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4.1.2008 2008 ist «internationales Jahr der Kartoffel» Die Unesco hat 2008 zum «internationalen Jahr der Kartoffel» erklärt. foodaktuell.ch liefert dazu einen Branchenüberblick. Die Schweiz ist ein Kartoffelland mit einem fast hundert prozentigen Selbstversorgungsgrad, zumindest in guten Erntejahren. Der Konsum beträgt rund 44 Kilo pro Kopf und Jahr, ähnlich wie der Teigwarenkonsum, aber letzterer steigt stetig, während der Kartoffelkonsum allmählich zurückgeht zugunsten von Kartoffelerzeugnissen. 44 Prozent der Kartoffel kommen als verarbeitete Produkte in den Handel (vor allem als Pommes Frites und andere Tiefkühlprodukte). Eine Neuerung im Detailhandel schafft Goodwill für Frischkartoffeln: Die Kochtypen werden klarer gekennzeichnet. Die Kartoffelproduzenten sind im VSKP (Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten) organisiert und die industriellen Verarbeiter bei der Swiss Convenience Food Association SCFA, welche FIAL-Mitglied ist. Die Handelsfirmen sind im Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse-, und Kartoffelhandels Swisscofel organisiert. Diese drei Trägerorganisationen bilden gemeinsam die Branchenorganisation Swisspatat. Die grössten Schweizer Kartoffelverarbeiter sind Bischofszell Nahrungsmittel BINA (Migros), frigemo (Fenaco), Kadi und Zweifel Pomy Chips. Bemerkenswert ist der Start von Kadi mit einer eigenen Chipsproduktion im 2006 unter der deutschen Marke Chio. Auf die Produktion von Kartoffelflocken spezialisiert sind BINA und frigemo. Granulat, ein Alternativprodukt zu Flocken wurde in der Schweiz nie hergestellt.
Wo wären wir ohne die «tolle Knolle», beliebt vom Salat bis zum Finger Food. Beim wichtigsten Kartoffelprodukt, den Pommes Frites, bestehen zwar Trends zu innovativen gecoateten Produkten wie sie frigemo sowie Kadi herstellen. Aber da durch die Marktöffnung die hohen Zölle bei Kartoffelprodukten schrittweise abgebaut und die Importkontingente grösser werden, wird sich in Zukunft eine inländische Herstellung von Standard-Frites- oder Kartoffelflocken angesichts der tiefen Preise ausländischer Hersteller kaum mehr lohnen. Im Fachgebiet der Kartoffel-Produktion und Verarbeitung wird in der Schweiz intensiv geforscht, vor allem an der eidg. Forschungsanstalt Agroscope ART in Reckenholz, der ETH Zürich und der Landw. Hochschule SHL in Zollikofen. Und die ETH ist führend bei der Acrylamidforschung: In den letzten Jahren hatten fritierte und gebratene Kartoffelprodukte ein Imageproblem, vor allem Chips und Rösti, wegen des Gehaltes an unerwünschtem Acrylamid, das bei hohen Temperaturen entsteht. Die Kartoffelbranche reagierte prompt beim Bekanntwerden der Problematik, ebenso die Gastronomieschulen wie die Zürcher Hotelfachschule Belvoipark. Aber die Acrylamidgehalte sinken nur langsam gemäss einem Vergleich des K-tipps: Der Durchschnitt aller getesteten Produkte lag im 2006 bei 561 Mikrogramm verglichen mit 572 Mikrogramm im 2003. Allerdings weist man bei der FIAL darauf hin, dass in keiner Produktgruppe die Acrylamidgehalte so stark gesenkt werden konnten wie bei den Kartoffelerzeugnissen: von über 1000 Mikrogramm auf deutlich unter 500. Erfolgreiche Acrylamid-Reduktion Die drei Chipshersteller der Schweiz (Zweifel, BINA und Kadi) bemühen sich, die Acrylamidbildung durch tiefe Gehalte an reduzierenden Zuckern zu vermindern. Tatsächlich erreichten acht Sorten Chips im K-tipp-Test einen Gehalt von unter 600 Mikrogramm pro Kilo. «Zweifel» und Coop-Biochips erhielten die Note «sehr gut». Seit drei Jahren bieten die meisten Lebensmittelverteiler Kartoffelsorten an, die sich für Rösti, Pommes frites und Bratkartoffeln besonders eignen. Für diese Hochtemperaturlinien werden besonders geeignete (keimträge) Sorten ausgewählt und in speziellen Warmlagern gelagert. Ausserdem werden nur Posten verwendet, welche die genormten Backtests bestehen, d.h. niedrige Zuckergehalte aufweisen. Damit wurde in der Schweiz als weltweit erstem Land eine wichtige Anforderung zur Senkung der Acrylamidbelastung erfüllt. Knifflige Kochtyp-Analyse Die Kartoffelqualität schwankt wetterbedingt von Jahr zu Jahr und von Region zu Region. Das Kochverhalten und vor allem die Mehligkeit hängt wesentlich vom Stärkegehalt ab, und dieser wiederum schwankt ebenfalls, sogar von Knolle zu Knolle innerhalb derselben Partie. Der Bauer kann den Stärkegehalt nicht beeinflussen ausser durch die Sortenwahl. Beim Kochtyp spielen der Reifegrad und viele andere Faktoren eine Rolle. Die SHL versucht, praxisgerechte Kochtyp-Messmethoden oder Indikatoren zu finden, damit man den Kartoffeln im Verkauf ohne viel Aufwand mit Farbcodes die richtigen Typen zuordnen kann. Bei CCA gibt es keine Farben für die Kochtypen. Man unterscheidet nur zwei Kochtypen: mehlig und festkochend. Dafür bietet die Firma einen Service, den die Hausfrau im Supermarkt nicht erhält: Sechs verschiedene Kartoffel-Kaliber. Fettarm zubereitet gesund und wertvoll Die Kartoffel ist ein ausgewogenes und wertvolles Lebensmittel mit hohem Sättigungswert. Den niedrigsten Energiegehalt haben Geschwellte und Salzkartoffeln sowie Kartoffelpüree mit circa 70-80 Kilokalorien (kcal) pro 100g denn die Zubereitung erfolgt ohne oder mit wenig Fett. Bratkartoffeln, Kroketten und Rösti haben einen mittleren Energiegehalt (100-200 kcal), obwohl sie in Fett gebacken werden. Höher liegen Pommes Frites aus der Friteuse mit durchschnittlich 270 kcal. Backofen-Frites schneiden besser ab (ca 255 kcal). Sie werden zwar auch beim Hersteller vorfritiert, nehmen aber beim Rösten im Ofen kein weiteres Fett auf. An der Spitze bei Energiewert und Fettgehalt liegen Pommes Chips mit rund 500 kcal/100g bzw durchschnittlich 32 Prozent Fett (je höher umso tiefer der Stärkegehalt der Kartoffeln). Es gibt seit Langem aber auch fettreduzierte mit 20 bis 25% Fett. Der höhere Energiewert von Chips verglichen mit Frites liegt nicht nur im höheren Fettgehalt sondern auch im viel tiefen Wassergehalt begründet: Chips müssen durchfritiert werden bis zu einem Restgehalt von 1% Wasser, sonst entsteht kein knuspriges sondern ein ledriges Produkt. Die Kartoffel eignet sich hervorragend für Produkte, die aussen knusprig und innen zart sind. Besonders knusprig sind stärkeummantelte Frites, die in den USA erfunden wurden: Es handelt sich um ein dünnes Coating. Die Patente beschreiben ein Verfahren zum Ankleben von reiner Stärke an die Oberfläche der rohen Kartoffelstäbchen, ähnlich einer Panade. Die Oberfläche wird dadurch stärkereicher. Dies erklärt auch, warum solche Produkte beim Warmhalten weniger schnell weich werden. Tausend Kartoffelsorten Diese Verbreitung und die grosse Bedeutung der Kartoffel führten zu einer Vergrösserung der Sortenvielfalt. Ständig wurden neue Sorten entdeckt und gezüchtet. So kam es, dass man heute über 5000 Sorten kennt, davon werden weltweit etwa 1000 angebaut. Trotzdem: Unter den Frühsorten gibt es keine mehligen sprich stärkereichen Speisekartoffeln, sondern nur stärkearme festkochende Typen, die sich nicht für Kartoffelstock eigenen. Für frischen Stock verwende man besser alterntige Lagersorten. Erst ab Mitte August sind die mehligeren Lagersorten erntereif. Die mehlige Allzweck-Kartoffel Bintje ist immer noch Nummer 2 im Anbau nach Agria. Aber in der Gastronomie ist sie Nummer 1. Bintje wird seit 1935 in der Schweiz angebaut und ist reif für einen Ersatz. Sie wurde anfällig für Kartoffelviren und benötigt relativ viel Pflanzenschutzmittel. Als Alternative ist die ebenfalls universelle aber gelbere Agria zu empfehlen. Auch zur teuren feinkörnigen Gartenkartoffel Amandine gibt es Alternativen: Nicola und Charlotte sind gleichwertig. Stella, auch eine Gartenkartoffel, ist zwar rar aber ebenfalls feinkörnig und dezent. Biokartoffeln und Raritäten Bemerkenswert ist der geringe Bio-Anteil bei Kartoffeln von nur vier Prozent, was an Krankheitsrisiken beim biologischen Anbau liegt. Biokartoffeln zu produzieren und lagern ist immer noch eine Knacknuss. Gegen Schädlinge und die berüchtigte Kraut- und Knollenfäule gibt es noch kein probates biologisches Mittel. Biobauern halten durch gezielte Fruchtfolge die Schädlinge und Krankheiten im Schach. Das zweite Problem ist die Lagerung: Über 6°C neigen die Knollen im Winter zum Keimen. Unter 8°C bilden sie Zucker, welcher beim Braten oder Fritieren bräunt und das unerwünschte Acrylamid fördert. Biobetriebe besprühen die Knollen heute mit Kümmelöl, einem zwar nicht hochwirksamen, dafür natürlichen Keimhemmungsmittel. Ebenfalls biologisch angebaut werden die alten Kartoffelsorten, welche die Stiftung «Pro Specie Rara» fördert. Kaufen kann man die Raritäten bei der St. Gallischen Saatzucht-Genossenschaft, Coop oder CCA. In der Gastronomie bewährten sich die blaufleischigen «Blauen St. Galler» sowie die weniger kochfesten «Blauen Schweden». Alte Sorten sind ferner «Acht-Wochen-Nüdeli», geeignet für für Gschwellti und «Parli» für Bündner Kartoffelspezialitäten. Früher waren blaue Kartoffeln unbeliebt, weil die dunklen Knollen in der ebenso dunklen Erde schlecht sichtbar waren. Heute sollten sie nicht nur mit ihrer originellen Farbe Aufsehen erregen, sondern auch dank ihrem Gesundheitswert: die blauen Farbstoffe, notabene dieselben Anthocyane wie in blauen Trauben, sind so genannte „bioaktive sekundäre Pflanzenstoffe“. Sie haben eine Schutzwirkung wie die Vitamine A, C und E – wenn man langfristig grosse Mengen davon verzehrt.
Kartoffel boomt in den Entwicklungsländern (lid) Der Weltkartoffelverbrauch befindet sich in einem starken Wandel. Bis zu den frühen 1990er Jahren wurden die meisten Kartoffeln in Europa, Nordamerika und in den Ländern der früheren Sowjetunion verbraucht. Seither sind Produktion und Nachfrage in Asien, Afrika und Lateinamerika rasant gewachsen. Nach den Daten der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist die Kartoffelproduktion in den Entwicklungsländern mit rund 159 Millionen Tonnen inzwischen höher als in den Industrieländern, in denen 2006 gut 155 Millionen Tonnen Kartoffeln produziert wurden. Weiterlesen: Goldgelb seien Rösti und Pommes | ||||||