Food aktuell
Varia
29.10.2009
Schweizer Raclette trotzt der Krise

Mit dem Herbst hat die Raclettesaison begonnen. Bei den Schweizern wird Raclette immer beliebter, und auch im Ausland wird immer mehr davon gegessen.


Raclette wird vor allem in der kalten Jahreszeit konsumiert, aber die Werbestrategen versuchen, den geschmolzenen Käse auch im Sommer beliebt zu machen: Bild: Raclette an einem 1. August-Fest.

Ist es draussen kalt, wird wieder mehr Raclette gegessen. "Der Konsum zieht an. Seit den letzten zwei Wochen gehen bei den Raclettekäseproduzenten mehr und grössere Bestellungen ein", sagt Markus Tschumi, Geschäftsführer des Vereins Raclette Suisse. Bei Migros und Coop wird derzeit eifrig für den Käse und das dazu passende Racletteöfeli geworben. Bei Migros und bei Coop zieht der Verkauf an. Die Nachfrage von Raclette ist bei Coop laut Mediensprecher Nicolas Schmied in den letzten beiden Jahren "deutlich gestiegen".

Der Wachstumstrend zieht sich bereits über eine längere Zeit hin. In den letzten 20 Jahren ist der Konsum von Raclettekäse kontinuierlich gestiegen. Haben Herr und Frau Schweizer 1990 rund 5'000 Tonnen Raclette im Öfeli geschmolzen, essen sie heute fast doppelt so viel. Verglichen mit anderem Käse ist dies eine beträchtliche Menge – insbesondere, weil Raclette im Gegensatz zu anderem Käse nicht während des ganzen Jahres gegessen wird, sondern vorwiegend in der kälteren Jahreszeit.

Der jährliche Pro-Kopf-Konsum ist nur bei Mozzarella und Gruyère höher, Emmentaler isst ein Schweizer jährlich nicht einmal halb so viel. Umso erstaunlicher ist der hohe Konsum, weil Raclette kein Alltagsmenu ist, sondern eher an speziellen Anlässen in der gemütlichen Runde gegessen wird. Doch der Trend ändert sich. "Es gibt immer mehr ‚Einzelesser'", sagt Tschumi.

Während Raclettekäse früher fast ausschliesslich in Blöcken zu 600 bis 800 Gramm verkauft wurde, würden heute mehr und mehr abgepackte Raclettescheiben verkauft. "Bei anderem Käse ist dieser Trend bereits seit langem zu beobachten, beim Raclettekäse werden erst seit rund vier Jahren grössere Mengen Scheiben verkauft", sagt Tschumi.

Mehr Export, weniger Import

Nicht nur in der Schweiz wird immer mehr Raclette gegessen, auch im Ausland ist der Käse immer beliebter. Im Vergleich zu 1990 wird heute mit 1'200 Tonnen doppelt so viel Käse exportiert. Die Hälfte geht nach Deutschland, Raclette wird auch in die BeNeLux-Länder, nach Frankreich und in die USA exportiert. Das Käsefreihandelsabkommen mit der EU ist für die Schweizer Raclettekäseproduzenten mehrheitlich positiv, wie Tschumi sagt. "Für kleinere Produzenten lohnt sich der Export zwar nicht. Aber grössere Produzenten wie beispielsweise Emmi, Cremo oder Fromalp konnten mit dem Käsefreihandelsabkommen ihre Exporte erhöhen."

Bei Emmi – dem laut eigenen Angaben grössten Schweizer Exporteur von Raclette und Fondue – läuft das Exportgeschäft vorwiegend in den Wintermonaten und ist stark an festliche Gegebenheiten gebunden, wie Mediensprecher Stephan Wehrle sagt. "Unser Ziel ist es, Raclette im Ausland auch während der Woche auf den Tisch zu bringen und den Konsum dann auch auf die Sommermonate auszudehnen." Neben den wichtigsten Exportmärkten Kanada, USA und Deutschland könne Emmi auch langsam auf dem asiatischen Markt Fuss fassen. "Das Problem ist jedoch: Je weiter weg die Länder von der Schweiz sind, umso weniger wissen die Leute, was Raclette ist."


Während immer mehr Raclettekäse exportiert wird, geht der Import stets zurück. 1990 sind laut Statistik der Treuhandstelle Milch 3'600 Tonnen Raclette-Käse importiert worden, 2008 waren es noch gerade mal 780 Tonnen. Dieser Importrückgang ist erstaunlich, weil ausländischer Schmelzkäse billiger ist als Schweizer Raclette. "Beim Raclettekäse spielt für die Schweizer die Qualität eine grosse Rolle", sagt Markus Tschumi von Raclette Suisse. Auch Degustationen besagen das gleiche: In einem letztjährig durchgeführten Test der Konsumentensendung "Kassensturz" schnitt der französische Schmelzkäse am schlechtesten ab.

Die Exportmärkte sind für den Verein Raclette Suisse in Zukunft wichtig. "Bis Ende 2012 sollen 2'000 Tonnen Raclettekäse exportiert werden können", sagt Tschumi. Dies ist fast doppelt so viel wie 2008. Auch in der Schweiz sieht man noch Potenzial. Obwohl der Inlandmarkt für Raclette bereits stark gesättigt ist, wollen die Racletteproduzenten ihre Produktion künftig pro Jahr um 0,5 Prozent steigern können.

"Walliser Raclette AOC" kommt im nächsten Jahr

Der Verein "Raclette Suisse" fördert den Absatz von Schweizer Raclettekäse. Die Mitglieder produzieren jährlich knapp 12'000 Tonnen Raclettekäse. Beim Verein nicht mit dabei ist das Wallis. Die Walliser haben im März 2009 die Sortenorganisation "Walliser Raclette AOC" gegründet. Der Geschäftsführer der Sortenorganisation wird laut Jean-Jacques Favre vom Walliser Milchverband in den nächsten Wochen gewählt. Die Mitglieder der Sortenorganisation produzieren zusammen rund 95 Prozent der 2'000 Tonnen Raclettekäse, die im Wallis hergestellt werden.


Der Gründung der Walliser Sortenorganisation ist ein langer Streit um den Anspruch der Verwendung der Ursprungsbezeichnung vorausgegangen. Der Walliser Milchverband wollte ursprünglich den Begriff "Raclette" exklusiv für Käse reservieren, der im Wallis hergestellt wird. "Walliser Raclette AOC" wird im Gegensatz zu "Raclette Suisse" ausschliesslich aus Rohmilch hergestellt. Wie sich der Absatz von "Walliser Raclette AOC" entwickelt, kann erst im nächsten Jahr beurteilt werden, sagt Favre. Dann erst werden die ersten Raclette-Laibe aus dem Wallis mit dem AOC-Gütesiegel auf den Markt kommen. (Text: LID / Helene Soltermann)

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