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22.5.2009 Markterfolg dank professionellen Konsumententests Bei der Lancierung von Neuheiten überstreigen die Investitionen in die Werbung die Produkttestkosten bei weitem. Eine fundierte Konsumentenbefragung lohnt sich daher, um die Erfolgschancen einer Lancierung zu verbessern. 60 Degustatoren sind das Minimum für einen seriösen Beliebtheitstest Früher brachte der Firmen-Patron Proben aus der Produktentwicklungs-Abteilung seiner Familie zum Testen oder entschied gleich selbst. Abgesehen vom geringen Aufwand bietet diese Vorgehensweise keinen Vorteil. Und angesichts der Tatsache, dass nur wenige Prozent der Produktneuheiten länger als zwei Jahre auf dem Markt überleben, sollte man nichts unversucht lassen, um die Erfolgschancen einer Lancierung mit einer fundierten Marktforschung zu verbessern und Flops zu verhindern. Nicht nur Mehrwert und Preis entscheiden über die Konsumentenakzeptanz sondern auch – oder vor allem – die sensorischen Produkteigenschaften. Der Realisierungsentscheid muss sich daher auf Marktfoschungsresultate stützen. Aber wie testet man die Akzeptanz und welcher Akzeptanzgrad gilt als Mindestmass? «foodaktuell» befragte zwei professionelle Sensorik-Dienstleister. Das Konsumentenpanel der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW besteht derzeit aus rund 450 Personen, die verschiedene demografische Faktoren und darunter v.a. den Altersbereich zwischen 18 und 80 Jahren abdecken. Aus diesem Panel können Personen (in der Regel 80 bis 100) d.h. zielgruppenspezifisch nach Anforderung des Auftraggebers rekrutiert werden. Sofern das Panel diese Anforderungen nicht erfüllt, werden entweder zusätzliche Personen in Wädenswil rekrutiert rekrutiert oder der Test wird dezentral (an anderen Standorten in der Schweiz) durchgeführt. Die ZHAW führt derzeit zehn bis zwölf Konsumententests pro Jahr durch, erwartet jedoch eine Zunahme dank der starken und wachsenden Nachfrage aus Industrie und Handel. Annette Bongartz, Fachgruppenleiterin Lebensmittel-Sensorik am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation (ILGI) der ZHAW erklärt ihre Methoden: Bei Akzeptanztests arbeitet die ZHAW mit der klassischen 9-teiligen hedonischen Skala (von «sehr gern» bis «sehr ungern»). Dabei wird zunächst immer nach der Gesamtbeliebtheit des fraglichen Produktes gefragt. In einzelnen Fällen kann im Anschluss noch zusätzlich auf ein spezifisches Attribut wie die Beliebtheit der Süsse herunter gebrochen werden. Der Test kann monadisch sequentiell erfolgen, d.h. jede Probe wird den Konsumenten einzeln präsentiert, oder mit mehreren Proben gleichzeitig zwecks direktem Vergleich. Für die Erhebung der Präferenz arbeitet die ZHAW mit der Methode der Rangfolgeprüfung. Dabei werden Produkte gleichzeitig präsentiert und von den Konsumenten nach ihrer Beliebtheit rangiert. Ferner wird bei Bedarf und in Kombination mit einem Akzeptanztest die «Just-about-right»-Skala zur Bestimmung der subjektiven Intensität von Produkteigenschaften angewendet (z.B. Salzigkeit, Aromaintensität, Zartheit). Konsumenten schätzen die Attribute dabei individuell bezüglich ihrer Intensität ein und bewerten, ob sie sie als gerade richtig, zu intensiv oder zu schwach empfinden. Eine spezielle Auswertungsmethode ermöglicht einzuschätzen, wie relevant einzelne Produkt-Eigenschaften bei der Gesamtbeliebtheit sind. Die ZHAW liefert bei jeder Test-Dienstleistung dem Auftraggeber einen umfassenden, wissenschaftlich fundierten und vertraulichen Bericht ab. Die Testergebnisse gehören dem Auftraggeber und werden nur mit seinem Einverständnis veröffentlicht. Der Bericht umfasst den experimentellen Teil über die Durchführung des Tests wie Probenmaterial, Prüfbedingungen, Prüfpersonen, Methodik und Auswertung. Im Ergebnisteil werden die Resultate statistisch ausgewertet und interpretiert. Wenn beispielsweise die Akzeptanz eines neuen Produktes gegen Vergleichsmuster (z.B. von Mitbewerbern) getestet wurde, erhält der Auftraggeber eine Entscheidungsgrundlage für die Produktlancierung. Bei jedem Test andere Prüfer Andere Panelarten und Testkonzepte bestehen bei «amPuls Market-Research». Diese Marktforschungsfirma verfügt über ein Online-Panel von 25'000 Personen, aus denen die geeigneten je nach Auftrag und Zielgruppe ausgewählt werden. Ein weiteres Panel umfasst 3'000 sogenannte Mystery Shopper, welche für Inkognito-Testeinkäufe eingesetzt werden. Welche Probe schmeckt am besten und warum? Brühwurst-Test mit Teilnehmern an einer Fachtagung Thomas Fuchs, Marktfoschungsexperte bei «amPuls» stellt fest: «Die Auftraggeber verlangen bei den meisten Konsumentenbefragungen immer neue Prüfer und nicht geschulte Personen eines fixen Panels». Erfasst werden bei den Tests Alter, Geschlecht und Ort sowie der Status als (Nicht)-Konsument des fraglichen Produktes, aber die Antworten werden anonymisiert. Bei Akzeptanz- und Präferenztests wendet man meistens die Face-to-Face Methode an, da die die Befragten die Produkte degustieren müssen. Wenn reine Konzepte, Design oder Verpackungen (z.B. in einer frühen Produktentwicklungsphase) getestet werden, sind auch Online-Befragungen möglich. Oft werden zuerst die Akzeptanz und dann im selben Test die Präferenz getestet. Als Skala dient die 10-Punkteskala (von «sehr schlecht» bis «sehr gut»). «amPuls» berät die Kunden bei der Konzepterarbeitung, denn das Testkonzept bildet die Grundlage für mögliche Interpretationen. Die konkreten Fragen des Auftragebers müssen schon in dieser Phase bekannt sein, sonst können sie durch die Resultate vielleicht gar nicht beantwortet werden. Die Stichprobengrösse hängt stark von der Zielsetzung der Untersuchung ab. Oft wird die Stichprobe in einzelne Zellen (z.B. verschiedene Aromavarianten) unterteilt, die in der Auswertung miteinander verglichen werden. Fuchs empfiehlt «mindestens fünfzig Interviews pro Zelle». Ein Beispiel: sollen drei Würzungen einer neuen Wurst getestet werden, so liegt die Gesamtstichprobe bei 150 Interviews. In welchen Lokalitäten «amPuls» die Tests durchführt, hängt von den Wünschen des Auftraggebers ab. Ein wichtiges Kriterium dabei ist die Definition der Zielgruppe (welche Personen sollen befragt werden? z.B. haushaltführende, welche mindestens einmal pro Monat ein spezifisches Produkt verwenden?). Sehr spezifische Zielgruppen werden häufig zuerst über telefonische Screening-Interviews rekrutiert. Üblicherweise erfolgen die Tests entweder im Haus des Befragten oder in einem Teststudio. «amPuls» verfügt in Luzern über eigene Teststudios. «Interviews auf der Strasse empfehlen wir nicht», so Fuchs, «und solche in Einkaufscentern nur dann, wenn ein ruhiger Seminarraum zur Verfügung steht». Tests während der Produktentwicklung (Konzeptbeurteilungen, Degustationstests, Packungstests, Kaufabsicht) sind gemäss Fuchs am gefragtesten. Bei den Produktearten sind es vorwiegend Neuheiten von vorverpackten Lebensmitteln. «amPuls» diskutiert die Resultate mit dem Auftraggeber und gibt Empfehlungen zum Umgang mit den Ergebnissen ab, d.h. ob man ein Projekt «realisieren könne und mit welcher Produktvariante». Als Faustregel gilt, dass man die Markteinführung wagen kann, wenn ein Durchschnittswert von 8 auf der 10er Skala erreicht ist oder wenn 80% der Befragten ein Produkt als «gut oder sehr gut» bezeichnen (so genannte Top 2 Boxes). Professionnelle Tests haben ihren Preis Fundierte Tests sind aufwändig. Ein Hauptkriterium für die Kosten einer professionellen Konsumentenbefragung ist der Schwierigkeitsgrad der Zielpersonen-Rekrutierung. Ein seriöses Face-to-Face-Interview inklusive Vorbereitungsarbeiten und Auswertungen kostet gemäss «amPuls» zwischen 80 und 160 Franken pro interviewte Person. In der Regel bekommen die befragten Konsumenten ein Geschenk fürs Mitmachen im Wert von ca. 20 Franken. Auch die ZHAW betont, dass die Kosten für Sensoriktests von Art und Anzahl der Produktmuster abhängen sowie von Zielgruppen-spezifischen Anforderungen, die allenfalls einen sehr unterschiedlichen Panelisten-Rekrutierungsaufwand zur Folge haben. Weitere wichtige Parameter sind Art und Anzahl der gestellten Fragen, welche die Auswertung und Berichterstellung beeinflussen. Ein einfacher Test ohne spezielle Anforderungen ans Panel mit mindestens 60 Prüfern (das ist laut ZHAW die unterste Grenze für einen Konsumententest) und drei bis vier Produktmustern, welche ohne Zubereitungsaufwand kalt degustiert werden können, liegt bei 4000 bis 5000 Franken. Ein etwas komplexerer Test mit einer Zielgruppen-spezifischen Rekrutierung, mehr Produktmustern, Zubereitungsaufwand, Heiss-Degustation und allenfalls im mehreren Testsessionen, kann Kosten von 15000 bis 20000 Franken verursachen. Weiterlesen: CCA erforscht den Gastromarkt | |