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13.7.2009 Kalbfleisch-Preise im Sommerloch Die Kälbermäster erhalten immer weniger für ihr Fleisch. Dies wird sich im Sommer kaum ändern: Kalbfleisch landet nicht auf dem Grill. Zudem verschärft der tiefe Milchpreis das Problem der Mäster. Kalbsmedaillons – zu schade für den Grill? Der Sommer hat begonnen, die Schweizer sind gewappnet für die Grillsaison. Auf dem Grill landen Würste, Schweinefleisch und Pouletflügeli; teures Kalbfleisch eignet sich weniger. Essen die Schweizer Kalbfleisch, ist es zwar fast ausschliesslich schweizerisches, doch die Lust darauf ist nicht mehr so gross wie auch schon. Hat jeder Schweizer 1999 durchschnittlich 4,1 Kilogramm gegessen, waren es 2008 noch 3,1 Kilogramm. "Derzeit wirkt sich die schlechte Wirtschaftslage erschwerend auf den Kalbfleischkonsum aus", sagt Samuel Graber, Präsident des Schweizer Kälbermäster-Verbandes. Die Leute würden vermehrt auf ihr Geld achten und auf billigeres Geflügelfleisch umsteigen. Lücke im Portemonnaie Die Konsumflaute spüren die Kälbermäster im Portemonnaie. In den letzten beiden Jahren haben die Kälbermäster für das geschlachtete Kalb durchschnittlich 14.50 Franken pro Kilogramm erhalten, seit Februar 2009 liegt der Kilopreis im Monatsdurchschnitt unter 13.40 Franken. "Erhalten die Produzenten beim Schlachthof einen Franken weniger pro Kilogramm, macht dies pro Kalb schnell einmal eine Einbusse von 140 Franken aus", sagt Graber. Würden zudem Abzüge für ein zu hohes Gewicht und zu rotes Fleisch gemacht, könnten sich die Einbussen im schlimmsten Fall auf bis zu 500 Franken summieren. Ein Kalb wird mit einem Gewicht von rund 130 Kilogramm geschlachtet, bei einem Preis von 14.50 Franken pro Kilogramm Schlachtgewicht erhält der Mäster so 1'900 Franken pro Kalb. Detailhandel: "Wir geben tiefe Preise weiter" "Wenn schon die Kälbermäster weniger für ihr Geld bekommen, soll auch der Detailhandel weniger am Kalbfleisch verdienen", sagt Graber. Diese würden jedoch die Preisreduktion nicht weitergeben, vermutet er. Bei den beiden Grossverteilern Coop und Migros lässt man diesen Vorwurf nicht gelten. "Coop missbraucht tiefere Einstandspreise nicht zur Margenoptimierung, sondern gibt die Einsparungen konsequent an ihre Kundschaft weiter", sagt Coop-Mediensprecher Nicolas Schmied. Dies passiere allerdings mit einer Verzögerung von einer Woche. Am 12. Juni sei ein erster Abschlag auf dem Einstandspreis erfolgt, ab dem 22. Juni habe die Kundschaft profitiert. Am 19. Juni sei es zu einem erneuten Preisabschlag gekommen, ab dem 29. Juni wurde dieser Abschlag an die Coop-Kundschaft weitergegeben. Bei Migros tönt es ähnlich. "Wir machen mit Kalbfleisch mehr Aktionen als letztes Jahr; wir helfen also aktiv mit, die Mengen zu verkaufen", sagt Migros-Mediensprecherin Monika Weibel. Kalbfleisch ist ein Premium-Produkt. Laut Peter Christen von der Branchenorganisation der Fleischwirtschaft Proviande ist Kalbfleisch für die Konsumenten so oder so teuer, "egal, ob die Grossverteiler den Preis auf 70 Franken pro Kilogramm oder bei einer Aktion auf 50 Franken pro Kilogramm festsetzen". Deshalb sei die Ankurbelung des Konsums schwierig, insbesondere bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation. Kasse für Einfrieraktionen wird beansprucht Nicht nur mit Aktionen können die saisonalen Schwankungen auf dem Kalbfleischmarkt ausgeglichen werden, sondern auch mit so genannten Einlagerungsaktionen. Wenn zu viele Kälber geschlachtet werden, kann mit einem Beschluss des Proviande-Verwaltungsrats Fleisch eingefroren werden. "Im April 2009 wurden bereits 518 Tonnen Kalbfleisch eingefroren", sagt Christen. In der zweiten Juni-Woche hat Proviande eine zweite Einlagerungsaktion beschlossen. Die erste Aktion im April habe 1,9 Millionen Franken gekostet. Für Marktinterventionen, wie sie die Schlachtviehordnung erlaubt, hat Proviande im Jahr 2009 vom Bundesamt für Landwirtschaft ein Budget von insgesamt 4,5 Millionen Franken zugesprochen erhalten, und zwar für sämtliche Schlachtvieharten. "Im Herbst, wenn die Bauern saisonal bedingt viele Kühe zum Schlachthof bringen, brauchen wir vielleicht auch noch Geld für Interventionen bei Bank- und Verarbeitungstieren." Tiefer Milchpreis belastet Kälbermäster zusätzlich Die Sommerflaute im Kalbfleischmarkt wird erschwert durch die Situation auf dem Milchmarkt. Mit erhöhten Kuhbeständen gibt es nicht nur mehr Milch, sondern auch mehr Kälber. Daher wird das Angebot an Kalbfleisch in den nächsten Wochen noch zunehmen und der Preis bleibt unter Druck. Trotz diesem düsteren Blick in die nahe Zukunft: Kälbermäster-Verbandspräsident Samuel Graber hofft, dass die Produzentenpreise für Kälber nach der Grillsaison wieder ansteigen, und dass die Mäster wieder zu ihren Kälbern kommen – getreu dem Sprichwort: "Wenn die Zwetschgen blauen, dann kriegen die Kälber goldene Klauen." (Quelle: LID / Helene Soltermann) | |