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30.7.2008 Osteuropa avanciert zur Boom-Region Die weltweit dynamischsten Handelsmärkte liegen in Osteuropa. Egal, ob Bio oder Convenience – klar ist, dass die neuen Food Trends einen Riesenmarkt für westliche Unternehmen darstellen. Der Boom um die gesunde Ernährung und die Nachhaltigkeit ist auch im Osten angekommen.
Rumänien gilt unter Handelsstrategen als Wachstumsmarkt Nummer eins. Polen, Ungarn und Tschechien gehören zu den aufstrebenden osteuropäischen Bio-Märkten, und Russland hat beim Bierkonsum die Pole-Position erobert. Mit einem Satz: In Osteuropa geht es rund in Sachen Trends und Konsum. Hier orientiert man sich mehr und mehr an westlichen Vorgaben – Westeuropa wird gerade in Sachen Food Trends zum zeitlichen Vorläufer für die osteuropäischen Märkte. Beim Lebensmittelsymposium „Unser täglich Brot“ in Münster diskutierten im Frühjahr Branchenexperten über die Zukunft des europäischen Lebensmittelmarktes. „Die weltweit dynamischsten Handelsmärkte liegen in Osteuropa“, resümierte Referentin Dr. Stephanie Rumpff von der Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers die Erkenntnisse. Nach ihrer Einschätzung soll bis 2010 allein der russische Nahrungsmittelmarkt ein Volumen von 350 Milliarden Euro erreichen und so zum grössten Lebensmittelmarkt Europas avancieren. Gleichzeitig nähern sich mit steigendem Einkommen auch die Konsumgewohnheiten der Osteuropäer an die westlichen Lebensumstände an. „In Polen werden 2010 bereits 28 Prozent der Bevölkerung in Ein-Personen-Haushalten leben. Daraus ergibt sich auch hier, wie bereits seit Jahren in Westeuropa zu erkennen, eine erhöhte Nachfrage nach Tiefkühl- und Convenience-Produkten. Doch ähnlich wie bei Bio-Produkten übersteigt die Nachfrage das noch relativ geringe Angebot“, so Rumpff. Convenience und Take-aways Das Ernährungsverhalten der Westeuropäer wird aktuell durch verschiedene Foodtrends bestimmt: Convenience, Ausser-Haus-Verzehr, Functional Food, Bio, Wellness. Auch in Osteuropa spielen diese Trends eine zunehmende Rolle, allerdings, so fanden Konsumforscher heraus, noch nicht überall und nicht in gleichem Masse wie im Westen. Klar herauskristallisiert hat sich aber auch in den osteuropäischen Staaten durchweg der Convenience-Trend. Das Angebot an Convenience-Produkten nimmt rasant zu, allerdings beobachten die Anbieter, dass das Interesse an „Helfer“-Produkten und einzelnen Menübestandteilen im Moment noch grösser ist als an kompletten Mahlzeiten. Gross im Kommen: Tiefkühlware. Der Bremerhavener TK-Riese Frosta hat sich mit seiner Dependance in Polen im Segment Fischprodukte als Marktführer festsetzen können. „Der Zuwachs resultierte im Wesentlichen aus erhöhten Verkäufen von Produkten der Marke Frosta in Osteuropa“, so Marketing-Vorstand Felix Ahlers, der mehrere Jahre die Geschäfte des Unternehmens in Warschau leitete. So soll es weitergehen, wenn man den Bremerhavener und gelernten Koch fragt: „Die Investitionen insbesondere im Werk Bydgoszcz (Polen) laufen planmässig. Allein in unserem polnischen Werk beschäftigen wir über 300 Mitarbeiter. Für uns ist das ein aufstrebender Markt, auf dem wir ein grosses Umsatzpotenzial sehen.“ Mahlzeiten am Mittagstisch in der Familie Als kleine Hemmschwelle auf der Überholspur der Fertig- oder Halbfertigprodukte stellt sich zur Zeit noch die traditionelle Familienstruktur dar, in der die familiäre Mahlzeit und das Kochen einen Teil der Kultur ausmacht. Dem gegenüber stehen allerdings auch in Osteuropa Zeitmangel und Arbeitszeitgestaltung. „Region trifft Fast Food“ könnte man den nächsten grossen Trend nennen, der den osteuropäischen Markt beherrscht. Denn während Restaurantbesuche für viele Verbraucher trotz steigender Lebensstandards häufig noch zu kostspielig sind und auch die westlichen Fast Food-Anbieter als Luxus gelten, kann das Ausser-Haus-Geschäft in einer ganz anderen Richtung punkten. Einheimische Küche als Take-away vermeldet steigende Umsätze – die Mischung aus zumeist kostengünstigen Regionalspezialitäten und dem Gefühl, nicht selbst kochen zu müssen, trifft den Trend-Geschmack vor allem der jüngeren Konsumenten, die überdies auch mehr und mehr Lieferdienste in Anspruch nehmen. Bewegung im osteuropäischen Bio-Markt Der Boom um die gesunde Ernährung und die Nachhaltigkeit ist auch im Osten angekommen – wenn auch noch in den Anfängen. In erster Linie hat er aber bisher die wohlhabenderen Bewohner in den Städten erreicht, während die Landbevölkerung dem Öko-Trend noch mit einem gewissen Argwohn gegenüber steht. Alles in allem bewirkt auch in den osteuropäischen Ländern eine grösser werdende Skepsis gegenüber der industriellen Nahrungsmittelerzeugung die steigenden Bio-Umsätze. Dazu kommt ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein, vor allem bei jüngeren Menschen, die sich am westlichen Schönheitsideal orientieren. Und selbst die ältere Generation trägt in Osteuropa, ohne es zu ahnen, zu einem Aspekt des Öko-Booms bei: Sie kaufen, kochen und essen am liebsten die Nahrungsmittel, die ihnen das eigene Land bietet. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei gehören zu den aufstrebenden osteuropäischen Bio-Märkten (Bild: Prag). Polens Bio-Produktion legte im vergangenen Jahr stark zu, die Zahl der Bio-Betriebe stieg um 28 Prozent auf fast 10.000 Stück, die der Verarbeiter verdoppelte sich auf 156 (Quelle: ZMP). Das Bio-Geschäft in den osteuropäischen Staaten ist allerdings zur Zeit noch ein Export-Schlager: Die Slowakei und Ungarn beispielsweise exportieren aktuell 90 Prozent ihrer Öko-Produkte. Hauptabnehmerländer sind Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, die Schweiz sowie die Niederlande. Der Grund für den hohen Anteil des Auslandsgeschäftes liegt vor allem in der geringeren heimischen Kaufkraft in Osteuropa. Trotzdem kann man getrost von einem aufstrebenden Geschäft reden, das auch von der dortigen Politik so gesehen wird. So hat es sich zum Beispiel das slowakische Landwirtschaftsministerium zum Ziel gesetzt, bis zum kommenden Jahr eine Bio-Fläche von 120.000 Hektar, das entspricht etwa fünf Prozent Flächenanteil, zu erreichen. Bei den osteuropäischen Bio-Käufern stehen vor allem Milchprodukte, Fleisch und Gemüse auf dem Einkaufszettel. Westliche Unternehmen investieren im Osten Egal, ob Bio oder Convenience – klar ist, dass die neuen Food Trends einen Riesenmarkt für westliche Unternehmen darstellen. Und zwar nicht nur, weil ihre Produkte in Osteuropa gekauft oder von westlichen Restaurantketten im Osten in grösseren Mengen verarbeitet werden. Umgekehrt gilt: Mehr und mehr Verarbeitungsbetriebe werden entweder neu gebaut oder modernisiert. In den vergangenen Jahren haben ausländische Firmen wie Nestlé oder Hipp in Osteuropa hohe Investitionen getätigt. Vor allem im Bereich Convenience-Produkte (zum Beispiel geputzte Salate, Feingemüse, halbfertige Kartoffelprodukte) entstehen reihenweise neue Produktionsstätten. Speziell vom Beitritt zur Europäischen Union erhoffen sich osteuropäische Anbieter Kooperationen mit westlichen Unternehmen, die bereit sind, zu investieren. Diese wiederum schielen auf niedrigere Produktionskosten. Am Ende hoffen alle Parteien auf eine Win-Win-Situation in der grossen Familie Europa – und die Food Trends geben durchaus Anlass für eine positive Stimmung.
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