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Varia
30.11.2007
Migroslabel Terra Suisse strenger als M-7

Die Migros lässt den IP-Suisse-Käfer und das M-7-Siegel ab April 2008 durch «Terra Suisse» ersetzen. Darüber ändern sich einige Rindermäster, da sie Mehrkosten befürchten.


Die Migros lichtet den Labeldschungel: Ab April 2008 gibt es in der Migros für zahlreiche Nahrungsmittel, die besonders ökologisch produziert wurden, eine einheitliche Bezeichnung. Das Label Terra Suisse löst den Käfer von IP-Suisse und die 7-Punkte-Fleisch-Garantie M-7 ab. Mit diesem Schritt will die Migros zusammen mit der Schweizerischen Vereinigung integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen, IP-Suisse, einen „klaren Mehrwert für Mensch, Tier und Natur schaffen“, wie es in einer Medieninformation des Grossverteilers heisst.

Anpassungsprobleme in der Westschweiz

Was auf den ersten Blick lobenswert tönt, stösst nicht bei allen Beteiligten auf Gegenliebe. So etwa bei Mästern von Rindern, Ochsen und Munis, die heute für M-7 produzieren. Frische Luft, Tageslicht und „immer saubere Einstreu“ müssen diese M-7-Tiere laut Reglement der Migros haben. Auslauf war bis anhin kein Muss. Doch ab nächstem Frühjahr geht nichts mehr ohne RAUS, der Abkürzung für regelmässiger Auslauf ins Freie.

Der Haken an der Sache: Nicht jeder Landwirt kann so ohne weiteres die Stalltüre öffnen und seine Tiere ins Freie lassen. „Vor allem die Westschweizer Mäster werden durch die Neuregelung vor grosse Probleme gestellt“, sagt Conrad Schär, Präsident der Vereinigung für Schweizer Qualitätsrindfleisch, Swiss Beef. In dieser Region lebt das Rindvieh vor allem auf spezialisierten Ackerbaubetrieben, auf denen zwar viel Stroh für ein gemütliches Stallleben vorhanden ist, aber oftmals kein Platz für einen Laufhof.

Die Migros schätzt, dass rund 200 M-7-Rindermastproduzent Anpassungen am Stallsystem vornehmen müsste um die Terra Suisse-Richtlinien zu erfüllen: „Ob die betroffenen Betriebe dies tun wollen, wissen wir heute noch nicht“, sagt Migros-Mediensprecherin Monika Weibel. Der Anreiz sei auf jeden Fall gegeben: Anstelle der M-7-Prämie von 30 Rappen pro Kilogramm Schlachtgewicht werde die Migros für Terra Suisse-Fleisch eine Prämie von 55 Rappen zahlen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Bauer, der heute einen Muni mit 280 Kilogramm Schlachtgewicht an das M-7-Label liefert, bekommt zum Grundpreis, der zurzeit etwas über neun Franken pro Kilogramm beträgt, eine Prämie von 84 Franken. Bei Terra Suisse wird die Prämie fast 154 Franken betragen.

Misstrauen bei den Mästern

Conrad Schär ist nicht sicher, ob diese zusätzlichen 70 Franken pro Muni ausreichen, um die notwendigen Investitionen zu decken: „Ich hoffe, dass die Mäster genau abklären, ob diese Rechnung aufgeht oder ob es vielleicht besser wäre, einen anderen Absatzkanal zu suchen.“ Die Migros versichert, dass auch Mäster, die nicht auf Terra Suisse umstellen wollen oder können, weiterhin in den Migroskanal liefern dürfen, „aber zu QM-Kondition“, wie Weibel sagt.

Unter der Bezeichnung QM wird alles Fleisch gehandelt und verkauft, das nicht für ein Label, wie etwa Coop Natura Plan, Natrua Beef oder eben M-7, produziert wurde und dementsprechend billiger ist. „Die Migros und IP-Suisse streben mit den Produzenten eine langfristige Zusammenarbeit an. Dies bedeutet für die Produzenten auch Sicherheit“, sagt Migros-Sprecherin Weibel.
Mit Terra Suisse hätten die Produzenten ein Vehikel und mit der Migros einen Partner, der ihnen den Marktanteil an inländischen Produkten sichern hilft. Conrad Schär bleibt skeptisch: „Wir mussten leider feststellen, dass auf die Migros in Sachen Labels nicht so Verlass ist. Als das M-7-Label lanciert wurde, haben wir auch geglaubt, diese Produktionsvorschriften würden nun längere Zeit gelten. Deshalb haben damals auch so viele Mäster auf M-7 umgestellt.“

Verschiebung zu Billigfleisch

Aus diesem Grund werden dieses Mal wohl einige Bauern dem Aufruf der Migros nach einer Umstellung des Betriebes nicht nachkommen und somit aus dem Label-Programm ausscheiden. Weniger Label-Mäster bedeutet aber auch weniger Label-Fleisch. Migros-Sprecherin Monika Weibel bestätigt, dass es „Mengenverschiebungen geben könnte“. Verschiebungen zu Gunsten von Fleisch aus QM-Ställen, in denen nicht mehr als das gesetzliche Minimum an Tierwohl eingehalten werden muss. „Beim QM-Fleisch ist auch Haltung ohne Stroh möglich“, sagt Schär.

Um QM-Fleisch einzukaufen brauche man nicht in die Migros zu gehen, das bekomme man auch im Aldi. In der Migros wird QM-Fleisch nach Aussage von Weibel innerhalb der M-Budget-Linie verkauft.

IP-Suisse und Migros spannen zusammen

Die Schweizerische Vereinigung integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen, IP-Suisse, und der Grossverteiler Migros arbeiten seit über zehn Jahren zusammen. Bis anhin war der Labelkäfer von IP-Suisse in der Migros auf Brot, Rapsöl, Kartoffeln und Apfelsaft zu finden. Drei von fünf Broten, die in der Migros gekauft werden, wurden nach den IP-Richtlinien produziert. Ab Frühling 2008 ersetzt die Migros den Käfer schrittweise durch das neue Label Terra Suisse. „In der ersten Phase werden wir den Käfer auf der Rückseite der Brotverpackung weiterführen“, sagt Migros-Mediensprecherin Monika Weibel.

Laut IP-Suisse und der Migros steht Terra Suisse für tiergerechte und naturnahe Produktion und für das Engagement für natürliche Lebensräume und die Erhaltung der Artenvielfalt. Die IP-Bauern können ihre Produktion wie gewohnt weiterführen, es wird keine verschärften Bestimmungen geben. Im Gegensatz zur Migros behalten die anderen Verkaufsstellen von IP-Produkten das Käfer-Label bei.
(Quelle: LID - Von Karin Iseli-Trösch)

Weiterlesen: IP-Suisse und Migros lancieren «TerraSuisse»

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