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25.10.2008 Mangelnde Bewegung - übergewichtige Kinder Kinder und Jugendliche nehmen heute nicht unbedingt mehr Kalorien auf als früher, aber sie bewegen sich viel weniger.
Die Aufgabe einer gesunden Ernährung von Kindern und Jugendlichen ist neben der Garantie für ein gesundes Wachstum und Lebensaktivität, der Ermöglichung einer normalen körperlichen und geistigen Entwicklung, die Primärprävention von Krankheiten in der Kindheit und im Erwachsenenalter: Allergien, Autoimmunkrankheiten, Adipositas und metabolisches Syndrom, Atherosklerose, Osteoporose, Demenz, Krebs. Diese Ziele sind durch die weltweite epidemische Zunahme des Übergewichts und der Adipositas bei Erwachsenen und Kindern nicht erreicht. Im Gegenteil, die Gesellschaften der entwickelten Länder und der Schwellenländer sehen sich einer beängstigenden Welle von Übergewicht und Adipositas ausgesetzt, die vor allem mit der Volkskrankheit Diabetes mellitus und allen ihren Folgekrankheiten einhergeht. Bis zu 20% unserer Kinder sind übergewichtig und 12% adipös. Epigenetische Ursachen werden hierfür verantwortlich gemacht, also der Beginn von Programmen in der Kindheit, die Auswirkungen auf das ganze Leben haben. Ein eindrucksvolles Beispiel sind gestillte Säuglinge, die je nach Dauer des Stillens weniger adipös sind in der späteren Kindheit. Diese epigenetischen Einflüsse beginnen in utero und setzen sich in den ersten Jahren der Kindheit fort. Es ist daher dringend notwendig und geboten, den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen, um nach Analyse von verantwortlichen Faktoren Strategien für die Primär- und Sekundärpräventionen zu entwickeln. Ein Grund könnte die Ernährung sein. Wenn die Frage gestellt wird, ob die Ernährung für die Adipositaszunahme verantwortlich ist, bedarf es Analysen darüber, was Kinder und Jugendliche eigentlich essen. Hierzu können Quer- und Längsschnittstudien herangezogen werden. Tägliche Ernährung: Weniger Fette, mehr Kohlenhydrate Die DONALD-Studie (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study) hat über 20 Jahre 1‘250 Kinder von der Geburt bis in das Erwachsenenalter verfolgt und im Längsschnitt die Ernährungsgewohnheiten dieser Kinder ohne Intervention minutiös erfasst. Hierbei konnte Folgendes festgestellt werden. Die Fettzufuhr als prozentualer Anteil der Energiedichte ist in den letzten 20 Jahren gesunken, die Kohlenhydrat-Zufuhr dagegen gestiegen. Die durchschnittliche verzehrte Kalorienmenge ist etwa gleich geblieben. Bei den Kohlehydraten ist vor allem der Verzehr von kohlehydrathaltigen Getränken stetig angestiegen, z.B. Softdrinks, Obstsäfte etc. Die Zunahme der kalorienreichen Getränke bei Jungen korreliert mit einem erhöhten Bodymass-Index (BMI). Auch besteht ein steigender Trend hin zu Fast-Food, der ebenfalls bei Jungen stärker ausgeprägt ist als bei Mädchen. Hobbies fürs Sitzfleisch Im gleichen Zeitraum haben sich die Freizeitgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen deutlich verändert, insbesondere diejenigen der körperlichen oder sportlichen Bewegung. Hier besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Nutzung von Medien und körperlicher Aktivität. Je länger der Fernseh-/Videokonsum dauert, um so geringer ist die körperliche Aktivität und umso grösser die Adipositas. Zusätzliche Faktoren wie soziale Herkunft und Migrantenhintergrund kommen als erschwerende Faktoren hinzu. Während 3–10jährige Kinder noch relativ häufig sportlich aktiv sind, nimmt die sportliche Aktivität bei 11–17jährigen Kindern und Jugendlichen mit zunehmendem Alter stetig ab. Entsprechend der Gewichtszunahme nimmt auch die Leistungsfähigkeit ab, während im gleichen Zeitraum der Gebrauch von Genussmitteln wie Alkohol und Tabak deutlich zunimmt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ernährungsgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen die dramatische Zunahme des Körpergewichtes allein nicht erklären. Ein entscheidender Faktor ist die mangelnde Bewegung. Sie bedingt bei gleicher Kalorienzufuhr eine Gewichtszunahme von Kindern und Jugendlichen. (Quelle: Referat von Prof. Dr. med. Michael J. Lentze, Zentrum für Kinderheilkunde des Universitätsklinikums Bonn am Symposium von Proviande in Bern 22. Oktober 2008) | ||||