Food aktuell
Varia
14.3.2009
Schwierige Zeiten für Zuckerbranche

Die Zuckerfabriken sitzen auf 25'000 Tonnen unverkauftem Zucker. Die nächste Preissenkung ist in Sicht. Und die Rübenpflanzer möchten die Direktzahlungen anders verteilt haben.


Noch vor zehn Jahren gabs vom Bund für die Zuckerbranche jährlich 45 Millionen Franken. Damit konnte den Rübenpflanzern ein anständiger Preis bezahlt werden, die Rübenproduktion war lange eine der lukrativsten Betriebszweige. Inzwischen weht ein rauerer Wind im Zuckermarkt: Im letzten Jahr erhielten die Zuckerfabriken in Aarberg und Frauenfeld (ZAF) nur noch 18 Millionen Franken. Mit Inkrafttreten der neuesten Agrarreform AP 2011 fallen diese Beiträge ganz weg, neu werden die Rübenpflanzer direkt unterstützt mit Direktzahlungen von 1'900 Franken pro Hektare. Das allerdings kostet den Bund deutlich mehr, nämlich 38 Millionen Franken; insgesamt werden in der Schweiz auf 20'000 Hektaren Zuckerrüben angepflanzt.

Weniger Rübengeld, mehr Direktzahlungen

Die Rübenpflanzer erhalten so zwar mehr Geld vom Bund, doch sie verlieren Geld am Markt. Denn der Rübenpreis ist stark gesunken. Weil der Schweizer Zuckermarkt mit einem Doppel-Nullzoll-Abkommen direkt an den EU-Zuckermarkt gekoppelt ist und die EU den Preis bereits stark gesenkt hat, ist das Preisniveau auch in der Schweiz gesunken.

Durch die neuen Direktzahlungen sehen sich die professionellen Rübenprroduzenten, die auf fruchtbaren Böden gute Erträge erzielen, benachteiligt. "Vor allem die Westschweizer Produzenten, aber auch einige Ostschweizer fühlen sich ungerecht behandelt", sagt Samuel Keiser, Präsident des Schweizerischen Verbandes der Zuckerrübenpflanzer (SVZ). Belohnt wird nicht, wer den Zuckerfabriken viele Rüben mit hohem Zuckergehalt abliefert, sondern wer viel Fläche bepflanzt.

Über einen Antrag aus der Westschweiz, die Direktzahlungen künftig nach Erntemengen und nicht mehr nach Fläche zu bezahlen, wurde an der Delegiertenversammlung des SVZ vom 3. März in Bern kontrovers diskutiert. Michel Losey, bis vor kurzem Präsident des Westschweizer Verbandes, betonte, man wolle eine professionelle Rübenproduktion fördern. Die Gefahr bestehe, dass bei einem Flächenbeitrag der Anreiz zu gross sei, um die Fläche auszudehnen. Wenn aber die Fläche ansteige, dann reiche das Bundesgeld nicht, und dann gebe es weniger Geld pro Hektare. Darunter würden dann alle leiden.

Viktor Mühlebach, Rübenproduzent und Lohnunternehmer aus dem aargauischen Tegerfelden, ist anderer Meinung. Der Antrag sei "gefährlich und unsolidarisch", der Verband müsse sich auch für die Randregionen einsetzen und nicht nur für die professionellen Betriebe in den Gunstlagen, sagte er in Bern. Dazu komme, dass eine Direktzahlung nach Menge nicht WTO-konform sei. Losey konterte, die WTO-Konformität brauche die Produzenten nicht als erstes zu kümmern. Auch die EU habe Massnahmen, die alles andere als WTO-konform seien. Schliesslich einigten sich die Delegierten darauf, den Antrag im Vorstand noch einmal zu diskutieren, bevor der Verband an den Bund gelangt.

Marktreform bringt Verluste

Josef Arnold, Direktor der Zuckerfabriken ZAF, will sich zu der Direktzahlungsfrage nicht direkt äussern, sagt aber: "Wir sind interessiert an leistungsstarken Rübengebieten". Wenn man Gebiete stütze, die ertragsmässig tief seien, könne das gefährlich sein.

Denn die Zukunft wird hart: Die EU senkt im Herbst zum zweiten Mal den Preis. Dadurch sinken auch die Schweizer Preise erneut. Dadurch könnte die ZAF "bei ungünstiger Zuckerpreisentwicklung gegen 100 Millionen Franken verlieren", sagt Arnold. 38 Millionen davon werden durch die Direktzahlungen des Bundes aufgefangen, in den nächsten Jahren wird die eigens für diesen Zweck gebildete Rückstellung von 33 Millionen Franken aufgelöst, den Rest müssen die Zuckerfabriken und die Rübenpflanzer durch tiefere Rübenpreise tragen.


Zuckerverkauf harzt

Nach zwei Grossernten im letzten und vorletzten Jahr haben die Zuckerfabriken 25'000 Tonnen Zucker am Lager, die bisher nicht verkauft werden konnten. Die Rübenproduzenten lieferten in der Kampagne von Ende 2008 insgesamt 250'000 Tonnen Rüben an, Quoten sind nur für 230'000 Tonnen verteilt. Dazu kommt, dass die Nachfrage nach Zucker eher gesunken ist. "Die Schokoladeindustrie ist von der Rezession in dem wichtigen Markt USA betroffen", sagt Arnold. Damit seien auch die Zuckerbestellungen zurückgegangen. Die grosse Inlandernte hat auch zur Folge, dass der Zollsaldo – erhoben auf importiertem Zucker und bezahlt auf exportiertem Zucker in zuckerhaltigen Produkten –, nun negativ wird. Damit fehlt in der Zollkasse auch Geld, um Exporte finanzieren zu können.

Rübenpflanzer-Präsident Samuel Keiser hofft, dass die ZAF den Zucker trotzdem noch gut verkaufen können – sonst droht ein noch grösserer Druck auf die Rübenpreise. Und für Arnold ist klar: "Es darf keine dritte Überernte wie im letzten und vorletzten Jahr geben." Sonst gerate der Markt völlig aus den Fugen.

Starke Konkurrenz bei Agrarfreihandel

Damit nicht genug: Falls dereinst ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU in Kraft tritt, hat die Schweizer Zuckerbranche schlechte Karten. Keiser sieht den Rübenanbau "langsam, aber sicher in Frage gestellt" und auch ZAF-Direktor Arnold ist gegen ein solches Abkommen. "Die Konkurrenz ist schon im Schweizer Markt drin", sagt Arnold. Die Hälfte des in der Schweiz verarbeiteten Zuckers wird importiert und hauptsächlich von deutschen und französischen Zuckerfabriken geliefert. "Das sind übermächtige Konkurrenten, die sich im Markt etabliert haben. Wir haben aber noch kein Kilogramm Zucker in der EU verkauft." Es bliebe nichts anderes übrig, als durch weitere Produktionsausdehnung weiter Kosten zu sparen, um mithalten zu können.
(Quelle LID)

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