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5.9.2008 Nur soviel an Zusatzstoffen wie nötig Zusatzstoffe sind oft geniale Problemlöser für Qualitäts- oder Haltbarkeitsprobleme, teilweise auch geeignet als Kostensparmassnahme, aber sehr selten gesundheitlich riskant. Eine sinnvolle Regel heisst: soviel wie nötig, so wenig wie möglich. Die Lebensmittelbranche pochte früher auf die Vorteile und die Unbedenklichkeit, sah aber keine Veranlassung, freiwillig auf die kleinen Helfer zu verzichten. Dies ändert sich grundlegend. Heute wetteifern die Conveniencehersteller in der Lancierung von Cleanlabel-Produkten – aus zwei Gründen: Der eine liegt in der steigenden Konsumentenstimmung: Familie Schweizer gönnt sich wieder Premiumprodukte und überlässt die Economyprodukte mit Glutamat statt Fleischextrakt den weniger kaufkräftigen Konsumenten. Zum Andern müssen Zusatzstoffe namentlich oder mit E-Nummer deklariert werden, was den Konsumentenschützern Angriffsfläche bietet. Sie fanden «schwarze Schafe», die umstrittene Konservierungsmittel oder kostenspar-wirksame Geschmacksverstärker verwendeten, unterstellten den Herstellern Täuschungsabsichten und manipulierten die öffentliche Meinung mit Pauschal-Urteilen. Der politische Druck wirkte – viele Hersteller reduzierten die «Dirty Labels» auf ein Minimum. Dann kamen immer mehr zusammengesetzte und stark verarbeitete Bioprodukte auf den Markt, die meistens keine Zusatzstoffe enthalten dürfen. Technologen und Marketingfachleute erkannten, dass es auch ohne geht, wenn man gewisse Kompromisse macht. Und die Marketingstrategen entdeckten einen grossen Wettbewerbsvorteil in der klein gedruckten Zutatenliste ohne E-Nummern nach dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber. Viele Cleanlabelprodukte haben gute Voraussetzungen für die Premiumklasse und werden mit wertvollen Zutaten beworben, wo früher ein Aroma ausreichen musste. Dass seit wenigen Jahren auch Allergene deklariert werden müssen, verschärfte die Zusatzstoffskepsis bei den Konsumenten. Diese finden es heute chic, auf irgend etwas allergisch zu sein und «free from»-Produkte zu kaufen. Viele Bäckereien werben sogar für Brote «ohne Weizen» oder «ohne Hefe». Fazit: Das Cleanlabel-Konzept ist eine wirksame Marketingstrategie und bietet tatsächlich oft eine Qualitätssteigerung. Dennoch sind Zusatzstoffe keine Schandtaten, solange sie korrekt deklariert werden. Es kommt immer darauf an, zu welchem Zweck man sie einsetzt. Auch lang haltbare, bunt gefärbte oder tiefpreisige Lebensmittel mit E-Nummern haben ihre Berechtigung im Markt. Volksgesundheitlich kommt zwar dem Thema Salz- und Fettreduktion mehr Bedeutung zu als dem Trend zu Clean Label. Aus Sicht der Wissenschaft stehen die Risiken des Übergewichts und der Hygienemängel an oberster Stelle und die Zusatzstoffe erst an fünfter. Aber der Markt richtet sich nach der Wahrnehmung der Konsumenten, welche sich bei Zusatzstoffen und Rückständen übertriebene Sorgen machen. Weiterlesen: Sind Zusatzstoffe ein Auslaufmodell? | |