variante sei auch, dass für den Kanton Jura eine AOC „Damassine du Jura” eingetragen werde, es gehe den Produzenten in den anderen Kantonen nicht um die AOC, sondern um die Bezeichnung „Damassine”.

Isabelle Pasche vom Bundesamt für Landwirtschaft hält von beiden Varianten nichts. „Die Einsprecher konnten nicht glaubhaft machen, dass die Bezeichnung ‚Damassine‘ in den anderen Region als Bezeichnung für den Obstbrand eine Tradition von mindestens einer Generation hat”, sagt sie. Auch die Kriterien, dass die gleichen klimatischen und topografischen Bedingungen herrschten und dass gleiche Produktionsmethoden überliefert würden, seien wohl nicht erfüllt. Hingegen sei diese einheitliche Tradition im Kanton Jura nachgewiesen.

„Damassine ist zwar nicht direkt eine geografische Bezeichnung, so wie der Emmentaler oder der Gruyère, aber implizit ist es eine, so wie der Tête de Moine oder der Sbrinz.” Entsprechend hat das Bundesamt sämtliche Einsprachen abgewiesen, der Fall „Damassine” liegt deshalb jetzt beim Bundesverwaltungsgericht.

Präjudiz für den Absinth

Dem Spirituosenverband geht es aber noch um etwas anderes: „Damassine ist ein Präzedenzfall für den Absinth”, sagt Dällenbach. „Und dort geht es dann nicht um 10‘000 Liter, sondern um zehn Mal mehr.” Beim Absinth wollen die Produzenten im Val de Travers die AOC für „Absinth” für sich beanspruchen. Auch dagegen wehrt sich der Spirituosenverband.

„Im Wallis beispielsweise wird auch schon seit 1890 Absinth hergestellt”, sagt Dällenbach. Isabelle Pasche vom BLW hingegen findet, man könne die beiden Dossiers nicht einfach miteinander vergleichen. „Man muss jeden Fall für sich betrachten. Und beim AOC-Gesuch für Absinth sind wir noch nicht so weit fortgeschritten.”

Über die Damassine: Wurzeln im Nahen Osten

Am längsten kultiviert wird die Damassine-Pflaume und der daraus hergestellte Obstbrand in der Ajoie. Die Fachleute nehmen an, dass die Vorgänger der Frucht ursprünglich aus Syrien stammen und nach der Hauptstadt Damaskus benannt sind. Sie wurde durch die Kreuzritter zwischen 1000 und 1200 vom Nahen Osten nach Europa gebracht. Die kleinen Früchte werden nicht gepflückt, sondern aufgelesen: Sie fallen von den Bäumen, wenn sie vollreif sind. (Quelle: LID - Roland Wyss-Aerni)

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